Mandy Hopka

Blood-Lady


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lassen. Ich wollte nicht von ihrer Seite weichen. Nie wieder. „Jim“, schrie ich so laut, wie wohl schon lange nicht mehr. „Verdammt, komm sofort her!“ Meine Stimme hallte durch die Eingangshalle, durch die Flure meines Hauses und verstummte in der Ferne. „Mister Báthory was…“, er stockte als er mich und Amy sah. Ich war mir sicher, dass er sofort begriff, was geschehen war, nachdem ich ihn angewiesen hatte, zu gehen, um all das hier nicht mitzuerleben. Er sah ihr Blut an ihrem Hals und sah dasselbe an meinem Mund. „Ruf den Arzt. Amy hat zu viel Blut verloren. Beeil dich, sie muss sofort versorgt werden“, schrie ich ihn besorgt an. Im Grunde, hatte ich gar nicht vorgehabt so laut zu werden, aber im Augenblick war ich viel zu energiegeladen. Mein Körper füllte sich mit Leben und diese Erinnerungen daran, wie es sich angefühlt hatte zu sterben, Amy, wie sie in meinen Armen lag, als hätte ich sie umgebracht. Alles verunsicherte mich, machte mich panisch und hektisch. Mich, dem sonst nichts verunsichern konnte. Amy zeigte mir immer wieder neue Gefühle, Gefühle die ich nicht kannte. Sie füllte dieses schwarze Blatt Papier mit weißer Schrift und machte es damit wertvoll. „Ich liebe dich.“ Endlich konnte ich es aussprechen. Endlich konnte ich meine Lippen auf die ihre legen. „Alles wird wieder gut, dass verspreche ich dir.“ Mir war egal, ob sie mich hören konnte oder nicht. Die Hauptsache war, dass ich überhaupt etwas zu ihr sagen konnte. Das sie es überleben würde, dass wir es überleben würden. Wie dumm war ich auch gewesen, mich in diesem Zustand vor eine Gruppierung von Fightern zu stellen? Aber hätte ich fliehen sollen? Wie ein ängstliches Kind mit Amy davon rennen? Das hier war mein Anwesen. Hier wollte ich mit Amy alt werden, mit ihr Leben. Ich würde mich hier niemals vertreiben lassen. Von nichts und niemanden!

       Hier würde ich sterben, wenn es soweit sein sollte.

      Letzte Angst

      Die Stunden, in denen ich neben ihr lag, kamen mir vor wie eine Ewigkeit. Die Nacht war bereits verstrichen und die Sonne kämpfte sich an die Macht. Ich hatte nur wenig Schlaf gefunden, auch wenn ich diesen eigentlich dringend bräuchte. Noch immer besaß ich nicht meine volle Stärke und normalerweise brauchte ich mehr Blut, aber solange wie es ihr nicht besser ging, konnte ich nichts tun als zu warten. Als abzuwarten, bis sie aufwachte und sich erholte. Es dauerte noch weitere Stunden, in denen ich mich immer wieder über sie beugte und anstarrte, als konnte ich damit bewirken, dass sie endlich ihre Augen aufschlug. Irgendwann regte sich tatsächlich etwas und energisch glitt ich wieder über sie und wartete darauf, in ihre dunklen Augen blicken zu können, die ich nun so klar sehen konnte, wie schon lange nicht mehr. Benommen blinzelte sie in mein Gesicht. Für eine Weile schauten wir einander an. Reglos. Atemlos. Es gab nichts Wichtigeres in diesem Moment als ihre Augen, ihre Lippen, ihre Stimme, die mir sagte, dass sie lebte. Ihr erging es da wohl nicht anders, nach all dem was geschehen war.

      „Ich dachte, ich hätte dich verloren“, sagte sie glücklich und schlang ihre Arme um meinen Hals. Meine Stirn sank auf die ihre und wir schlossen die Augen. Meine Haare strichen über ihre Wangen und verdeckten unsere Gesichter. „Du wirst mich niemals verlieren. Egal wo ich bin, ich werde immer bei dir sein. Dein Leben lang und auch danach werde ich einen Weg finden, dich nicht verlieren zu müssen.“

      „Es tut mir so leid. Ich hätte mit dir darüber reden sollen, warum es dir so schlecht ging.“

      „Warte“, fuhr ich ihr dazwischen. „Es ist nicht deine Schuld. Ich habe dich eingesperrt, es war dein gutes Recht, dich so zu benehmen. Ich habe für mich selbst entschieden, so zu handeln.“

      „Aber warum? Ich verstehe dich nicht? War es so schwer für dich eine andere Blood-Lady zu finden? Einfach mal einen normalen Menschen ... naja.“ Ich spürte ihren heißen Atem auf meiner Haut und ließ meine Lippen mit den ihren verschmelzen. Ich hatte sie solange nicht küssen können. Viel zu lange, hatte ich nicht einmal ihre Stimme hören können. „Je mehr man liebt umso einsamer ist man“, erwiderte ich in den Pausen die ich ihr ließ, um Luft zu holen. Voller Hingabe erwiderte sie jede meiner Zärtlichkeiten, fuhr mit ihrer Hand durch meine Haare, dehnte die Küsse bis in die Ewigkeit aus. Ich spürte ihre Liebe zu mir noch intensiver als jemals zu vor, was mein Herz fast zerspringen ließ. „Du musst eben auch mal lernen, nicht immer nur an dich zu denken und das zu tun, was du für richtig hältst. Sonst funktionieren wir beide nicht.“ In ihrer Stimme lag ein flehender Unterton, der sich mit Verzweiflung mischte. „Ich weiß das, aber was soll ich machen? Ich habe nun mal Angst, dich zu verlieren. Soll ich denn dabei zusehen, wie du Fehler machst, die du nicht einmal mehr bereuen kannst?“

