Beate Eichhorn

Einschluss und Ausschluss


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      „...'Einschluss' und 'Ausschluss': Geschlechterpolitik der linken Parteien. Parteipolitik in Deutschland 1920-1970.“

      Beate Eichhorn

      F Rep. 290 (02) Nr. 0069235 April 1960

      Bundesnotaufnahmelager Marienfelde (Tempelhof)

      Flüchtlinge

      Fotograf: Siegmann, Horst / Rechte: Landesarchiv Berlin / K00515

      Impressum:

      Dr. Beate Eichhorn

      Weil der Stadt (2016)

      Vorbemerkung

      In der vorliegenden Publikation wird die Geschichte der Weimarer Republik und der zweiten Republik, die Ära Willy Brandts bis zum Moskauer Abkommen und die Jahre davor, also 1945-1970, betrachtet. Zentral wird jedoch die Frauenpolitik in der DDR und der BRD analysiert und diskutiert.

      Im Vordergrund steht die Frage, in wie weit Kenntnis von den politischen Inhalten und Bewegungen der Weimarer Republik zu einem besseren Verständnis der Demokratie nach dem zweiten Weltkrieg beiträgt.

      Daher werden einzelne Politikerinnen des linken Milieus der Weimarer Republik unter Darlegung der jeweiligen Parteipolitik zum Thema gemacht. Das geschieht folglich in chronologisch geordneten Kapiteln. Ausgehend von Marx' Klassenbegriff und der damit verknüpften Idee der Emanzipation im sozialistischen Sinne wird im nächsten Schritt das tatsächliche Verhältnis zwischen Männern und Frauen der Linken während der Jahre der ersten Demokratie analysiert. Diesbezüglich soll zum einen ausgehend vom dialektischen Materialismus argumentiert werden, den Marx vertrat, der sich in der Frühphase des Sozialismus nach Auseinandersetzung mit Amseln Feuerbach von diesem trennte, der seinerseits orientiert an Hegel eine humanistisch ausgerichtete Dialektik vertrat. (1) Abgrenzend soll der Versuch unternommen werden-zwar orientiert an Marx' Klassenbegriff, dennoch weniger radikal dialektischem Materialismus zu folgen, der hier in Kontext zu Descartes' rationaler Physik gestellt wird, was politisch der als unvermeidlich angenommenen „Theorie vom Umsturz“ entspricht, während die Gegner von Descartes, auch Locke und französische Materialisten des 18. Jahrhunderts die Entwicklung des Sozialismus und Kommunismus im 19. Jahrhundert geebnet hätten.

      Somit werden auch für die Anfänge der späteren Kommunistischen Partei, speziell Rosa Luxemburg und Clara Zetkin zwar eindeutig ein Bezug zu Marx' Klassenbegriff herausgearbeitet, ihre Radikalität aber als relativ betrachtet.

      Zwar beherrscht jene frühe Ära der proletarische Antifeminismus, das heißt, das männliche Wort dominierte das weibliche Wort im parteipolitischen Diskurs, dennoch wird herauszuarbeiten sein, dass die Sozialistinnen im Rahmen des Parteigeschehens im linken Milieu zielstrebig Öffentlichkeit suchten.

      Das linke Milieu war zwar intern dem Zeitgeist gemäß hierarchisch strukturiert, dennoch dynamisch und beweglich, zuweilen auch gemäßigt oder radikal, je nach Lage des Einschlusses (Zugehörigkeit) oder des Ausschlusses der Mehrheit und der Minderheit.

      Während speziell die so genannte proletarische Frauenbewegung im Rahmen des linken Milieus Thema ist, wird daher deren Entwicklung gemäß dem Kontext zur deutschen Geschichte prinzipiell auch im Gesamtzusammenhang mit der Geschichte der bürgerlichen Frauenbewegung verstanden und das gemeinsame wissenschaftliche – wie sonst politisch – verfolgte Ziel sozialer, politischer und wirtschaftlicher Gleichstellung erkannt. Dennoch gilt besonderes Interesse am feministischen Emanzipationsbegriff der proletarischen Frauen, der grundsätzlich gemäß Marx' Klassenbegriff das männliche Proletariat berücksichtigte und daran anknüpfte.

      In Anlehnung an die diesem Buch vorangegangenen Werke, meine Diplomarbeit(2) und meine Dissertation(3) gilt auch in dieser Publikation Geschlechterdemokratie im Kontext von gesellschaftlicher/politischer Demokratie als primäres Thema, wobei gemäß der Grundproblematik, „Einschluss“, „Ausschluss“ die Tendenz zur Randposition beleuchtet werden soll, zum Linksradikalismus im Kontext zum Parlamentarismus.

