sich wesentlich von anderen zu unterscheiden. Ohne ein Spüren der eigenen Identität kann man auch keine individuellen Seiten an sich formen und entwickeln. Das ist ein ganz wesentlicher Zusammenhang.
„Mensch, darum werde, was du bist!“ Dieser Satz steht deshalb sowohl für die Entfesselung der Identität im Menschen - im Sinne einer Entfesselung vom Ballast bloßer Attribute - als auch für die Entwicklung seiner ihn ausmachenden Individualität. Der entscheidende Wegweiser zu diesem Vorhaben sind die „Schätze im Himmel“. Sie sind das Wesen und der Ausdruck meiner Gottesebenbildlichkeit und machen letztendlich mein Herz und meine Identität aus. Sie allein sind nicht vergänglich und unzerstörbar. Sie sind ein Felsen der Wahrhaftigkeit im täglichen Leben und die Brücke zum ewigen Leben. Nur durch sie kann ich mit mir selbst eins sein, bin ich mit mir selbst im Reinen und kann – jedenfalls im Kern – unabhängig von der Außenwelt und von der Bewertung anderer leben.
So kommt es im Leben nicht in erster Linie darauf an, Sieger zu sein, sondern darauf, authentisch zu sein, nicht darauf, sich durchzusetzen, sondern darauf, seine Identität auszudrücken, nicht darauf sich zu behaupten, sondern darauf, eigene Spuren zu hinterlassen.
Der Kompass der Identität:
Das Sinnbild: Die Gottesebenbildlichkeit
Die Kernbotschaft: Ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein!
Die Tugendmitte zwischen den Polen: Egoismus – Identität – Selbstlosigkeit
Die Aspekte:
1) Der Mensch ist nicht etwa eine Ansammlung von Attributen, sondern hat durch seine Gottesebenbildlichkeit einen individuellen Seins-Kern, der einzigartig und nicht kopierbar ist
2) Der Mensch ist ausgestattet mit einer originären und personalen Würde, die seine Identität ausmacht und ihn in seiner Individualität unverzichtbar macht
3) Durch seine Gottesebenbildlichkeit ist er nicht berufen zum Geschöpf sein, sondern zur Kindschaft Gottes und zur Unabhängigkeit von der Welt
4) Wahrhaftig sein heißt gemäß seiner Identität zu leben und seiner Identität Ausdruck zu verleihen. Wahrhaftig sein kann man nur, wenn man eine Identität besitzt.
5) Identität heißt auch Abgrenzung zur Welt und zu anderen. Es ist wichtiger, mit sich selbst eins zu sein als mit der Welt eins zu sein. „Was hat der Mensch davon, wenn er die ganze Welt gewinnt, aber sich selbst nicht hat und Schaden nimmt an seiner Seele.“
6) Die „Schätze im Himmel", die innere Verbindung zu Gott und der eigene Ausdruck der Gottesebenbildlichkeit, formen das Herz und die Identität. Sie allein sind unvergänglich.
7) Identität und Gottesebenbildlichkeit bedeuten unverzichtbar zu sein für Gott
2) Unbeugsamkeit – Stärke – Furchtlosigkeit
Die Grundhaltung der Unbeugsamkeit ist nicht zu verwechseln mit einer mangelnden Flexibilität und Anpassungsfähigkeit gegenüber den Mitmenschen und der Umwelt. Sie meint vielmehr die Bewusstwerdung der Unzerstörbarkeit des inneren Selbst. Die Grundhaltung der Unbeugsamkeit weiß um die Unsterblichkeit meiner Seele, um ihre Wahrhaftigkeit und ihre ewige Bestimmung. Es ist die Haltung, sich vom Leben nicht unterkriegen zu lassen und immer wieder aufzustehen und weiterzumachen. Das Leben wird als Prüfung gesehen und die Welt als Ort der Bewährung. Und gerade die Gefahren, die Mühe und das Leid lassen mein wahres Selbst zum Vorschein kommen, holen das Beste und Wahrhaftige in mir hervor und bringen mich meiner ewigen Bestimmung näher. Das Dasein ist eine Art Läuterungsprozess und der Weg zu dem, was Gott mir zugedacht hat, als er mich schuf, nämlich ein unverzichtbarer Teil seiner ewigen Welt und Herrlichkeit zu sein. In dieser Gewissheit wird das eigene Herz fest und die eigene Seele kraftvoll und unzerstörbar. Aus diesem Glauben heraus entsteht der unerschütterliche Glaube an sich selbst und die eigene gute Beschaffenheit, der nicht vom Glauben an Gott getrennt werden kann. Diese Einheit des Glaubens bewirkt Stärke und Furchtlosigkeit. Stärke und Furchtlosigkeit sind wichtige Facetten der Grundhaltung der Unbeugsamkeit. Sie sind ebenfalls der Ausdruck eines tiefen Vertrauens in die eigenen Kräfte, die verwurzelt sind in meiner Verbundenheit zu Gott und meiner Ebenbildlichkeit zu ihm. Ich bin zur Gottesebenbildlichkeit berufen, daher muss das folgende Zitat des Dichters Wolf Wondratschek eine wichtige Grundhaltung eines jeden sich auf dem Weg befindenden Menschen sein: „Er glaubte an sich und seine kraftvolle und unzerstörbar gute Seele.“
Der Kompass der Unbeugsamkeit:
Das Sinnbild: Das Haus, das auf Felsen gebaut ist
Die Kernbotschaft: Ich vermag alles durch den, der mich mächtig macht, Christus!
