sagte Herr Domingo und schien tatsächlich erfreut über die Ablenkung, die ihm diese Aufgabe von der verhassten Steuererklärung bot.
Er beugte sich über den Plan und blickte kurze Zeit später ruckartig auf.
“Was hast Du denn eigentlich für einen Plan ins Rennen geschickt, mein Sohn?”, wandte sich Herr Domingo etwas argwöhnisch an Carlos.
“Och, diesen Zigarrenroller von Dir, Du weißt schon.”
“Was? Meine vollautomatische Zigarrenrollmaschine? Maschinell wie von Hand gerollt - das habe ich noch nicht als Patent angemeldet. Wenn mir das jetzt einer klaut!“
“Papa, ruhig Blut. Die Zeichnung versteht doch sowieso keiner. Aber was ist denn mit meiner Aufgabe. Du willst doch, dass ich gute Noten kriege, also hilf mir doch bitte ein bisschen. Ich glaube ja, dass es ein U-Boot ist.“
Herr Domingo betrachtete erst jetzt so richtig die Zeichnung, die er in der Hand hielt und runzelte die Stirn. “Vier Meter lang, Einstiegsluken, so eine Art Seiten und Höhenruder… Hmmm.
Zweifelsohne irgendetwas, dass sich bewegt, sonst macht diese Form keinen Sinn. Aber ein U-Boot kann es irgendwie auch nicht sein, da kann kein Platz sein für Ballast. Oder wenn, dann nur ein ferngelenktes U-Boot. Unbemannt, sozusagen. Torpedo.
Könnte auch eine Rakete sein - aber auch da wieder eigentlich zu klein, da ist ja kein Platz für einen Antrieb. Wenn da Menschen drin sitzen sollen wäre das verdammt eng. Und da bleibt die große Frage, wie es angetrieben wird. Es könnte eine Art Raketenkapsel sein. Also ein Fluggerät, das einen externen Antrieb braucht, eine Trägerrakete oder so was, die das Ding ins All schießt und später abgeworfen wird.
Tut mir leid, so richtig kann ich das nicht beantworten. Ich denke, ihr habt keine Hausaufgaben übers Wochenende auf? Und was bekommt ihr denn da für Aufgaben in der Schule, das ist ja schlimmer als eine Steuererklärung!”
Die Rakete
Die Rakete
Am Samstagmorgen hatte Tina es eilig mit dem Frühstück. Sie wollte so schnell wie möglich aus dem Haus, um mit Carlos die Maschine weiter freizulegen und zu erforschen. Tinas Eltern wollten wie üblich am Samstagvormittag einkaufen - und diesmal auch noch irgendwo einen Kaffee trinken. Für dieses Kaffeetrinken musste Papa seine geliebte Sperrmülltour ausfallen lassen, was ihm sichtbar Unbehagen bereitete. Ein bisschen genießen, wie Tinas Mama sagte. Es sei ja schließlich das letzte Urlaubswochenende, bevor am Montag für sie wieder der normale Arbeitsalltag beginnen würde.
Na endlich gehst Du wieder arbeiten, dachte Tina, und räumst nicht immer vor Langeweile ungefragt mein Zimmer auf. Laut sagte sie: “Ich geh´ raus und treff´ mich mit Carlos, bis später!”
Carlos, der es auch eilig gehabt hatte, von zu Hause wegzukommen, stand schon vor ihrer Tür. Sie schlichen in den Garten und gelangten, von Tinas Eltern ungesehen, hinter Opas Werkstattschuppen.
„Wieso heißt der eigentlich Opas Werkstattschuppen?”, fragte Carlos. „Du hast hier doch gar keinen Opa mehr.“
„Aber es war eben sein Werkstattschuppen“, sagte Tina. „Er war wohl Erfinder und hat hier gearbeitet. Und ob er nun wirklich tot ist weiß ich gar nicht. Papa redet nicht drüber und Mama scheint auch nicht wirklich etwas zu wissen.“
„Mensch, dann ist das vielleicht eine Erfindung von ihm“, sagte Carlos.
Tina überlegte. “Daran habe ich noch gar nicht gedacht. Gestern Abend habe ich sogar plötzlich Angst bekommen, es könnte eine Bombe sein. Von wegen Rakete ohne Antrieb, weißt Du. Manchmal werden doch heute noch Bomben aus dem zweiten Weltkrieg gefunden - und so was ist natürlich ziemlich gefährlich. Wenn das Ding von meinem Opa ist, würde das zumindest erklären, warum es hier liegt. Egal ob es nun ein U-Boot oder eine Rakete oder eine Zigarrenrollmaschine ist.”
