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Impressum
Jaco
Nele Deckert
Copyright: © 2012 Nele Deckert
published by: epubli GmbH, Berlin
www.epubli.de
ISBN 978-3-8442-3077-2
Jacos Hundefamilie
Jaco und seine fünf Geschwister kuschelten sich an den Bauch seiner Mutter. Sie war eine liebevolle und sehr schöne Schäferhündin. Ihr Haar war etwas länger als das eines normalen Schäferhundes. Ihre ebenmäßige Schnauze, die immer aufrecht stehenden Ohren, aber vor allem ihre gütigen Augen gaben ihr eine Ausstrahlung, die nur selten bei Hunden anzufinden war. Es gab niemanden der sich vor ihr fürchtete, sogar die Menschen die eigentlich keine Hunde mochten kamen beim Anblick von Jacos Mutter herbei um sie zu streicheln. Und genau wegen dieser Eigenschaften war sie der Liebling der Züchterin, bei der die Familie lebte.
Ihr Zuhause befand sich etwas außerhalb einer kleinen Stadt namens Elksde, in einem alten Herrschaftshaus mit großem Garten. Das gelbe Haus war sehr gut in Schuss. Die Sandsteinblöcke, welche die großen Fenster und vielen Erker umfassten, zeigten keinerlei Risse und das Dach leuchtete in der Sonne schön rot. Lediglich die braunen Fensterläden waren etwas marode.
Das Gebäude wiederum stand ziemlich genau in der Mitte des Gartens, der von einem braunen Lattenzaun umringt wurde. Auf der Westseite des Gartens befanden sich Zehn hohe Tannen die dicht beieinander standen. Aber ansonsten bot das Grundstück viel Platz zum Toben für die jungen Hunde.
Jaco selber war ein kleiner Schäferhund Welpe der, im Gegensatz zu seinen Geschwistern und seiner Mutter die alle das typische hellbraun schwarze Fell trugen, nahezu ganz schwarz war. Nur eine handgroße Fläche oberhalb des Schwanzes war hellbraun gefärbt. Eine weitere Besonderheit Jacos war sein linkes Ohr, ein Schlappohr. Immer wieder versuchte er das Ohr aufzustellen doch es war vergeblich. Aber auf eine Sache war Jaco besonders stolz. Er hatte die schönsten braunen Augen des gesamten Wurfes.
Die Mutter und die Welpen hielten sich bei schönem Wetter weitestgehend draußen im Garten auf. Dort verbrachten die Jungen die Zeit damit fangen zu spielen und sich zu balgen. Natürlich ließ ihre Mutter sie dabei niemals aus den Augen, und immer wenn es Zoff unter den Geschwistern gab schlichtete sie diesen indem sie die Streithälse sachte trennte und ihnen über den Kopf leckte. Durch diese Geste vergaßen die jungen Hunde schnell ihren Ärger und das Spiel konnte friedlich fortgesetzt werden.
Abends und nachts verbrachte die Familie die Zeit vor dem warmen Kaminofen der sich im Wohnzimmer des Herrschaftshauses befand. Das größte Zimmer des Gebäudes war ausgestattet mit einem riesigen weißen Sofa, einem massiven Holztisch der gut zu dem alten Holzboden im Raum passte. Einige flauschige Teppiche und viele Kerzen verliehen dem Raum eine gemütliche Atmosphäre. In der hinteren Ecke stand schließlich der Korb in dem Jaco und die anderen fünf geboren wurden und in dem die Hunde schliefen. Der Raum gefiel Jaco so gut dass er nach den Ausflügen in den Garten immer wieder bereitwillig hinein ins Haus ging. Er liebte es, von ihrem Körbchen aus, das treiben im Haus zu beobachten während er langsam in den Schlaf glitt. Jaco und seine Geschwister konnten sich kein schöneres Leben vorstellen.
Schmerzhafte Trennung
An einem feuchten Oktobermorgen bekam die Schäferhund Züchterin Besuch von einem großen, hellhäutigen Mann in blauer Latzhose. Zudem trug der Mann einen dunkelgrünen Wollpullover der den muffigen Geruch von feuchter Wolle verströmte. Die Hundefamilie beäugte den Fremden durch die offene Wohnzimmertüre kritisch und Jaco spürte wie seine Mutter nervös wurde.
Die Begrüßung zwischen der Züchterin und dem Unbekannten fiel kurz aus. Beide gaben sich die Hand, ein paar Worte wurden gewechselt und schließlich betraten sie das Zimmer in dem Jaco und seine Familie saß. Der Mann lief zielstrebig auf den Hundekorb zu, beäugte die Welpen ernst und nach kurzer Zeit griff er nach Jacos Nackenfell. Er zog ihn weg von dem warmen Bauch seiner Mutter und hielt ihn hoch in die Luft. Alles ging so schnell das Jaco nicht einmal realisierte was eben geschah. Er sah seine Mutter die aufgesprungen war und vor Verzweiflung anfing zu bellen. Er sah seine Geschwister die sich im Körbchen ganz klein zusammen gerollt hatten und fiepten. Und er sah die Züchterin die den Fremden zufrieden anlächelte. Ohne ein weiteres Wort zu wechseln steckte der Mann Jaco in einen mitgebrachten Karton und schloss diesen. Jaco blieb winselnd und ängstlich in der dunklen Kiste zurück.