Die Tugendmitte zwischen den Polen: Übermut – Unbeugsamkeit – Verzagtheit
Die Aspekte:
1) Der Mensch hat eine unsterbliche und unzerstörbare Seele, die zum Guten bestimmt ist
2) Jeder Mensch hat eine Bestimmung und muss hierfür seinen Weg gehen
3) Sein Weg ist auf Prüfungen, Bewährungen und Läuterung ausgelegt
4) Mühe, Leid und Niederlagen sind Teil des Läuterungsprozesses und bringen das wahre und bessere Selbst erst zum Vorschein
5) Maxime, sich gemäß seiner Bestimmung nicht vom Leben unterkriegen zu lassen und immer wieder aufzustehen und weiter voran zu schreiten. Ausgestattet mit „warrior spirit“ durchs Leben gehen und das Leben meistern.
6) Im Inneren fest und sicher zu werden. „Es ist ein köstliches Ding, wenn das Herz fest wird.“ Das geht nur durch Identität und Wahrhaftigkeit. Ohne Identität keine Unbeugsamkeit.
7) Haltung, furchtlos und mutig zu sein, Herausforderungen anzunehmen und die Widerstandsfähigkeit zu stärken
8) Es kommt nicht darauf an, wie erfolgreich man im Leben bist, sondern darauf, wie viele Hindernisse und Herausforderungen man überwindet, und nach wie vielen Niederschlägen man immer wieder aufsteht um weiterzumachen.
3)Toleranz – Freigebigkeit – Großzügigkeit
Allen drei Facetten dieser Grundhaltung ist eines gemeinsam: die offene Geisteshaltung. Sie geht von einer Vielfalt der Welt aus. Und davon, dass mein eigener Horizont nicht der Horizont der Welt ist. Der eigene Horizont ist nur eine individuelle „Landkarte“, eine Art Vorstellungs-Abbild des eigentlichen Gebiets, aber nicht das Gebiet selbst. Jede Einengung der Welt auf meinen Horizont ist ein Trugschluss und führt nicht weiter. Es blendet Dinge der Welt aus und bedeutet Stillstand für mein Leben. Mein Dasein wird zu einem geschlossenen System - ohne Austausch mit der Welt und mit anderen Sichtweisen. Diese Geschlossenheit ist ein Markenzeichen von Spießigkeit und Kleinkariertheit. Ein Ausdruck von Ignoranz und Nichtanerkennung der Komplexität der Dinge. Die Haltung der Freigebigkeit hingegen bedeutet Offenheit und einen permanenten Austausch zwischen eigenem Ich und der Welt. Sie zielt auf Verstehen und Erkenntnis und ist der Motor für die Entwicklung des Lebens.
Eine zweite Erkenntnis der Haltung der Freigebigkeit ist, dass alles Leben auf Subjektivität und Relativität beruht. Ich selbst bin nur ein Teil des Ganzen und mein Leben kann nur einen kleinen Ausschnitt aus dem Heer der unendlichen Möglichkeiten in der Welt erfassen. Nur im Austausch mit anderen kann ich etwas sein und kann ich zu etwas werden. Und eben dies ist gerade der Clou der Unverzichtbarkeit einer jeden Person: ihre Subjektivität und Relativität, die eigentlich etwas Einschränkendes an sich haben, begründen gerade ihre Individualität. Und Individualität wiederum ist das Mark der Unverzichtbarkeit. Das Einschränkende ist damit gerade die Grundlage für das Bereichernde und Erweiternde. Hierzu muss ich aber erst mal erkennen, dass ich selbst eingeschränkt bin und genau dieses ist der erste Schritt auf dem Weg zu einer inneren Haltung der Freigebigkeit, im Geben wie im Nehmen. Geben und Nehmen sind komplementär, denn wenn ich nicht verstehe zu nehmen, kann ein anderer auch nicht geben.
Eine wesentliche Fassette der Freigebigkeit ist die Toleranz. Sie beruht auf dem Bewusstsein, das jeder Mensch sich entwickelt und im Laufe seines persönlichen Weges ein immer anderer sein wird, mit veränderten