Jochen Sommer

Sie sind nicht überarbeitet, Sie sind schlecht organisiert!


Скачать книгу

auch für jedermann sofort ersichtlich, dass sich zwischenzeitlich immer mehr Unternehmer damit befassen. Leider schaffen es nicht alle, ihre Betriebe zu systematisieren. Während manche Unternehmer bereits diszipliniert und besonnen arbeiten, schaffen sie es in sechs Monaten bis drei Jahren bereits zu einem beachtlichen Grad der Systematisierung. Andere hingegen verzetteln sich ständig, gehen zu viele Dinge gleichzeitig an und suchen zwischendurch immer wieder nach einfacheren Lösungen. Systematisierung kann aber nicht durch andere Hilfsmittel oder Tricks ersetzt werden und so werden Unternehmer immer wieder mit der Erkenntnis konfrontiert, dass nur eine optimale Systematisierung dabei helfen kann die betrieblichen Probleme zu lösen.

      Dieser Leitfaden hilft Ihnen dabei Ihr Unternehmen zu systematisieren. Reservieren Sie pro Woche 4 Stunden Zeit für die Umsetzung und gehen Sie die Dinge in der richtigen Reihenfolge an, dann wird sich der Betrieb ständig verbessern und Probleme, die heute noch unüberwindlich erscheinen, werden irgendwann einfach nicht mehr existieren.

      Fast alle Inhaber kleiner und mittelständischer Unternehmen geben an, dass sie sich überarbeitet und überfordert fühlen. Sie wissen, dass sie selbst der beste und unverzichtbarste Mitarbeiter im Unternehmen sind. Genauere Untersuchungen zeigen schließlich, dass fast jedem Unternehmen eine klare Systematisierung der Arbeitsabläufe fehlt. Es fehlt an Strukturen, die Arbeiten effektiv machen. Oft werden Aufgaben zwischen den Mitarbeitern hin und her geschoben und entweder gar nicht, zu spät oder gleich mehrfach bearbeitet. Solche Abläufe erfordern, dass ständig überflüssig kommuniziert werden muss. Statt eine Aufgabe pünktlich zu erledigen, müssen vorher immer wieder Rückfragen zum Bearbeitungsstand beantwortet werden. Das erhöht die Bearbeitungszeit und die Unzufriedenheit auf allen Seiten. Schließlich geben die Chefs an, dass sie sich ein Unternehmen wünschen, dass viel besser, automatisierter und reibungsloser funktioniert. Solche Unternehmen existieren und sie haben die Gemeinsamkeit, dass der Inhaber oder Geschäftsführer sich genügend Zeit genommen hat, um die Systematisierung voran zu treiben. Außerdem nutzen diese Firmen moderne Informationstechniken intelligent und rechtzeitig. Rechtzeitig bedeutet, dass nach Etablierung eines funktionierenden Prozesses – und erst dann – dieser möglichst vollständig und fehlerfrei auch in der EDV abgebildet wird. Organisatorische Probleme lassen sich nicht immer durch Standardsoftware lösen, doch wer Abläufe bereits erprobt und getestet hat, der kann diese optimal in seiner EDV integrieren. Das führt dann dazu, dass man einen echten Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Marktteilnehmern hat.

      Sie sind nicht überarbeitet, Sie sind schlecht organisiert!

      Was ist Systematisierung?

      Systematisierung ist die klare Konzentration auf Perspektiven und Abläufe im Unternehmen. Alle Bereiche werden dabei schonungslos miteinbezogen. Es gibt keine Ausnahme, deshalb ist Systematisierung immer ganzheitlich und kein Bereich oder Mitarbeiter kann sich entziehen. Jeder Bereich wird geplant, strukturiert und mit gemessenen Ergebnissen und klaren Abläufen versehen. Gute Systematisierung entkoppelt das Unternehmen und seine Leistung von individuellen Eigenschaften der Mitarbeiter.

      Achtung: Die Entkopplung von individuellen Eigenschaften fördert die Individualität der Mitarbeiter und deren persönliche Fähigkeiten, Kreativität und Motivation.

      Wir holen an diesem Punkt ein wenig aus, denn die obige Feststellung ist von enormer Wichtigkeit!

      Unzutreffende Vorurteile

      Hört ein ungeschulter Beobachter erstmals von Systematisierung und den damit verbundenen Begriffen wie Prozesse, Dokumentation oder Automation, so befürchtet er schnell eine unpersönlichen bürokratischen Apparat, in dem Mitarbeiter durch Regeln unterdrückt, kontrolliert und aufgrund industrieller Automation ausgebeutet werden. Hierbei handelt es sich jedoch um vollständig falsch verstandene Systematisierung. Systematisierung moderner Betriebe hat nichts mit Industrialisierung, dem Mitarbeiter als Roboter oder radikaler Ausnutzung zu tun. Genau das Gegenteil ist der Fall.

