1. Vorwort
Liebe Leserin, lieber Leser,
Den Menschen fällt schwer denn je, in ihrer Mitte zu sein. Dafür gibt es neben vielen individuellen Gründen auch überindividuelle. Wir leben in einer Zeit großer Umbrüche und damit verbundener Unsicherheiten, sowohl geopolitisch als auch gesellschaftlich. Damit ist nicht nur die heutige Schnelllebigkeit gemeint. Viele Halt und Orientierung gebende Grenzen (geografische, kulturelle, geschlechtliche, psychologische) verschwimmen oder verschwinden; und das hat natürlich massive psychologische Auswirkungen. Fragen, die einst einfach zu beantworten waren, werden zu herausfordernden Rätseln: Was ist mir eigen, was fremd? Was ist für mich stimmig? Was macht für mich Sinn, was nicht?
Diese Fragen haben mit Entfremdung (Alienation) zu tun. Sie ist inzwischen zur Volkskrankheit geworden. Alienation zeigt sich im Erleben wie im Verhalten. Im Erleben führt sie dazu, dass der Überblick über eigene Wünsche, Bedürfnisse, Empfindungen, Wertvorstellungen usw. verloren geht. Wer in diesem Sinn entfremdet ist, verliert die eigene Souveränität und persönliche Freiheit, weiß nicht, was er eigentlich wirklich will. Alienation im Verhalten zeigt sich in der Fremdsteuerung: Absichten und Ziele andere werden bestimmend für das eigene Handeln, so dass man allmählich die Eigeninitiative verliert. In der Folge stellen sich Frustration und Willenshemmung ein.
Doch: Kann ein eBook bei solch tiefgreifenden psychologischen Problemen wirklich helfen?
Als Psychologe sehe ich diese Frage sehr kritisch. Ich denke, viele Ratgeber sind tatsächlich zu vereinfachend; dem komplexen Thema Psyche werden sie nicht gerecht. Andere Selbsthilfe-Bücher wiederum sind ideologisch verbrämt und erinnern fast an religiöse Dogmen, die konkurrierende Auffassungen nicht gelten lassen. Unter dem Strich ist es für Laien nahezu unmöglich, den Wert solcher Ratgeber einzuschätzen. Wie sollten sie das auch vermögen? Selbst die akademische Psychologie besteht selbst aus unterschiedlichsten, teilweise gegensätzlichen Ansätzen und Theorien, von denen jede ein Alleinstellungsmerkmal und Exklusivität beansprucht. Berücksichtigt man nun den Umstand, dass so mancher Ratgeber pseudowissenschaftlich ist, und damit eher Glaubenssätze vertritt, wird die Angelegenheit noch verzwackter.
Genau weil das so ist, habe ich mich entschlossen, dieses eBook zu schreiben. Es erhebt keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit im Sinne einer absoluten Wahrheit. Doch als klinisch und empirisch arbeitender Psychologe möchte ich erprobte und praxistaugliche Übungen anbieten. Diese sind relativ theoriefrei bzw. kompatibel mit verschiedenen Theorien.
In meiner eigenen Coaching-Erfahrung habe ich gelernt, dass gerade das Selbstmanagement trotz aller Komplexität der zugrunde liegenden Prozesse besonders gut auf praktisches Üben anspricht. Selbstmanagement umfasst im weitesten Sinne alle psychologischen Prozesse, die Motivation und Selbststeuerung ermöglichen. Daher heißt, sich selbst zu „managen“, zum einen, sich selbst zu steuern. Zum anderen bedeutet Selbstmanagement, dass das Selbst die Steuerung übernimmt. Das Selbst ist in der Persönlichkeitspsychologie ein enorm wichtiger Begriff. Es macht das einzigartige Individuum (wörtlich: Unteilbares) aus: Die persönlichen Lebenserfahrungen, das eigene Denken und Handeln, die eigene Persönlichkeit, das eigene Wesen.
Alienation bedeutet immer ein beeinträchtigtes Selbstmanagement. Das zeigt sich in unterschiedlichster Art. Sinnfragen, Motivationslöcher, Stresszustände, Misserfolge, Willenshemmung, Kommunikationsprobleme – all das sind Fragen des Selbstmanagements.