Kurze Zeit später spürte Jaco einen starken Ruck als die Kiste vom Boden gehoben wurde. Und als er schließlich aus dem Haus getragen wurde, hörte er noch von Fernem seine Mutter bellen, doch auch sie konnte nicht verhindern dass Jaco in den Kofferraum des schwarzen alten Autos geladen wurde. Dann ließ der Mann den Motor des Wagens an und holpernd setzten sie sich in Bewegung. Nach einer Weile verzweifelten Strampelns gelang es Jaco den Deckel der Kiste ein wenig zu heben. Der Karton rutsche ständig hin und her doch ab und zu konnte er aus dem Wagenfenster sehen. Irgendwann gab Jaco es auf aus dem Karton zu sehen, Trauer und das Gefühl von Einsamkeit überkam ihn. Er weinte vor Verzweiflung.
Ankunft im neuen Leben
Die Ankunft auf den Hof seines neuen Besitzers war nicht angenehm. Kurz nachdem der Wagen stehen blieb wurde die Kiste unsanft aus dem Wagen gehoben und ebenso ruppig wieder abgestellt. Der Fremde öffnete den Deckel und lief davon. Zurück blieb ein kleiner ängstlicher Hund.
Nach einiger Zeit beschloss Jaco einen Blick über den Rand der Kiste zu riskieren. Das erste was er sah, war eine alte Schäferhündin die genau neben der Hundehütte, vor dem sein Karton lag, wartete. Sie hieß Nell, blickte Jaco liebevoll an und begrüßte ihn, wie es sich für einen echten Hund gehört, indem sie ihm über den kleinen Kopf leckte. Dann hob sie Jaco an seinem Nackenfell aus dem Karton und lies ihm Zeit sich einen Überblick über sein neues Zuhause zu verschaffen.
Das Zentrum des Hofes bildete ein kleines Wohnhaus. Einst war es sicherlich sehr schön und liebevoll eingerichtet gewesen. Doch nun hatten sich die Zeiten geändert. Die weiße Farbe mit der es einst gestrichen worden war blätterte vom Putz ab, die dunkelblauen Fensterläden hingen teilweise schief neben den trüben Fenstern und das Dach war nahezu vollständig mit Moos bewachsen so dass man nur noch an kleinen Stellen erkennen konnte dass sich darunter rote Dachziegel befanden. Auch die rot blühenden Rosenstöcke, die an der Westseite des Hauses empor wuchsen, wurden schon lange nicht mehr geschnitten so dass sie wild umher wucherten.
Dann gab es auf der linken Grundstückseite noch einen großer Schuppen, ein Konstrukt aus Brettern die schief und krumm zusammen genagelt wurden. Und oben drauf hatte man dann noch ein Dach aus Wellblech gezimmert. Doch mittlerweile hatte es lauter Rostlöcher und wenn der Wind stark genug blies würde es wahrscheinlich sofort davon fliegen. So ein wackeliges Gebäude hatte Jaco noch nie gesehen. Von Neugier getrieben bewegte er sich darauf zu, um den Schuppen genauer zu inspizieren. Die Schuppentüre stand offen und so konnte Jaco sehen dass in diesem Schuppen seltsame verrostete Geräte standen. Einige von Ihnen waren früher sicher einmal sehr wertvoll für ihre Besitzer gewesen. Zum Beispiel der Traktor mit den großen Hinterrädern. Die Felgen des Gerätes waren einst eierschalfarben gewesen und die Motorhaube sowie der Rest mussten in einem schönen rot gestrichen worden sein, denn an manchen Stellen prangten noch kleine Farbrestchen. Neben dem Traktor stand ein riesiger Wassertank auf Rädern. Doch auch dieser war stark herunter gekommen. Dann befanden sich noch einige Gartengeräte wie Schaufeln und Hacken in einer Ecke des Schuppens.
Und letztendlich gab es da noch Nells und Jacos kleine Hütte die am anderen Rande des Grundstückes stand. Auch an der Hundehütte wurde schon sehr lange nichts mehr ausgebessert. Wenn es regnete würde sie keinen Schutz bieten denn das Dach sah stark mitgenommen aus. Aber auch die Seiten der kleinen Hütte waren gespickt mit Rissen und Löchern. Jaco fragte sich ob er nun hier leben müsste. Sein Korb den er sich mit seiner Familie geteilt hatte war gegen diese Hundehütte das reinste Paradies gewesen. Und im Moment konnte Jaco kaum noch an etwas anderes denken als davon zu laufen. Aber rings um den Hof befand sich dichter undurchsichtiger Wald.
Verzweifelt versuchte Jaco heraus zu finden wo er sich befand. Er wollte nur zurück zu seiner Hundefamilie aber er wusste nicht einmal wie weit