Wolfgang Wild

Physik für Tauchprofis – Auftrieb und Tarierung


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als vereinbart: Ein Liter Süßwasser wiegt 1 Kilogramm, und ein Liter Salzwasser wiegt 1,03 Kilogramm. Anders ausgedrückt: Süßwasser hat eine „Dichte“ von 1 kg/Liter (1 kg/dm3) und Meerwasser eine „Dichte“ von 1,03 kg/Liter (1,03 kg/dm3).

      Dass nicht jedes Süßwasser „chemisch rein“ und gleich „süß“ ist (von wegen süß – wir denken an das, was sich in machen Gewässern befindet …) und dass Salzwasser in den verschiedenen Meeren unterschiedlich „salzig“ schmeckt, ist erstens allseits bekannt und kann zweitens für unsere Betrachtungen hier außen vor bleiben.

      Auch wenn dichtemäßig der Unterschied zwischen Süß- und Salzwasser nicht als sehr groß erscheinen mag (1,00 vs. 1,03), er bedeutet, dass wir beim Tauchen im Meer mehr Blei brauchen als in einem See (bei gleichem Tauchanzug und gleicher Ausrüstung).

      Ein Wort zum Thema Biopren

      Bevor wir einige Berechnungen anstellen, die der Tauchprofi beherrschen sollte, sei noch ein kleiner Ausflug zu einer anderen „Dichte“ gestattet. Eine wunderbare Seite des Tauchens ist ja, dass es ein Sport für Jedermann ist – groß, klein, alt, jung, schlank oder … Unser persönlicher Auftrieb im Wasser ist abhängig vom Verhältnis verschiedener Körpergewebe, denn jedes dieser Gewebe hat eine eigene spezifische Schwerkraft bzw. Dichte. Der Wert für Fett liegt bei etwa 0,8, für Knochen bei etwa 1,9 und für Muskeln bei etwa 1,08. Die meisten Menschen haben eine spezifische Schwerkraft nahe bei 1,00, was vom Verhältnis Muskeln zu Fett abhängt. Hat eine Person mehr „Biopren“ (soll heißen: Fettgewebe), so liegt ihr Wert eher unter 1,0 und sie wird daher im Wasser tendenziell an der Oberfläche treiben; bei weniger Fettgewebe liegt der Wert eher über 1,0 und die Person wird daher tendenziell sinken. Damit verglichen verdrängt unser Nass- oder Trockentauchanzug jedoch deutlich mehr Wasser, so dass auch Taucher mit nur sehr wenig „Biopren“ auf zusätzliches Bleigewicht angewiesen sind, um den Auftrieb ihres Tauchanzuges auszugleichen. (Zur Tatsache, dass die Auftriebswirkung von Neoprenmaterial mit zunehmender Tiefe bekanntlich nachlässt, siehe die knappe Besprechung von Tauchanzügen weiter unten.)

      Rechenbeispiel

      Nehmen wir an, ein Taucher hat nach einem Tauchgang im Meer beim Einstieg ins Boot versehentlich seinen Bleigurt oder eine Bleitasche fallengelassen. Dann muss man natürlich nicht Archimedes bemühen, sondern ein anderer Taucher wird dieses Gewicht von nur ein paar Kilogramm leicht bergen können (entsprechende Tiefe unter dem Boot vorausgesetzt). Anders sieht es aus, wenn es sich um einen Taucher im Trockentauchanzug handelte; hier kann das Tarierungsblei je nach Unterzieher ohne weiteres 16 kg bis 18 kg ausmachen und ein Hebesack ist angesagt. Wir wollen uns bei der folgenden Berechnung vorstellen, dass aus einem Schlauchboot ein Doppelflaschengerät über Bord gegangen ist, das unbedingt geborgen werden soll – denn welcher Taucher wird schon auf mindestens 500 Euro verzichten wollen, und noch viel schlimmer: auf seine geplanten Tauchgänge! Und natürlich gehen wir davon aus, dass unsere Taucher über eine entsprechende Ausbildung im Handling eines Hebesacks verfügen.

      Anhand einschlägiger Informationen können wir von einem Gewicht des Doppelpacks an Land von 30 kg ausgehen (10-Liter-Stahlflaschen, mit Ventilen, Brücke und Schellen). Die Fragestellung lautet somit: Welchen Auftrieb müssen wir mittels Hebesack erzeugen, um das Gewicht der Atemgasflaschen auszugleichen?

