Karlheinz Seifried

Operation Sandsturm


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      Sobald ich beim Umbau nicht mehr benötigt wurde, kam das Organisatorische an die Reihe, das war meine Aufgabe. Ich erstellte eine Liste aller Deutschen Konsulate in den Ländern, die wir durchfahren wollten und reichte sie im Außenministerium ein, mit der Bitte, die Botschafter zu informieren, dass wir uns den auf der Liste angegebenen Zeitpunkten melden und auch eventuell Bargeld benötigen würden. Es wurde eine Bankvollmacht, verlangt die ich dann noch nachreichte.

      Dann habe ich in den jeweiligen ausländischen Botschaften der Länder, die wir durchfahren wollten, für jeden ein Visum oder eine Durchreisegenehmigung beantragt. Das habe ich gleich mit einer Erlaubnis, Jagdwaffen mitführen zu können, verbunden. Wir mussten angeben, dass wir diese Waffen nur zum Schießen von Essen, oder um uns gegen wilde Tiere zu Wehr setzten zu können, mitführen wollten.

      Dann, als alles soweit erledigt war, fuhren wir noch alle drei in das Tropeninstitut nach Hamburg, um uns gegen alle möglichen oder auch nicht möglichen Krankheiten impfen zulassen und uns Informationen und Tipps über Afrika zu besorgen. Ein Tropenarzt hat uns dann eine Liste aller notwendigen Medikamente und Seren mitgegeben, die wir benötigen würden und die wir uns kaufen mussten. Da ich während meines Fachschulbesuches Seefahrt auch ein Semester Medizin hatte, und ich in dieser Zeit auch im Unfallkrankenhaus Altona gearbeitet habe, konnte ich auch mit Spritzen umgehen. Deshalb war auch der medizinische Bereich während der Expedition mein Part. Clemens hat sich dann noch einen Werkzeugkoffer zusammengestellt, um für alle eventuellen Reparaturen gerüstet zu sein.

      Rene war unser Scout, zuständig für Route, Landkarten und Streckenführung. Er besorgte uns Generalstabskarten. Bis Israel war das nicht mal so ein großes Problem, aber wo bekommt man gute Karten über Afrika her? Er fuhr die Botschaften ab, der Vorteil war, dass wir uns ja schon überall angemeldet hatten, dass man uns kannte und so bekam er nach und nach auch Kartenmaterial von Afrika.

      Man hielt uns für verrückt und gab uns gute Ratschläge mit, aber wir wussten, was auf uns zukam und was alles passieren konnte. Aber sage einem Bergsteiger einmal, er soll nicht auf den Berg steigen, weil er ja abstürzen könnte. Was sagt er dann? Ein Risiko gibt es überall, auch wenn ich über die Straße gehe und das war auch unsere Meinung.

      Unsere Freundschaft wuchs von Tag zu Tag und wir konnten uns voll auf den anderen Verlassen. Wir gingen immer wieder alle Möglichkeiten, die eventuell vorkommen könnten, durch. Von Krankheiten über Fahrzeugausfall bis zu eventuellen Überfällen, alles wurde durchgesprochen und geübt, solange bis wir alles im Schlaf konnten.

      Um ganz sicher zu gehen, belegten wir noch einen Überleben Land-Lehrgang. Hier lernten wir zu überleben, ohne etwas zu haben, außer den von der Natur bereit gestellten Nahrungsmitteln. Da wir aber in Afrika meistens mit Sand zu tun hatten, haben wir uns auch damit beschäftigt und viel über die Sahara und die Tücken des Landes gelesen.

      Dann war es soweit, alle Ausrüstungsgegenstände waren verstaut, wir hatten alles am Mann was man brauchen konnte, Jagdmesser am Oberschenkel, die Macheten lagen griffbereit neben den Sitzen und die Jagdgewehre waren hinter den Vordersitzen in Kisten sicher eingeschlossen.

      Ich verabschiedete mich von meiner damaligen Frau und versprach, dass wir uns von unterwegs, bei den vorgegebenen Punkten, den Konsulaten, immer wieder melden würden.

      Die erste geplante Etappe verlief recht zügig, über die Autobahn bis zur Österreichischen Grenze. Von hier sollte es dann am nächsten Tag weiter gehen Richtung Türkei. Die erste Nacht verbrachten wir auf einem Rastplatz, saßen am Abend zusammen und fieberten dem nächsten Tag entgegen. Denn da sollte es schon in unbekanntes Land gehen.

      Clemens und Rene schliefen in dem einen und ich, alleine, in dem zweiten Fahrzeug. Am frühen Morgen, es war noch dunkel, klopfte es an der Seitenwand, und ich hörte Rene rufen:

      »Kalle, komm schnell rüber. Clemens geht es nicht gut, der hat Fieber und ist ganz weggetreten!«

      »Ich komme«, sagte ich und rutschte von der Liege, schnappte mir meinen Medikamentenkoffer und stieg aus. Wir hatten zum Schlafen alle unsere Trainingsanzüge an und so konnte ich gleich zum anderen Fahrzeug gehen. Rene hatte schon die Tür geöffnet und ich stieg ein, man konnte schon riechen, dass es hier um mehr als eine Erkältung ging. Es roch nach Schweiß und Exkrementen. Ich hielt meine Hand an seine Stirn und zuckte zurück, kochen heiß war sie.