      „Ja.“ Ihre Entschlossenheit ließ mich die Augen aufschlagen und meinen Kopf nach oben schnellen. „Wie bitte?“

      „Du musst mich meine eigenen Entscheidungen treffen lassen. Mich mein Leben so leben lassen, wie ich es möchte. Du kannst nicht über mich herrschen Damian. Ich bin nicht dein Eigentum, kein Gegenstand, welches nach deiner Nase tanzt. So funktioniert eine Beziehung nicht, dass weiß selbst ich.“ Ihre Hand legte sich an meine Wange, während ihre Augen mich fixierten. „Wenn wir beide glücklich sein wollen, dann musst du mich meine Fehler machen lassen. Selbst wenn es eben nicht immer der richtige Weg ist, muss ich selbst entscheiden, welchen ich gehen möchte. So ist der Lauf des Lebens. Es gibt bei jedem Höhen und Tiefen es kann nicht immer alles nur perfekt laufen, dass müsste doch selbst bei euch Vampiren so sein, egal wie perfekt oder übernatürlich ihr seid. Dazu gehört eben auch, dass ich die schwierigen Dinge, meine Fehler meistern muss, um stärker zu werden. Du kannst nicht alles kontrollieren. Wenn du eine Katze immer nur im Haus hältst, wird sie nie lernen, sich selbst zu versorgen.“

      „Was ist das für ein Vergleich? Hier geht es um dein Leben, nicht um die Frage, welche Schuhe du dir kaufst! Diese Welt ist in den letzten Monaten gefährlicher geworden als du denkst. Und alles, was dich betrifft, betrifft nun auch mich. Du bist nicht mehr allein, Amy. Du bist nun ein Teil meines Lebens und ohne dich ist mein Leben bedeutungslos.“ Was rede ich da eigentlich? Seit wann hatte sich mein Herz so verändert? Was war aus mir geworden? Ihre Augen weiteten sich. „Denkst du mir ergeht es anders? Ich liebe dich, Damian. Es gibt keinen Tag mehr, an dem ich nicht an dich denke, seitdem sich unsere Blicke getroffen hatten. Ganz gleich, was du auch bist. Ich akzeptiere dich. Mit allem was du bist.“ Sie hielt inne, um meinen Kopf näher zu sich heran zuziehen. Nun war er endlich da. Der Moment, in dem ich spürte, dass Amy mich so liebte, wie ich sie. Wo ich wusste, dass wir alle Grenzen überwunden hatten, die für sie, so unüberwindbar erschienen waren. Ob sie es nun tatsächlich akzeptierte, was ich war? Unsere Nasenspitzen berührten sich und das Verlangen nach einem weiteren Kuss, war unerträglich für mich. Aber ich übergab ihr die Handhabung der Situation und so, schauten wir einfach nur einander in die Augen. „Das tue ich selbst nachdem … nachdem du mich gebissen hast, aber du musst auch endlich anfangen, etwas für uns zu tun. Ich habe das Gefühl, als würde nur ich um uns kämpfen.“

      „Das stimmt nicht. Was denkst du, wie sehr ich mich in den letzten Monaten zurückgehalten habe, um dich nicht zu verletzen. Egal, ob es sich um einen dummen Fighter handelte oder um dich selbst. Es ist bei weitem nicht mehr so, dass ich nur an mich denke. Ich wollte Menschenblut trinken, aber damit hätte ich getötet. Ich hätte erneut Blut an meinen Händen gehabt etwas, was du nicht mehr wolltest. Du willst keinen Mörder von Unschuldigen an deiner Seite, deshalb konnte ich es einfach nicht. Ich musste immer wieder daran denken, was du zu mir sagtest. Wir töten euch und ihr tötet uns. Der Hass wird nie ein Ende finden, wenn nicht jemand den Anfang macht. Ich will lernen das Leben zu schätzen. Nicht nur das meine, sondern auch von anderen.“ Amy schenkte mir ein zärtliches Lächeln, welches ich wohl mit am meisten vermisst hatte. Dieses Lächeln, bei dem in meinem kalten Herzen die Sonne aufging. „Das ist doch schon mal ein guter Anfang. Aber wieso würdest du sie dann gleich umbringen. Mich hast du doch auch nicht umgebracht?“ Aber ich war nahe dran gewesen. „Menschenblut wird mir als Reinblüter nicht gerecht. Ich hab es einmal versucht und hätte mich beinahe übergeben. Und damit es überhaupt etwas brachte, hatte ich mir alles nehmen müssen. Von einem Tropfen, konnte ich den Durst einfach nicht stillen, es war wirklich widerlich.“ Sie schien skeptisch aber dies hier war die Wahrheit. „Ich hatte keine Zeit, mir eine Blood-Lady zu suchen. In der näheren Umgebung war keine aufzufinden und wie sollte ich reisen, am Ende sogar das Land verlassen müssen, während ich dich hier zurücklassen müsste,