Friedrich Nietzsche Nietzsche

Jenseits von Gut und Böse: Zur Genealogie der Moral


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      Friedrich Nietzsche Nietzsche

      Jenseits von Gut und Böse: Zur Genealogie der Moral

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      Inhaltsverzeichnis

       Titel

       Jenseits von gut und böse

       Vorrede.

       Erstes Hauptstück: Von den Vorurtheilen der Philosophen.

       Zweites Hauptstück: Der freie Geist.

       Drittes Hauptstück: Das religiöse Wesen.

       Viertes Hauptstück: Sprüche und Zwischenspiele.

       Fünftes Hauptstück: Zur Naturgeschichte der Moral.

       Sechstes Hauptstück: Wir Gelehrten.

       Siebentes Hauptstück: Unsere Tugenden.

       Achtes Hauptstück: Völker und Vaterländer.

       Neuntes Hauptstück: was ist vornehm?

       Aus hohen Bergen. Nachgesang.

       Vorrede.

       Erste Abhandlung: »Gut und Böse«, »Gut und Schlecht«.

       Zweite Abhandlung: »Schuld«, »schlechtes Gewissen« und Verwandtes.

       Dritte Abhandlung: was bedeuten asketische Ideale?

      Zur Genealogie der Moral

       Impressum neobooks

      Jenseits von gut und böse

      Friedrich Nietzsche

      Jenseits von

      Gut und Böse

      Zur Genealogie der Moral

      Impressum:

      Titel: Jenseits von Gut und Böse: Zur Genealogie der Moral

      Autor: Friedrich Nietzsche

      Verlag: Pretorian Books, Ulitsa Hristo Samsarov 9, 9000, Varna

      Erscheinungsdatum: 24.10.2019

      Vorrede.

      Vorausgesetzt, dass die Wahrheit ein Weib ist –, wie? ist der Verdacht nicht gegründet, dass alle Philosophen, sofern sie Dogmatiker waren, sich schlecht auf Weiber verstanden? dass der schauerliche Ernst, die linkische Zudringlichkeit, mit der sie bisher auf die Wahrheit zuzugehen pflegten, ungeschickte und unschickliche Mittel waren, um gerade ein Frauenzimmer für sich einzunehmen? Gewiss ist, dass sie sich nicht hat einnehmen lassen: – und jede Art Dogmatik steht heute mit betrübter und muthloser Haltung da. Wenn sie überhaupt noch steht! Denn es giebt Spötter, welche behaupten, sie sei gefallen, alle Dogmatik liege zu Boden, mehr noch, alle Dogmatik liege in den letzten Zügen. Ernstlich geredet, es giebt gute Gründe zu der Hoffnung, dass alles Dogmatisiren in der Philosophie, so feierlich, so end- und letztgültig es sich auch gebärdet hat, doch nur eine edle Kinderei und Anfängerei gewesen sein möge; und die Zeit ist vielleicht sehr nahe, wo man wieder und wieder begreifen wird, was eigentlich schon ausgereicht hat, um den Grundstein zu solchen erhabenen und unbedingten Philosophen-Bauwerken abzugeben, welche die Dogmatiker bisher aufbauten, – irgend ein Volks-Aberglaube aus unvordenklicher Zeit (wie der Seelen-Aberglaube, der als Subjekt- und Ich-Aberglaube auch heute noch nicht aufgehört hat, Unfug zu stiften), irgend ein Wortspiel vielleicht, eine Verführung von Seiten der Grammatik her oder eine verwegene Verallgemeinerung von sehr engen, sehr persönlichen, sehr menschlich-allzumenschlichen Thatsachen. Die Philosophie der Dogmatiker war hoffentlich nur ein Versprechen über Jahrtausende hinweg: wie es in noch früherer Zeit die Astrologie war, für deren Dienst vielleicht mehr Arbeit, Geld, Scharfsinn, Geduld aufgewendet worden ist, als bisher für irgend eine wirkliche Wissenschaft: – man verdankt ihr und ihren »überirdischen« Ansprüchen in Asien und Ägypten den grossen Stil der Baukunst. Es scheint, dass alle grossen Dinge, um der Menschheit sich mit ewigen Forderungen in das Herz einzuschreiben, erst als ungeheure und furchteinflössende Fratzen über die Erde hinwandeln müssen: eine solche Fratze war die dogmatische Philosophie, zum Beispiel die Vedanta-Lehre in Asien, der Platonismus in Europa. Seien wir nicht undankbar gegen sie, so gewiss es auch zugestanden werden muss, dass der schlimmste, langwierigste und gefährlichste aller Irrthümer bisher ein Dogmatiker-Irrthum gewesen ist, nämlich Plato's Erfindung vom reinen Geiste und vom Guten an sich. Aber nunmehr, wo er überwunden ist, wo Europa von diesem Alpdrucke aufathmet und zum Mindesten eines gesunderen – Schlafs geniessen darf, sind wir, deren Aufgabe das Wachsein selbst ist, die Erben von all der Kraft, welche der Kampf gegen diesen Irrthum grossgezüchtet hat. Es hiess allerdings die Wahrheit auf den Kopf stellen und das Perspektivische, die Grundbedingung alles Lebens, selber verleugnen, so vom Geiste und vom Guten zu reden, wie Plato gethan hat; ja man darf, als Arzt, fragen: »woher eine solche Krankheit am schönsten Gewächse des Alterthums, an Plato? hat ihn doch der böse Sokrates verdorben? wäre Sokrates doch der Verderber der Jugend gewesen? und hätte seinen Schlierling verdient?« – Aber der Kampf gegen Plato, oder, um es verständlicher und für's »Volk« zu sagen, der Kampf gegen den christlich-kirchlichen Druck von Jahrtausenden – denn Christenthum ist Platonismus für's »Volk« – hat in Europa eine prachtvolle Spannung des Geistes geschaffen, wie sie auf Erden noch nicht da war: mit einem so gespannten Bogen kann man nunmehr nach den fernsten Zielen schiessen. Freilich, der europäische Mensch empfindet diese Spannung als Nothstand; und es ist schon zwei Mal im grossen Stile versucht worden, den Bogen abzuspannen, einmal durch den Jesuitismus, zum zweiten Mal durch die demokratische Aufklärung: – als welche mit Hülfe der Pressfreiheit und des Zeitunglesens es in der That erreichen dürfte, dass der Geist sich selbst nicht mehr so leicht als »Noth« empfindet! (Die Deutschen haben das Pulver erfunden – alle Achtung! aber sie haben es wieder quitt gemacht – sie erfanden die Presse.) Aber wir, die wir weder Jesuiten, noch Demokraten, noch selbst Deutsche genug sind, wir guten Europäer und freien, sehr freien Geister – wir haben sie noch, die ganze Noth des Geistes und die ganze Spannung seines Bogens! Und vielleicht auch den Pfeil, die Aufgabe, wer weiss? das Ziel...

      Sils-Maria,

      Oberengadin im Juni 1885.

      Erstes Hauptstück: Von den Vorurtheilen der Philosophen.

      1. Der Wille zur Wahrheit, der uns noch zu manchem Wagnisse verführen wird, jene berühmte Wahrhaftigkeit, von der alle Philosophen bisher