Buenaventura Findelkind

Guerilla


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von ihm ab, und er merkte, das er hungrig war. Wie ein Wolf, dachte er, wie ein Löwe. Aus einem Nebenraum trat eine junge Frau, die Bedienung, immer wenn sie an ein Tisch kam, hob sie die Arme um zu schreiben und immer wenn sie den Tisch verließ, ließ sie die Arme wieder hängen, jedesmal klirrten ihre Armreifen dabei, so das Josef nicht umhin kam ihr mit den Augen durch den Raum zu folgen. Einmal als sie schon fast bei ihm war, lächelte er und sie lächelte ihn an und sagte, gleich, einen Moment noch und wendete sich an einen anderen Tisch. Schließlich klirrten die Armreifen auch für Josef. Mit den Armreifen der Frauen ist das wie mit den Glöckchen der Katzen, dachte Josef, man hört sie kommen, man hörst sie gehen, man hört sie leise im Nebenraum herumstreichen, und man muss unweigerlich den Kopf wenden, muss wissen, was sie gerade tut, die Katze, wie auch die Frau. Und sie spielen damit, kennen und nutzen ihre Macht. Langweilt sie sich, muss sie nur mit dem Ärmchen wackeln und schon wendet man sich ihr zu. Vielleicht, so dachte Josef, verliert sich das im Laufe einer Ehe, wenn man sich satt gehört hat, wenn es einen nicht mehr interessiert, das sie da ist.

      - Einmal das Menü?, fragte das Mädchen.

      - Ja.

      - Fisch oder Fleisch?

      - Was ist das für Fisch?, fragte Josef.

      - Tunfisch aus der Dose.

      - Dann Fleisch. Und nach einer kleinen Pause, oder ist das auch aus der Dose?

      - Nein, nein, sagte das Mädchen lachend, so als wäre das vollständig abwegig.

      - Noch was zu trinken?, fragte sie.

      - Eine Kola.

      Dann lächelte sie, fest die Lippen aufeinander gepresst, sagte Danke und ging hinfort, Josef folgte ihr mit den Augen nach. Die Vorspeise: Eine Suppe, eine Consum?, Rinderbrühe mit Einlage. Knoblauch in ganzen Stücken, der auf der Zunge zerging und sich aufzulösen schien, Mais noch am Kolben in kleine Stücke gehackt, Kartoffeln und Möhren. Sie schmeckte. Das Hauptgericht: Kleine Hackbällchen verlängert mit Reis, dazu Kartoffelstampf und über allem eine würzige Soße aus Tomaten, Zwiebeln, Paprika und Chili. Die Soße über den Stampf gegossen, serviert in einer Schale, über allem noch einmal gut ein Millimeter Öl, in dem alles zu ertrinken drohte, so als wäre die Soße aus einem Glas, einer Dose und nicht selbstgemacht. Dazu einen Salat, sehr saures Dressing, Kürbiskerne und Getreide drüber gestreut, etwas Käse. Es schmeckte. Zum Nachtisch einen heißen Schokoladenpudding, serviert in einem Glas. Sehr heiß, aber lecker, trotz der sich immer wieder bildenden Haut oberhalb des Puddings. Er sei nicht von hier, sagte die Frau mehr als das sie ihn fragte.

      - Ja. Hört man das?

      - Sie lächelte, nickte dabei.