      Schritt 1: Wir bestimmen zunächst den bestehenden Auftrieb, der dem Gewicht des Wasservolumens entspricht, das von dem Doppelpack verdrängt wird. Wir nehmen an, dass der Doppelpack 20 Liter (= 20 dm3) Wasser verdrängt. Diese 20 dm3 wiegen 20,6 kg, denn es handelt sich im Meer um Salzwasser und wir haben dessen Dichte von 1,03 kg/dm3 zu berücksichtigen (20 dm3 x 1,03 kg/dm3 = 20,6 kg). Das heißt: Auf den Doppelpack wirkt eine Auftriebskraft von 20,6 kg.

      Schritt 2: Im nächsten Schritt geht es um den Ausgleich der entgegengesetzten Kräfte – der nach unten gerichteten Kraft der Flaschen von 30 kg (Gewicht der Atemgasflaschen an Land) steht eine nach oben gerichtete Kraft von 20,6 kg (positiver Auftrieb) gegenüber. Damit der Doppelpack neutralen Auftrieb erhält, muss der restliche negative Auftrieb ausgeglichen werden. Somit sind 30 kg – 20,6 kg = 9,4 kg positiver Auftrieb nötig.

      Schritt 3: Jetzt berechnen wir, wie viel Wasser verdrängt werden muss, um den restlichen negativen Auftrieb auszugleichen: 9,4 kg / 1,03 kg/dm3 = 9,13 dm3, d. h. wir dividieren den restlichen negativen Auftrieb durch die Dichte von Salzwasser. Der erforderlichen positiven Auftriebskraft von 9,4 kg entspricht somit eine Verdrängung von 9,13 Liter Salzwasser.

      Praktische Anwendung: Um den negativen Auftrieb des Hebesacks auszugleichen, dessen Gewicht wir bei der Berechnung unberücksichtigt gelassen haben, wäre zusätzlich noch etwas Atemgas erforderlich. Ein kleiner Hebesack, der zur Grundausstattung von Tauchern zählen sollte, reicht aus, um einen solchen Doppelpack zu bergen. Das Gewicht der Luft, mit der wir den Hebesack aus einer separaten Pressluftflasche füllen, kann unberücksichtigt bleiben. Es handelt sich hierbei physikalisch gesehen zwar um eine nach unten gerichtete Kraft, diese ist allerdings so gering, dass man sie vernachlässigen kann. Für praktische Anwendungen im Tauchen reicht es aus, den Auftrieb eines mit Luft gefüllten Körpers so zu bestimmen, als hätte die Luft kein Gewicht.

      Noch ein Rechenbeispiel

      (aus einer Tauchlehrerprüfung)

      Ein bei schwerem Seegang über Bord gegangener 550 kg schwerer, verschlossener Container mit wertvoller Unterwasser-Filmausrüstung liegt im Meer in 40 m Tiefe auf Grund. Bekannt ist, dass er 320 Liter Wasser verdrängt. Frage: Wie viel Wasser muss ungefähr verdrängt werden, um den Container an die Oberfläche zu bringen?

      Berechnung & Erklärung:

      In Salzwasser mit einer Dichte von 1,03 kg/dm3 hat jeder Liter verdrängtes Wasser eine nach oben wirkende Auftriebskraft von 1,03 kg. Die Auftriebskraft errechnet sich somit wie folgt: 1,03 kg/dm3 x 320 dm3 = 329,60 kg. Die 550 kg sind die nach unten wirkende Schwerkraft des Containers. 550,00 kg – 329,60 kg = 220,40 kg. Der Container konnte also nicht an der Oberfläche schwimmen, sondern er sank wegen 220,40 kg mehr nach unten als nach oben wirkender Kraft. Ein am Container befestigter Hebesack bringt pro hinzugefügtem Liter Luft einen zusätzlichen Auftrieb von 1,03 kg. Indem wir die errechnete Differenzkraft durch die Dichte von Salzwasser dividieren, erhalten wir 220,40 kg / 1,03 kg/dm3 = 213,98 dm3. Mittels Hebesack sind also runde 214 Liter Wasser zu verdrängen, um den zusätzlichen Auftrieb herzustellen.

      Frage an Herrn Archimedes: Wurde bei dieser Berechnung nicht die Tiefe vergessen? Nein. Die Frage, die sich mir gestellt hatte, war ja (nur) die nach dem zu verdrängenden Wasser. Und da Wasser praktisch nicht komprimierbar ist, kann die Tiefe vernachlässigt werden. Hätte die Frage gelautet, wie viel Luft in den Hebesack zu füllen ist, dann hätten wir die Tiefe (resp. den Druck) berücksichtigen müssen. Für diese Frage und die Antwort darauf müssen wir jedoch meine späteren Wissenschaftler-Kollegen bemühen.

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