damit jeder wusste, dass sie alleine war, immer dann, wenn das Haus festbeleuchtet war. Aber da redete er bei Waltraud gegen eine Wand. Für sie bedeutete viel Licht, viel Sicherheit; wenig Licht, so gut wie gar keine Sicherheit. Nun gut. Jeder, wie er es für sich brauchte.
Edgar Braun parkte seinen Wagen vor der Garage.
Im Haus begann er, Raum für Raum, Lampe für Lampe, die Lichter wieder zu löschen. Nur die im Flur und in der Küche ließ er an.
»Traudel, ich bin wieder da!«, rief er nach oben. Doch Waltraud, Traudel, wie er sie nannte, hörte ihn nicht. Dafür hörte er das Einplätschern von Badewasser.
Er holte sich ein kaltes Weizenbier aus dem Keller, suchte eine Zitrone und schnitt sie in Scheiben. Anschließend goss er das Bier in einen Krug. Er lächelte. Passte alles rein. »Nur Könner bringen das fertig, den Inhalt einer Flasche, komplett in einen Krug zu bekommen.«
Mit dem Krug in der einen, dem Parfüm in der anderen Hand, stieg er die Stufen hoch. An der Badezimmertür blieb er stehen. Er klopfte. »Traudel, ich bin ’s. Kann ich reinkommen?« Ohne eine Antwort abzuwarten, trat er ein. Als er seine Frau sah, wurde ihm heiß. Sie lag ausgestreckt in der großen breiten Wanne. Einer besonderen Variante unter den Badewannen, für die sich beide bewusst beim Hausbau entschieden hatten. Eine Familienbadewanne, das war immer ihr Wunsch gewesen; und diesen hatten sie sich auch erfüllt.
Schaumkronen umflossen den Körper seiner Frau. Eine ihrer gebräunten Brüste lag frei.
Der Mann war nicht in der Lage, den Blick von ihr abzuwenden. Zu sehr gierte er nach ihrem Körper, ihren Berührungen und ihren Zärtlichkeiten.
Edgar entledigte sich seiner Klamotten.
»Was gibt das denn? Ein Männerstrip?«, lachte Traudel, und sah ihrem Mann beim Ausziehen zu. »Gibt’s da auch noch eine Zugabe?«, fragte sie gurrend, während sie ihre Hand nach dem Bierkrug ausstreckte.
Edgar reichte ihr den Krug. Gleich darauf stieg er zu ihr in die Wanne. »Und was für eine«, keuchte er erregt, und beugte sich über sie.
Später in der Küche, erzählte er ihr von seiner Begegnung mit Adda Fried. »Du glaubst nicht, was mir heute passiert ist. Ich hab da vielleicht 'ne ulkige Nudel kennen gelernt.«
Traudel schnitt nur für sich Salami auf, belegte ihr Brot damit, während sie ihn fragte: »Eine Kommissarin?«
»Wenn ich das so genau wüsste.« Er ging und holte nochmals Bier, dieses Mal auch eins für seine Frau.
»Wie versteh ich denn das? Entweder ist sie bei der Kripo oder sie ist es nicht.«
»Das ist es ja. Ich weiß es nicht.« Er erzählte davon, wie er zur Leiche gerufen worden und am Tatort auf Adda Fried gestoßen war. Bis hin, als er sie wieder vor der Pommesfabrik abgesetzt hatte.
»Wenn ihre Tochter nicht wäre, die mir einen unwahrscheinlich ehrlichen, aber auch sehr ängstlichen Eindruck macht, dann würde ich sogar glauben, es mit Kriminellen zu tun zu haben. Aber diese Wild, die ist so was von, mir fällt gar kein passendes Wort dafür ein, dass man fast meinen könnte, dass sich zwei Hobbydetektive bei mir eingenistet haben.«
Waltraud lachte glucksend. »Sag mal, Süßer, hast du zu viele Miss-Marple-Krimis geguckt?« Ihre Finger grapschten nach einem Cornichon. »Nee, nee, Edgar, so etwas gibt’s nur im Kino. Glaub mir, deine komische Alte ist schon echt.«
Edgar sah seine Frau zweifelnd an. »Glaubst du wirklich?«
»Klar doch.« Nochmals fischte sie ein Cornichon aus dem Gurkenglas. »Wenn du aber Zweifel hast, dann frag doch einfach bei ihrer Dienststelle nach. Die werden dir schon sagen können, ob die Nudel dort arbeitet, oder aber auch nicht.«
»Ja, das könnte ich tun …«
»Na, warum zögerst du dann noch?«
»Traudel, wenn ich erst einmal weiß, dass sie keine Ermittlerin ist, sondern Amtsanmaßung betreibt, wäre ich gezwungen, etwas gegen sie zu unternehmen …«
»Und das willst du nicht?« Dieses Mal fiel eine Cocktailtomate Traudels Zähnen zum Opfer.