      Selbsterzeugtes Chaos

      In schlecht organisierten Betrieben geht alles drunter und drüber. Abläufe sind nicht klar, ständig müssen Dinge neu besprochen werden, die eigentlich klar sein müssen. Mitarbeiter und Führungskräfte vergeuden Ihre Kräfte in sinnlosen Diskussionen und Tätigkeiten. Viele Vorgänge müssen mehrfach angefasst, geprüft und kontrolliert werden, weil Abläufe unklar sind. Wichtige Regeln fehlen und jeder Mitarbeiter legt die Dinge anders aus. Gleichzeitig werden Entscheidungen nicht getroffen, weil die Entscheidungswege unklar sind, die Verantwortlichkeiten nicht geregelt sind und Vertretungen fehlen (was man spätestens an Emails und unerwünschten Anrufen während des eigenen Urlaubs bemerkt). Solche Unternehmen fressen Ihre Mitarbeiter regelrecht auf. Die Routine wird zu zeitfressenden „Maloche“ und der Mitarbeiter bewegt sich ständig auf einem unsicheren Drahtseil, das über unklare Verantwortlichkeiten, fehlende zuverlässige Regeln und unklare Erwartungen gespannt ist.

      Systematisierung als Optimierungsaufgabe

      Gute Systematisierung stellt das Optimum zwischen diesen beiden negativen Extremen dar. Weder handelt es sich um ein bürokratisches, überreguliertes noch um ein unorganisiertes, strukturloses Unternehmen. Systematisierung integriert positive Elemente dauerhaft und beseitigt konsequent Nachteile und Hindernisse im Unternehmen. So werden positive Ziele erreicht und Engpässe und Unzulänglichkeiten überwunden. Vergleichen Sie Systematisierung mit einer Kampfsportart, so erkennen Sie, dass gute Abläufe und Techniken nur in Verbindung mit der richtigen Geisteshaltung zur Meisterschaft führen.

      Mehr Freiheit

      Systematisierung, wie wir sie verstehen, entkoppelt die Leute von negativen Verbindlichkeiten und fördert deren Freiheit. Das Beispiel der typischen Unternehmer erklärt diese Feststellung: Meist werden Unternehmer von Personen gegründet, die über besondere Fähigkeiten in einem bestimmten Bereich verfügen. Eine Fachkraft gründet eine Firma und bekommt anfangs auch schnell Kunden. Nun beginnt eine Art Teufelskreis, denn der ehemals gute Facharbeiter muss sich um Dinge kümmern, von denen er nichts versteht: Rekrutierung, Einarbeitung und Entwicklung von Personal, Steuerfragen, Organisationsthemen, Einkauf, Verkauf, Marketing, IT-Systeme und CRM. Durch die vielfältigen Aufgaben lässt die eigene Leistungsfähigkeit in der Kernkompetenz nach und es kommt immer häufiger zu Problemen mit Kunden und Mitarbeitern. Anfänglich hoch motivierte Fachleute geben dann oft nach wenigen Jahren auf. Nur wenige die übrigbleiben werden erfolgreich, während der Rest über Jahre hinweg still vor sich hin leidet. Die große Hoffnung von Reichtum und Freiheit entwickelt sich immer mehr zum Gefängnis, dem man nicht mehr entfliehen kann. Zu viele Verpflichtungen, Verträge, Versprechen müssten gebrochen werden und nicht selten scheitern familiäre Beziehungen an der Arbeit im eigenen Unternehmen. Wussten Sie, dass gescheiterte Unternehmensgründungen der zweithäufigste Grund für private Insolvenzen sind (der erste Grund sind geplatzte Finanzierungen von Immobilien)?

      Unternehmer sein bedeutet ein System zu besitzen

      Systematisierung sieht die Aufgabe des Unternehmers darin ein System zu schaffen, dass optimal läuft und nicht darin, alle Facharbeit und sämtliche Managementthemen zu beherrschen. Der Unternehmer arbeitet an seinem (Unternehmens-)System und nicht wie der beste Angestellte im Unternehmen. Er schafft Strukturen und ist im Idealfall so vom Unternehmen entkoppelt, dass es auch ohne ihn funktioniert und er seine persönliche Freiheit, seine Fähigkeiten und Kreativität wirklich entfalten kann. Menschen, die sich ständig mit dem Tagesgeschäft, Beschwerden, Kleinigkeiten und wiederholten Arbeitsschritten des gleichen Vorgangs beschäftigen sind selten entspannt und nie wirklich kreativ. Solche Unternehmer erschaffen sinnvolle Firmen und sie gehen nicht mit 67 in Rente, sondern entfalten ihre Kreativität und Schöpfungskraft kontinuierlich weiter bis ins hohe Alter. Der echte Ruhestand kommt erst später und befindet sich im Normalfall 2 Meter unter der Erde. Bis dahin ist genügend Zeit die eigenen Ideen auszudrücken und die Welt ein wenig zu verbessern.