      Das er aus Hamburg sei, sagte er. Hamburg und sie wiederholte den Namen seiner Stadt, so sehnsuchtsvoll wie man das eigentlich nur bei fremden Inseln macht, die weit entfernt liegen, schon beinahe ins Mystische entrückt. Sie blieb bei ihm stehen, wollte wohl noch etwas sagen, schwieg aber und dann als Josef schon glaubte, es käme nichts mehr, sagte sie nur, das er auf sich aufpassen solle und berührte ihn leicht an der Schulter. Ihr Gesicht hatte ein echtes Flehen, eine echte Anteilnahme, dann sank ihre Hand klirrend von seiner Schulter herunter, verzagt ging sie fort, schaute noch mal kurz über ihre Schulter zu ihm zurück, doch er sah das nicht, er aß etwas Suppe. Die Zeit verging schnell in der Hitze des Tages, essend, träumend flogen die Minuten dahin und dann setzte sich der Fahrer auf und ging schnellen Schrittes zum Bus. Josef und die anderen folgten, er schaute sich, bevor er einstieg, noch einmal nach der Frau um, aber sie war nicht da. Das Kassieren hatte der Wirt selbst übernommen. Der Bus fuhr langsam, behäbig auf die Straße zurück um ihr zu folgen. Die kleinen Mädchen fielen in einen tiefen Schlaf und interessierten sich nicht mehr für Josef. Die Nacht brach herein und auch Josef schlief einen leichten, träumenden Schlaf, die vorbei huschenden Lichter noch leicht registrierend. Einmal hielt der Bus kurz in der Einöde, da einer der Reisenden ausstieg. Der Fahrer folgte, gab ihm den Koffer und fuhr dann weiter. Josef hatte das nur leichthin mitbekommen, er dachte kurz daran, hier ebenso auszusteigen und zum Gasthof zurück zu laufen, ihr zu sagen, das sie keine Angst haben müsse, und sie würde dann taumelnd in seine Arme sinken, aber wahrscheinlich träumte er das schon. Fühlte ihre Wärme. Die Nacht war wie der Tag wolkenlos. Dann um Mitternacht hielt der Bus ein weiteres Mal, das Vibrieren der Motoren rückte Josef kurz zurück, er legte sich von der einen Seite auf die andere, er stöhnte. Dann flackerte das Licht im Bus kurz auf, nur um dann umso strahlender alles zu erleuchten. Schlaftrunken sahen die Reisenden auf, aus den Augenwinkeln gegen das grelle Licht an. Ein Soldat war eingetreten, ging durch die Reihen der Sitze. Ausweiskontrolle. Ein zweiter Soldat blieb im Türraum stehen, halb im Bus, halb auf der Treppe, das Gewehr im Anschlag, die Leute, die der andere Soldat im Rücken hatte im Zielsucher.

      - Hamburg, fragte der Soldat, die Daten auf Josefs Ausweis kontrollierend.

      - Josef nickte.

      - Folgen, sagte er.

      - Josef verstand nicht.

      - Aussteigen!

      - Wieso?

      - Aussteigen!

      Weshalb, fragte Josef noch einmal und erhob sich dann doch. Ging den Gang entlang, auf den anderen Soldaten zu. Der erstere in seinem Rücken. Josef sah noch einmal auf die kleinen Mädchen, die verängstigt ihre Köpfe im Körper der Mutter begruben. Weit aufgerissene, angstvolle Kinderaugen, und Josef dachte, verrückt. Mitleidige Blicke überall, nur die fest ins Nirgendwo gerichteten Augen der Soldaten. Der Fahrer hatte den Verschlag bereits geöffnet.

      - Welcher ist ihr Koffer?, fragte einer der Soldaten.

      - Der braune, Josef zeigte auf ihn.

      - Der da?

      - Ja.

      Der Soldat zog mehr als er ihn trug, den Koffer hervor aus dem Verschlag, einfach zu Boden. Hinter Josef im Dunkeln standen noch drei dunkle Gestalten mit Sturmgewehren. Die Nacht war dunkel, nur das Licht des Buses erleuchtete Josef und die anderen. Außerhalb dieses Lichtkreises war alles in Nacht gehüllt. Der Busfahrer schloß den Verschlag, dadurch verschwand noch etwas mehr Licht. Der Busfahrer sagte etwas zu Josef hin, so etwas wie Kopf hoch oder ähnliches. Fahren sie weiter, herrschte einer der Soldaten den Fahrer an.

      - Und ich?, fragte Josef in die Nacht hinein.

      - Keine Antwort.

      Josef sah sich um, sah die Soldaten an, die anders als die bei der letzten Kontrolle nicht einheitlich gekleidet waren. Zwar alle in olivgrüner Tarnfarbe, aber doch jeder anders, nicht zusammen gehörig. Einer der Soldaten in der Nähe zu Josef trug sogar eine amerikanische Uniform (vielleicht Marine, vielleicht Army), der andere eine alte Uniformhose der Nationalen Volksarmee, wie aus der Zeit gefallen. Und während das Licht im Bus wieder erlosch und eines der Mädchen ihm zuwinkte, zum Abschied, der Bus sich zuerst langsam, dann aber immer schneller entfernte, wurde Josef bewusst, die Unruhe hatte ihn erreicht.

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