Hans-Joachim Koehl

Sehnsucht nach Zärtlichkeit


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       Hans-Joachim Koehl

       Sehnsucht nach Zärtlichkeit

      

      Imprint

      Sehnsucht nach Zärtlichkeit

      Hans-Joachim Koehl

      published by: epubli GmbH, Berlin

      www.epubli.de

      Copyright: © 2013 Hans-Joachim Koehl

      ISBN 978-3-8442- 7791-3

      Lektorat: Erik Kinting / www.buchlektorat.net

      Inhalt

       Imprint

       Inhalt

       Erstes Buch

       Ohne Gesetz

       Das Schiff

       Die Zeit

       Unbekanntes Land

       Waali

       Die Reise

       Begierde

       Wächter

       Am Indus

       Zweites Buch

       Kelly

       Hoffnung

       Das Kloster

       Kellys erste Reise

       Aufbruch

       Die zweite Reise

       Der Beweis

Erstes Buch

      Ohne Gesetz

      Als ich es zum ersten Mal hörte, bekam ich eine solche Angst, dass meine Hände anfingen zu zittern. Ich musste mich zur Ruhe zwingen, um nicht einen schweren Anfall zu bekommen. Wenn ich mich stark aufregte, konnte es passieren, dass mein jetziger Körper sich in wilden Zuckungen auflehnte und unter Schmerzen verkrampfte. Mit dem Gedanken, dass keine akute Gefahr bestand, beruhigte ich mich.

      Panik war nicht angesagt; bisher gab es nur Gerüchte. Um mich abzulenken und zu beruhigen, kaute ich ein paar Datteln. Ein Bote war gekommen, was würde er bringen?

      „Herr, dein Sohn schickt mich, euer Schiff liegt am Ufer, es hat eben festgemacht!“

      Freude durchlief mich. „Geh zu den Frauen und lass dir zu essen geben!“

      „Danke, Herr!“

      „Nehu!“

      „Ja, Herr!“

      „Sag Betschep und Sinks, sie sollen mich begleiten: bewaffnet! Du kommst auch mit, wir gehen zum Fluss!“

      Allein und unbewaffnet war es zu gefährlich durch die Gegend zu laufen, wenn man nicht als Kahnzieher oder auf einer Ruderbank enden wollte. Diebstahl, Raub mit Waffengewalt und Vergewaltigung waren an der Tagesordnung. Ohne Schutz war es nicht ratsam, sich auf eine Reise zu begeben, selbst wenn diese nur ein paar Flügelschläge weit war. Auf den Wegen war es zu unsicher. Viele wollten sich ein Imperium, zumindest ein Stadtkönigreich errichten und scheuten nicht davor zurück, ihre Ziele mit Gewalt durchzusetzen.

      „Ja, Herr?“ Betschep stand vor mir und auch Sinks näherte sich. Ihre Steinbeile hatten sie an einem dicken Ledergürtel an der Seite hängen. Ein Köcher mit Pfeilen hing mit dem Bogen über ihre Schultern. Irgendwo in ihrer Kleidung waren kurze scharfe Waffen aus Feuerstein versteckt. Was noch fehlte, waren ihre langen Spieße … aber die würden wir nicht brauchen.

      Wir standen an der Seite eines mit Palmen bewachsenen Innenhofes. In der Mitte lag der hauseigene Brunnen. Um diesen herum waren runde Häuser aus Flechtwerk mit Lehm und Tierdung überzogen. Eine große, dicke Hecke aus Dornengestrüpp war so dicht, dass kein Raubtier ein Durchkommen wagen würde; seien es nun zwei- oder vierbeinige! Die Dornenhecke war mehr als mannshoch und umschloss das ganze Gelände.

      Von außen war kein Blick ins Innere möglich — weder ins Haus noch in den Palmenhain oder den Gemüse- und Obstgarten. Auch nicht von einem Kamel oder Pferd aus. Die einzige Öffnung durch das Dornengeflecht war ein Holztor und der dünne Wassergraben vom Fluss her unter der Hecke durch. So hatten wir einen guten Schutz gegen nächtliche Löwenattacken.

      Zur Sicherheit gegen zweibeinige Räuber hatte ich zwei starke, bewaffnete Männer als Wachen eingesetzt. Vor den Wildhunden im Kral mussten wir uns selbst in acht nehmen; die hatten immer Hunger. Trotzdem war man vor einem Überfall nie sicher. Es gab nur ein Gesetz: das des Stärkeren.

      Stärke und Gewalttaten wurden bewundert. Vor zwei Wochen fanden wir außer dem Obergewand einer meiner Sklavinnen keine Spur mehr von ihr. Sie hatte auf dem Feld den Boden gelockert, es war nicht weit vom Haus. Die Wächter glaubten, ein Löwe hätte die Ärmste geholt, doch es war weder Blut zu sehen noch hatten sie Schreie gehört; es gab Spuren von Löwentatzen, aber auch von mehreren Männerfüßen.

      Sinks, mein zweiter Sohn, ein Hüne, zwei Kopf größer als die Menschen, hatte die Wächter mit je fünfzehn Stockhieben bestraft. Sie ertrugen sie stumm.

      Die Palmenblätter wehten leicht im Morgenwind, der kühl vom Fluss her übers Land wehte. Wir gingen durch die Dattelhaine zum Euphrat; am Ufer entlang, in Richtung Anlegesteg. In einen dichten Schilf- und Papyrusgürtel eingerahmt lag der Fluss. Allerlei Getier war hier zu Hause: Schlangen, Krokodile und Flusspferde sowie unzählige Vögel, die noch keinen Namen hatten.

      Der Fluss lag, ruhig und blaugrün, träge in seinem Bett. Es sah aus, als hätte er noch nicht ausgeschlafen. Doch es gab auch andere Tage: Er konnte alles verschlingen, was sich ihm in den Weg stellte. Wasser ist nicht berechenbar.

      Schade, ich hatte mich hier sehr wohl gefühlt. Die Menschen waren willig und leicht zu steuern. Eins war sicher: Wenn ich mein kleines Reich erhalten wollte, dann mussten wir innerhalb von zwölf Monaten dieses Land verlassen.

      Es war hell. Die Sonne versteckte sich wie jeden Tag hinter einem dicken Dunstvorhang.

      Diese dicke, geschlossene Wolkenschicht umgab den ganzen Planeten und verhinderte eine direkte Sonneneinstrahlung. Er schützte alle Lebewesen