Edgar schüttelte den Kopf. »Eigentlich nicht. Auf irgendeine Art finde ich die Frau echt klasse. Irgendwie ein Original.«
»Dann weiß ich nicht, was dein Problem ist.« Waltraud sah ihren Mann lächelnd an. »Finde für dich heraus, was dir wichtiger ist: Entweder du entlarvst sie, wenn sie unecht, eine Gauklerin ist, oder aber, du arbeitest mit ihr zusammen und passt auf, dass dein Chef nicht dahinterkommt.«
»Der Alte ist in Kur, und ‘nen Vertreter gibt’s nicht. Sparmaßnahmen.«
»Na, dann ist doch alles klar.«
»Was ist klar, Traudel?« Edgar wirkte verwirrt, als er zu seiner Frau aufschaute.
»Nimm sie bei deinen Fällen …«
»Die sucht keine Fälle, die will Leichen, mein Hähnchen, echte Leichen. Die wartet regelrecht auf einen Mordfall«, unterbrach er sie.
»Mein Gott, Edgar, du stellst dich aber auch an!« Waltraud ging zu ihrem Mann, setzte sich bei ihm auf den Schoß. »Mach nicht so ein Aufsehen um das Ganze, sondern geh und nimm sie bei deinem nächsten Mord mit. Punktum.«
»Sie will auch ein Funkgerät von mir. Und gutmütig, wie ich bin, hab ich Trottel, ihr auch noch eins versprochen, zu besorgen.«
»Mein Gott, Edgar. Dann geh zu Erwin und frag ihn nach einem. Wozu bist du all die Jahre mit ihm befreundet!«
»Erwin Böhm?« An ihn hatte er ja noch gar nicht gedacht. Erwin Böhm, der Techniker der Kriminalabteilung. Klar, den konnte er fragen, ohne, dass es gleich an die große Glocke gehangen wurde.
Nicht mehr lange, und die beiden gingen zu Bett. Den darauf folgenden Verführungskünsten seiner Frau, war Edgar nicht in der Lage, sich zu entziehen. Wollte er auch gar nicht. Im Gegenteil!
Als Traudel endlich von ihm abließ, küsste er sie nochmals, um sich gleich darauf zur Seite hin, wegzudrehen, um in den Schlaf zu finden.
Doch an diesem Abend gelang ihm dies nicht.
Noch lange dachte er über Adda Fried nach, und darüber, wer diese Frau tatsächlich war.
Seine Gedanken befassten sich dermaßen viel mit der älteren Dame, dass sie ihn sogar bis in den Schlaf verfolgte.
Im Traum wurde er an einen Tatort gerufen, an welchem drei Leichen in einem Billardzimmer lagen. Zwischen ihnen krabbelte Adda Fried, mit einer großen Lupe in der Hand, und suchte nach Spurrückständen.
Als Kommissar Edgar Braun am Morgen erwachte, hatte er keine Erinnerung mehr an diesen Traum. Jedoch die Erinnerung an Adda Fried und sein Versprechen, hinsichtlich des Funkgeräts, waren geblieben.
Nach dem Frühstück ging er und rief Erwin Böhm an. Mit dem Ergebnis des Anrufs war er zufrieden. Erwin hatte, was er brauchte. Somit war sein nächstes Treffen mit Adda Fried vorprogrammiert. Und wenn er ganz ehrlich war, eigentlich freute er sich auf eine neuerliche Begegnung mit dieser ulkigen Nudel, die ihn doch tatsächlich ein klein wenig an Miss Marple erinnerte.
Sogar die Größe der beiden kommt in etwa hin. Gut, die Schauspielerin war beachtlich älter, als Adda es ist, aber ansonsten … Er lächelte vor sich hin.
10 - Polizeifunk live
Adda war gerade dabei, für die Familie Gefüllte Pfannkuchen zu backen. Nur noch einer, und sie war fertig. Die Soße noch, dann konnten die Kinder kommen.
Adda schob den letzten Pfannkuchen zum Warmhalten in den Ofen, als ihr Telefon klingelte.
»Immer, wenn ich am Kochen bin. Wie ich das leiden kann!«, schimpfte sie, folgte aber dennoch dem schrillen Klang der Rappelkiste. Sie lief den langen, schmalen Flur entlang, bis hin zum Telefon, das sich, dem Wohnzimmer gegenüber, auf einem kleinen