Arthur Fisch

Der große Plan


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Mit einem Kind böse zu sein, der frühere Klapps auf den Hintern und ähnliches sind Dinge, die man zu den negativen Streicheleinheiten zählen kann. Was Kinder überhaupt nicht mögen ist, wenn sie ignoriert oder missachtet werden, wenn man ihnen also keine Aufmerksamkeit schenkt. Die Folge ist dann eben, dass sie durchaus richtig böse werden, und förmlich nach Streicheleinheiten schreien. Dabei ist es fast egal, ob diese dann positiv oder negativ ausfallen. Hauptsache ist, dass man sich ihnen zuwendet. Nun sind Strafen für Ungehorsam und Ungezogenheit ja heute tabu. Auf der anderen Seite gibt es aber scheinbar auch keinerlei Konsequenzen mehr. Und das ist das Mindeste, was man Kindern erzieherisch mit auf den Weg geben sollte. In der Praxis würde es z.B. so aussehen, dass eine ausgesprochene Drohung im Ernstfall auch wirklich zur Anwendung kommen kann, was etwa so viel bedeutet, dass es das Kind zwar hart trifft, es aber nicht in Gefahr bringt. Drohungen sind wie Versprechungen, und man sollte nur solche Versprechungen abgeben, die man auch einhalten kann. Aussagen wie „Ich kann meinem Kind nichts abschlagen“ zeigen, wie hilflos die Erwachsenen den Kindern gegenüberstehen. Regeln zu setzen mag einfach sein, die Einhaltung solcher Regeln aber nachhaltig durchzusetzen, übersteigt häufig die Fähigkeiten der Erziehenden. Ein Kind muss die Erfahrung machen, dass es für ALLES Konsequenzen gibt, dass es sich durchaus lohnt, Anweisungen zu befolgen, so wie es negative Auswirkungen hat, wenn man sich ihnen ständig widersetzt. Genau hier liegt möglicherweise ein Vorteil der Kitas und Kindergärten gegenüber der familiären Erziehung. Dort sind es immerhin Fachkräfte, die durch ihre spezielle Ausbildung befähigt sein sollten, den Kindern die Regeln aufzuerlegen und ihnen klarzumachen, dass die Einhaltung derselben durchaus Vorteile bringt. Es birgt aber auch Gefahren. Menschlich gesehen kann nicht ausgeschlossen werden, dass auch die Erziehenden in den Kitas und Kindergärten ihre ‚Lieblinge‘ haben, um die sie sich doch mit etwas mehr Zuneigung intensiver kümmern als um die ‚Problemkinder‘. Jedes dieser Kinder mit gleicher Hingabe, ja mit gleicher Liebe zu behandeln ist sicher eine ganz besondere Aufgabe und kann nicht bei jedem vorausgesetzt werden.

      Zu allem Übel kommt es dann noch zu Konkurrenzsituationen. Es wird nicht nur der Versuch unternommen, von Seiten der Kinder Vater gegen Mutter oder umgekehrt auszuspielen – nein, nun kommt auch noch die erziehende Person in der der Kita ins Spiel. Nicht einfach für alle Seiten, in solchen Fällen immer den richtigen Weg zu finden. Ein anderer Punkt, der auf jeden Fall für die Kita spricht ist der, dass in Familien mit nur einem Kind viele soziale Aspekte auf der Strecke bleiben. Mit anderen teilen zu müssen, zu lernen, sich auf der einen Seite durchsetzen zu können, aber sich auch in die Gruppe einzufügen sind Dinge, die Einzelkindern, die unter der Obhut ihrer Eltern erzogen und mehr oder weniger verwöhnt werden, nur schwer beizubringen sind.

      Der Staat hat mit dem ‚Anrecht‘ auf einen Kitaplatz für jedes Kind aber noch weitere Optionen geschaffen. Zunächst entlässt er die Eltern mehr und mehr aus der Verantwortung bei der Kindererziehung. Des Weiteren kann er selbst mehr und mehr Einfluss auf die Erziehung nehmen. Welche Auswirkungen dies auf spätere Generationen haben wird, mag für den Einen oder Anderen Thema in vielleicht 20 Jahren sein.

      Die antiautoritäre Erziehung hat bis heute aber dazu geführt, dass viele der Heranwachsenden den Sinn des Lebens nicht verstanden zu haben scheinen. Sie leben in einer für sie anscheinend perspektivlosen Welt, in der es sich nicht lohnt, sich für eine gute Ausbildung zu qualifizieren, sich Ziele zu setzen, eine Familie zu gründen. Viele verfallen dem Alkohol oder anderen Drogen, verlieren die Achtung vor Mitmenschen und vor sich selbst und werden kriminell. Ihre Eltern resignieren, stellen irgendwann fest, dass sie versagt haben, ihren Aufgaben und ihrer Verantwortung nicht immer gerecht geworden und ihren Kindern nicht immer gutes Vorbild gewesen sind. Wohin uns die ‚Kuschelpädagogik‘ führt, wird uns wohl erst nach 2-3 Generationen offenbar werden.