      So beziehe ich mich auf Karl Jaspers, der im „Spiegel (17/1966) vor dem Hintergrund der Notstandsdebatte hinsichtlich der Gefährdung der Demokratie einen Rückbezug zur Weimarer Demokratie und der diesbezüglichen Entwicklung zur nationalsozialistischen Diktatur beschrieb. Wenngleich sich Jaspers 1966 ausgehend von einer „deutschen“ Position auf Stauffenberg bezog und dessen Umsturzversuch als legitim erachtete, (gegenwärtig aber nicht nur auf Deutsche begrenzt argumentiert werden kann), betonte er für die Jahre der großen Koalition unter Kiesinger gleichermaßen die Gefahr der frühzeitig in Kraft tretenden Notstandsgesetze und bestärkte hierin die Position eines Teiles der Professoren, um andererseits die Gefahr von Anarchie und Chaos hervorzuheben. Somit interessiert mich orientiert an Jaspers die gesellschaftliche und politische Dynamik im Rahmen des Parlamentarismus. Dabei beleuchte ich gleichermaßen Außenseiterpositionen.

      Als radikale Tendenz ist anfänglich im Untersuchungszeitraum auf die 1919 gegründete Kommunistische Partei als Gegenbewegung zur Sozialdemokratie zu verweisen. Um wiederum letztere in sämtlichen Facetten besser verstehen zu können, soll nachfolgend untersucht werden, welche Entwicklung die Sozialdemokratie in den zwanziger Jahren vollzog. Die verschiedenen Positionen des sozialdemokratischen Lagers veranschaulichen zeitgenössische politische Theorien, wie die von Paul Levi, im Rahmen gegenwärtiger historischer Debatte gleichermaßen der strukturalistische Ansatz von Richard Evans, während gleichermaßen gemäß heutiger Geschichtswissenschaft erzählerisch vorgegangen werden soll, eine Strategie, die außerdem legitimiert, dass im Zuge der erzählenden Darstellung wechselnde Perspektiven eingenommen werden.(4)

      Gespiegelt zur Parteipolitik wird die Position der links organisierten Frauen betrachtet, die politisch wie wirtschaftlich eine Nischenposition in der Öffentlichkeit errangen, begrenzte Wirkungsfelder erlangten, was mit eigens erlernten Fähigkeiten ausgefüllt werden konnte, die ihnen im Patriarchat zugestanden wurden. Dabei wird im diskursanalytischen Ansatz davon ausgegangen, dass sogenannte Führerinnen, (vergl. Auflistung der Politikerinnen in Kapiteln) selbst privilegiert und besser geschult die Basis vertraten.

      Die Geschichte der Radikalisierung der Linken der Weimarer Republik ist nicht ohne die Geschichte der späteren Verwässerung der Sozialdemokratie gegen Ende der zwanziger Jahre zu verstehen. Es handelt sich um die Zeit der zweiten großen Koalition unter Reichskanzler Hermann Müller. Im Rahmen meiner Interpretation der Politik der zweiten großen Koalition wird seine Politik als SPD-Kanzler unter Bezug zu den liberalen Parteien als äußerst konservativ beschrieben. Die Politik der zweiten großen Koalition mündete in der Toleranzpolitik Heinrich Brüning mit Absage an den demokratischen Sozialismus. Unter Anlehnung an Sebastian Haffner(5), wird das doppelte Spiel des ersten Präsidialpräsidenten im Rahmen von dessen Innenpolitik aufgezeigt.

      Nicht nur die Arbeiterbewegung brach in dieser Zeit auseinander, sondern auch die links organisierte, wie auch die bürgerliche Frauenbewegung. Damit ging eine Abschwächung der Schlagkraft der Linken einher, womit eine Gegenposition zum Faschismus scheiterte.

      Auch die Ostpolitik der späteren bundesrepublikanischen Sozialdemokratie, insbesondere Polen betreffend, kann nicht ohne deren Tradition in der Weimarer Republik verstanden werden, meiner Interpretation nach eine reformistische Tradition. Die Tatsache, dass während der ersten großen Koalition der zwanziger Jahre 1921 unter dem derzeitigen SPD-Außenminister Hermann Müller mit dem Zentrumspolitiker Julius Wirth per Volksabstimmung hinsichtlich Schlesiens territorialer Zugehörigkeit geklärt wurde, in wie fern die seit den Friedensverträgen von Versailles (1918) deutsche Bevölkerung in Polen nunmehr zu Deutschland oder zu Polen gehören wolle, kann übereinstimmend mit der Skepsis der bürgerlich parlamentarischen Politiker der späteren Bundesrepublik gesehen werden, auch dem reformistisch orientierten Kurt Schumacher, das nun aktuelle Territorium der DDR als „verloren“ zu verstehen, ein westlich ausgerichteter Ansatz, dem auch dieses Projekt folgt.

      Dass sich dieser Standpunkt mit dem sogenannten „Wandel durch Annäherung“ und dem Moskauer Abkommen mehrheitlich auf Grund der bundesdeutschen Außenpolitik von Willy Brandt und dessen späterer Kanzlerschaft erst allmählich änderte, soll konsequent nachvollziehbar dargelegt werden.

      Auch