      »Rene gib mir mal ein Becher Wasser«, sagte ich zu ihm und nahm ein Aspirin aus der Tasche um es im Becher aufzulösen. Das sollte erst einmal helfen, jedenfalls bis wir im Krankenhaus waren.

      »Lass uns ins nächste Krankenhaus fahren, Du fährst den Wagen und ich komme mit dem anderen hinterher. Schau mal auf der Karte nach, wo das nächste Krankenhaus ist«.

      Er setzte sich auf den Fahrersitz und schnappte sich die Karte. Ich gab Clemens einen Schluck aus dem Becher zu trinken. Das hätte ich mal lieber nicht machen sollen, er schrie auf und hielt sich den Bauch.

      »Er muss etwas mit dem Darm haben. Rene, fahr vorsichtig, er hat starke Schmerzen«, sagte ich, nahm meine Tasche und stieg aus.

      »Hast du schon ein Krankenhaus gefunden?«

      »Ja, hier, in zirka fünfzehn Kilometern Entfernung.«

      »Gut, dann mal los!«

      Ich schloss die Tür und ging zu dem zweiten Wagen zurück, während Rene schon losfuhr. Ich stieg ein und fuhr ihm hinterher.

      Ich konnte mir absolut nicht vorstellen, was Clemens mit dem Darm haben sollte, haben wir uns doch alle Wochen vorher von Ärzten untersuchen und durchchecken lassen. Ich stellte mir vor, was wäre gewesen, wenn das in der Wüste passiert wäre? Ich glaube dann wären die Spaten, die wir natürlich auch dabei gehabt hatten, zum Einsatz gekommen. Nach gut einer halben Stunde Fahrweg, bog Rene in die Auffahrt des Krankenhauses ein, wir stoppten an der Tür für die Notaufnahme. Kaum waren wir ausgestiegen, wurde die Tür zur Notaufnahme von innen aufgestoßen und wir wurden angebrüllt.

      »Was macht Ihr den mit den Fahrzeugen in der Krankenwagenauffahrt? Ihr habt hier nichts zu suchen, das ist doch kein Parkplatz!«

      Ich konnte erkennen, dass es ein Pfleger der Notaufnahme war und antwortete ruhig.

      »Ganz ruhig Mann, wir haben einen Notfall im Auto. Unser Freund hat tierische Schmerzen im Unterbauchbereich, vielleicht eine Blinddarmentzündung oder einen Magendurchbruch. Schnell holen Sie eine Liege«, dass musste ich ihm nicht zweimal sagen. Wie von der Tarantel gestochen machte er kehrt, lief wieder ins Haus und rief dabei laut:

      »Ein Notfall, ein Notfall, in den OP damit. Verdacht auf Blindarmdurchbruch!» und schon kam er mit einer Liege angelaufen mit zwei Schwestern und einem Arzt im Schlepptau. Der Arzt stieg in den Wagen und untersuchte Clemens in dem er ihm den Bauch abdrückte, was einen tierischen Schrei seinerseits nach sich zog. Der Arzt zuckte erschrocken mit der Hand zurück und sah mich an.

      »Das kann kein Blinddarm sein, dass sieht wie ein Magendurchbruch aus. Seit wann hat er denn die Schmerzen?«, fragte er.

      Ich sah zu Rene hinüber, er zuckte nur mit der Schulter.

      »Wir haben nichts davon bemerkt, dass er Schmerzen hat und er hat auch nichts gesagt. Erst heute Morgen, als er starkes Fieber hatte, wurden wir darauf aufmerksam.«

      »Wie dem auch sei, helfen Sie uns doch mal ihn aus dem Wagen zu hieven, ohne dass er allzu viel Schmerzen dabei hat«, bat uns der Arzt.

      Wir versuchten in aus dem engen Kofferwagen mit vier Mann und zwei Schwestern langsam heraus zu heben und ihn auf die Liege zu legen, was auch soweit ganz gut klappte. Er hat dabei nur dreimal vor Schmerzen aufgeschrien. Sofort schnappte sich der Pfleger die Liege und schob ihn rein, nicht ohne uns vorher noch über die Schulter zuzurufen:

      »Die Auffahrt müsst Ihr aber sofort wieder frei machen. Parkt vorne am Eingang«, und schon fiel die Tür hinter ihnen ins Schloss.

      Wir stiegen in die Fahrzeuge ein, fuhren um das Krankenhaus herum zum vorderen Eingang, suchten uns zwei Parkplätze, stellten die Fahrzeuge ab und gingen durch den Haupteingang wieder rein. Beim Pförtner erkundigten wir uns nach der Notaufnahme