Das klingt vielleicht nicht unmittelbar eingängig. Man würde eher annehmen, dass Selbstmanagement eine Frage von Haltung, Einstellung und Sichtweise ist. Viele denken so, was nicht wundert, denn die meisten Ratgeber suggerieren genau das. Vor allem jene angelsächsischer und angloamerikanischer Provenienz. Solche Ratgeber verkaufen Formeln wie „Denke positiv! – dann wird alles gut“. Die Botschaft dahinter ist, dass das Denken das Handeln und damit den Erfolg bestimmt.
Selbstkritisch muss ich als Psychologe sagen, dass meine Zunft diese Denkweise selbst gefördert hat. Lange Zeit ging man in der Psychologie z.B. davon aus, dass Depressive deswegen depressiv sind, weil sie negativ denken, pessimistisch sind und falsche Kontrollüberzeugungen haben. Cogito ergo sum, ich denke, also bin ich – das bewusste Denken wurde dem Leben und Verhalten vorgeschaltet. Die moderne Psychologie weiß heute, dass dem nicht so ist. Wenn alles nur eine Frage der Einstellung wäre, dann wäre dieses eBook tatsächlich überflüssig. Es wäre nur ein weiterer x-beliebiger Ratgeber, der sich von der Mehrzahl der erhältlichen kaum unterscheidet.
Verstandesmäßige Einsicht in Problemzusammenhänge kann natürlich helfen, das Selbstmanagement zu verbessern. Sie ist aber keine notwendige Voraussetzung dafür. Ganz im Gegenteil. Oft sind logisches Denken, Analytik und Bewusstmachen sogar ausgesprochen hinderlich, wenn man das Selbstmanagement verbessern will. Einsicht muss nicht selten eher „gefühlt“ als „gedacht“ werden. Doch auch wenn das nicht so wäre: Beim Selbstmanagement laufen viele komplexe Abläufe zeitgleich und sehr schnell ab. Wie sollte man das bewusst vollständig verarbeiten? Sich nur auf das bewusste Denken zu konzentrieren, greift viel zu kurz.
Es gibt wirksame Techniken, die beim Selbstmanagement „am Bewusstsein vorbei“ wirken. Einige dieser Techniken möchte ich in diesem eBook vorstellen. Sie sind einfach zu erlernende Übungen und Techniken, für die sonst in teuren Coachings viel Geld bezahlt werden müsste.
An dieser Stelle muss ich allerdings einem Missverständnis vorbeugen. Ich möchte weder das psychologische Coaching ersetzen noch ein Diagnostikum für psychische Probleme oder Störungen auf den Markt bringen. In manchen Fällen ist der persönliche Kontakt zu einem ausgebildeten Experten unumgänglich bzw. unersetzbar. Sowohl im Coaching, ganz besonders aber in der Therapie. Wenn Sie persönlich der Meinung sind, dass Sie professionelle Hilfe benötigen, dann zögern Sie nicht, diese aufzusuchen. Dieses eBook kann Ihnen auch in diesem Fall eine Stütze sein. Aber eben nur eine Stütze!
Jeder kennt Seiten an sich, die er gerne ändern würde. Der Eine bringt nichts zu Ende, was er beginnt. Der Andere kommt an seine Stärken genau dann nicht ran, wenn es darauf ankommt (z.B. Trainingsweltmeister). Der Nächste wünscht sich mehr Energie, weil er sich scheinbar zu nichts aufraffen kann. Der Übernächste kann nicht nein sagen und tut immer wieder Dinge, die er eigentlich nicht tun will. Wer diese Dinge ändern will, muss wissen, was zu tun ist. Aber er sollte auch bereit sein, sich auf die notwendigen Übungen einzulassen. Wenn er sie regelmäßig anwendet, stehen die Chancen für ein besseres Selbstmanagement sehr gut.
Dieses eBook ist ein praxisorientierter Leitfaden. Es enthält wichtige Anregungen, die aus verschiedenen Theorien abgeleitet sind und Erkenntnisse aus Therapie und Coaching enthält. Ganz bewusst habe ich darauf verzichtet, die genauen psychologischen Hintergründe zu erklären. Der Fokus liegt auf einer überschaubaren Anzahl Übungen, die typische Probleme lösen helfen sollen.
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