“Oh nee, mein Vater ist der erste und einzige Erfinder der Zigarrenrollmaschine! Ich hätte in echt ja auch niemals seinen Plan dieser Maschine irgendjemandem in die Hand gedrückt, solange er noch kein Patent angemeldet hat. Aber Patent anmelden ist verdammt teuer. Vielleicht ist die Maschine wirklich gut und trotzdem kann mein Vater sie nicht anmelden. Aber jetzt sollten wir uns erstmal mit diesem Gerät beschäftigen.
Rakete ohne Antrieb - tolle Erfindung von deinem Opa!”
Tina beugte sich zu der Maschine hinunter. “Da sind doch Öffnungen, Luken oder so was. Die müssen doch irgendwie zu öffnen sein”:
Carlos kniete sich nun ebenfalls auf den Boden und fuhr mit dem Finger an der ovalen Naht entlang, die kaum wahrnehmbar die Außenhaut der Maschine unterbrach. Es war ganz offensichtlich eine Öffnung, und die Tür oder Luke verschloss diese Öffnung so perfekt, wie er es noch nirgendwo anders gesehen hatte.
“Wie soll das denn aufgehen?” fragte Carlos. “Da ist kein Griff, kein Knopf, rein gar nichts.”
Tina begutachtete gerade die kleine Rückenflosse, die zwischen den beiden perfekt verschlossenen Luken emporragte. “Guck mal„, sagte sie, „hier ist doch irgendetwas.“ Sie deutete auf eine runde Stelle direkt hinter der Rückenflosse, die sich farblich vom metallischen Blau der Außenhaut abhob. “Nicht gerade eine Türklinke, aber vielleicht ein Sensor oder ein Schalter“. Tina drückte mit dem Daumen kräftig auf die Stelle. Das Material gab zwar nicht nach, so wie man es bei einem Druckknopf erwartet hätte. Plötzlich ertönte aber aus dem Innern der Maschine ein Klicken, als ob etwas entriegelt würde und mit einem leisen Seufzen öffnete sich die Luke und klappte zur Seite.
Tina starrte fasziniert auf die sich öffnende Luke, während Carlos beim ersten Klicken schreiend weggelaufen war.
Tina blicke in das Innere der Maschine und winkte Carlos heran, der stirnrunzelnd hinter der Ecke von Opas Werkstattschuppen hervorguckte. “Angst gehabt?” fragte sie nach hinten, ohne den Kopf zu drehen.
“Nein!”, sagte Carlos. “Es ist nur, also ich meine wir wissen ja gar nicht was das ist. War das nicht dumm von Dir, so gar nicht in Deckung zu gehen? Ich muss immer noch daran denken, was mein Papa gesagt hat mit Torpedo und so. Könnte doch auch ne Bombe sein!”
“Jaja”, sagte Tina, “Du hast schon recht, es hätte auch schlimm enden können. Aber nun kuck doch mal, dann siehst Du, dass es keine Bombe sein kann. Da ist ein Sitz drin.”
Nun trat Carlos näher und blickte auch in die Maschine. Auch er sah einen kleinen Sitz, ein paar Knöpfe und Anzeigen. Es sah aus wie das Cockpit eines der alten, kleinen Flugzeuge, die er mal im Technischen Museum gesehen hatte. Eng, und nur mit den allernotwendigsten Geräten ausgestattet.
Vielleicht war es ja eine Rakete, ein altes Flugzeug-Cockpit oder der Führerstand irgendeiner anderen, sich bewegenden Maschine, von dem aus Dinge gesteuert oder überwacht wurden. Das war alles denkbar. Carlos aber war sich sicher: “Das ist eine Rakete! Kann gar nichts anderes sein.“
Rätselhaft war nur, dass die Knöpfe und Anzeigen alle erleuchtet waren, dass sich die Luke auf Knopfdruck öffnete. Was auch immer es für eine Maschine war, sie schien betriebsbereit zu sein.
“Tina, Carlos!” tönte die Stimme von Tinas Mutter durch den Garten. Tina und Carlos sahen sich erschreckt an. “Geh vor“, sagte Carlos und versuchte hastig, die Luke wieder zu verschließen. Tina klopfe sich etwas Erde von den Klamotten und rannte hinter dem Werkstattschuppen hervor. Sie ging in Richtung Terrasse, wo Mama stand.
“Na, spielt ihr schön?”, fragte Mama. Und ohne auf eine Antwort zu warten fuhr sie fort: “Ich habe Euch etwas trinken gebracht. Mein Gott, wie siehst Du denn schon wieder aus! Deine Hose!”
Nun kam auch Carlos dazu, zwinkerte Tina zu und sagte “Hallo Frau Greese.”
“Na immerhin, Du siehst auch nicht besser aus“, sagte Tinas Mutter und deutete auf die schwarzen Erdflecken auf Carlos´ Hose.
“Ja, Frau Greese, Kinder brauchen das. Dreck härtet ab, so von wegen Immunsystem und so. Das muss so sein.”
“Aber