      Berufsausbildung oder Abitur?

      Die Anforderungen in den Schulen haben mit denen der Berufsausbildung nicht schrittgehalten. Es ist heute einfacher, eine höhere Schule zu besuchen als noch vor 50 Jahren, wobei die Intelligenz der Schüler wohl kaum gestiegen sein mag. Wer heute mit einem Hauptschulabschluss versucht, eine Ausbildungsstelle – sagen wir im Handwerk – zu bekommen, wird es sehr schwer haben, sich gegen die Bewerber aus den Realschulen und Gymnasien durchzusetzen. Zudem wird es sehr schwierig sein, diese Ausbildung erfolgreich abzuschließen. Bleiben wir zunächst beim Handwerk. Die Erfahrung der Ausbildungsbetriebe ist, dass ein Hauptschulabgänger kaum in der Lage ist, in seinem Bewerbungsgespräch z.B. bei einem Maler- oder Tischlermeister die Quadratmeterfläche eines Fensters, eines Raumes oder einer Wand zu schätzen. Selbst Realschulabsolventen tun sich bei solch simplen Aufgaben schon schwer. Die Ansprüche, die heute an Mechatroniker im Kfz-Gewerbe, an Klempner oder an Elektriker gestellt werden, sind mittlerweile so hoch, dass hier ein echter Fachkräftemangel entstanden ist. Händeringend suchen die Betriebe nach Mitarbeitern und nach Auszubildenden. Fragt man Abiturienten, so wollen diese lieber studieren, als sich die Hände in den Werkstätten oder auf der Baustelle schmutzig zu machen. Die Verdienstmöglichkeiten seien nach einem Studium höher und die Zukunftsperspektiven besser. Vergleicht man das Bildungsniveau der heutigen Schulabgänger mit dem aus den 1960er Jahren, kann wohl festgestellt werden, dass sich ein heutiger Hauptschüler auf dem Niveau des ‚Förderschülers‘, ein Realschüler auf dem des Hauptschülers und ein Abiturient auf dem des Realschülers aus der damaligen Zeit bewegt. Das Schulsystem ist sehr schwerfällig und folgt den Bildungsanforderungen um Jahre verspätet. Berücksichtigt man das immense Tempo, mit dem die technische Entwicklung voranschreitet, wobei die Geschwindigkeit ständig weiter steigt, müsste eigentlich jeder zu der Erkenntnis kommen, dass unser Bildungssystem in den Schulen total überholt ja von gestern ist. Zudem kommt das Problem zum Tragen, was wir im Kapitel ‚Verteilte Intelligenz‘ bereits angedeutet haben, nämlich, dass immer weniger Menschen in der Lage sind, den steigenden Anforderungen, die heute an gewisse Berufe gestellt sind, zu genügen.

      Ist es nicht aber auch ein Trugschluss anzunehmen, man hätte mit einem Abitur und einem anschließenden Studium eine bessere Zukunft? Wie viele erhalten denn nach ihrem Studium eine ihrer Ausbildung entsprechende Festanstellung mit angemessener Bezahlung? Ist es nicht vielmehr so, dass diese Leute von einem Praktikum zum nächsten gereicht werden, und dass manchmal Jahre vergehen, bis es an das ersehnte Geldverdienen geht?

      Mir scheint, hier ist ein Umdenken dringend erforderlich. Warum kann es nicht eine mehrstufige Ausbildung bei einigen Berufen geben? Ein paar Beispiele:

      1 Kfz-Mechatroniker

      Stufe 1: 2-jährige Ausbildung mit dem Ziel, die eher ‚mechanischen‘ Aufgaben in der Autowerkstatt zu erfüllen, wie Reifendienst, Auspuff wechseln, Ausbeulen von Blechschäden, Ölwechsel, allgemeine Kfz-Pflege, und all die Dinge, die kein so hochgeschraubtes Knowhow erfordern und den Fähigkeiten von Hauptschulabgängern durchaus entsprechen.

      Stufe 2: 3-jährige Ausbildung, die die erste Stufe beinhalten, aber in der alle zusätzlichen Kenntnisse vermittelt werden wie Motorentechnik, Elektrotechnik und Elektronik im Auto, Bordcomputer und Diagnosesysteme.

      1 Elektriker (im Handwerk)

      Stufe 1: 2-jährige Ausbildung zur Befähigung selbständig einfache Haus- und Wohnungsinstallationen durchzuführen.

      Stufe 2: 3-jährige Ausbildung, beinhaltet die Stufe 1 und wird ergänzt durch Hausautomation, Vernetzung, Telekommunikation usw.

      Auf ähnliche Weise könnte in anderen Ausbildungsberufen verfahren werden. Den Hauptschülern wäre dadurch eine Perspektive gegeben, für Abiturienten wäre die 2. Stufe eine echte Alternative zum Studium und der Fachkräftemangel würde eingeschränkt werden.

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