Bianca Wörter

Wandlerin zwischen den Welten


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sehr viel Spaß miteinander."

      Ich lehnte mich an Ralfs Schulter an und starrte in den Himmel, bewunderte die vielen Sterne und fand es schade, dass ich nicht rätseln konnte, auf welchem Stern Yan und David verschwunden waren, da sie sich in einer Parallelwelt befanden und mir schon erklärt hatten, dass ich am Himmel vergeblich nach der "Traumwelt" suchen würde. Vielleicht befanden sie sich in der anderen Dimension direkt auf der Erde, standen womöglich auf dem gleichen Platz wie Ralf und ich!

      Ich seufzte: "Weißt du, Ralf, was an diesem Erlebnis hier am Schönsten ist?"

      Ich machte eine kurze Pause, weil ich den Tränen nahe war: "Ich habe immer fest daran geglaubt, dass ich, wenn ich träume, in einer anderen Welt bin, dass ich dort lebe, dass es diese Welt wirklich gibt! Kannst du dir vorstellen, was es für mich bedeutet, dass dies die Wahrheit ist?"

      Ich verstummte und eine kleine Träne rollte mir über die Wange.

      Ralf küsste mich auf die Stirn: "Ich hab es immer geahnt, dass du eine wundervolle Frau bist. Nun weiß ich auch, was dich so besonders macht, auch für unsere Freunde aus der anderen Welt: Du hast Fantasie, hörst auf dein Herz und hast einen starken Willen."

      Ich erwiderte nichts. Die Liebe und Erotik, die in diesen Momenten zwischen uns knisterte, war so stark, dass ich meinte, ich müsste nur meine Hand ausstrecken und würde sie fassen können. Ich reagierte nicht darauf, denn ich wollte das Prickeln noch ein wenig aufrecht erhalten.

      "Ich bin müde", flüsterte ich nach geraumer Zeit, die wir nebeneinander gesessen hatten.

      "Findest du den Weg ins Gästezimmer?"

      Ich nickte. Nachdem ich mich ausgezogen und unter die Laken gelegt hatte, verschränkte ich meine Arme hinter dem Kopf und starrte zur Decke. Es war sehr dunkel, aber nach einiger Zeit konnte ich einige Konturen des Zimmers ausmachen. Ich seufzte und schloss die Augen. Ich dachte nach, über die Erlebnisse, die sich an diesem Abend überschlagen hatten. Über die Gewinne und Verluste, die ich an diesem Abend erfahren hatte. Mein Kopf schrie innerlich auf, wollte nicht mehr mit diesen Verwirrungen geplagt werden. Ich wollte schlafen und erst am folgenden Tag darüber nachdenken, aber mein armer, geplagter Kopf mit den niemals müde werdenden Gedanken gestattete mir dies nicht. Ich wurde nur einmal abgelenkt, als ich Ralf ins obere Stockwerk gehen hörte. Dann dachte ich wieder nach und dachte und dachte...

      Ich musste eingedöst gewesen sein, war aber sofort wieder hellwach, als ich ein Geräusch an der Tür hörte. Ich drehte unmerklich den Kopf zur Seite und schielte durch einen kleinen Spalt meiner Lider hervor. Ich sah gerade noch rechtzeitig, wie eine große Gestalt durch die Tür huschte und sie hinter sich, ganz leise, wieder schloss. Ralf? Yan? David? Es war Ralf, stellte ich nach kurzem Blick fest. Ich war gespannt, was er vorhatte und stellte mich schlafend. Ich spürte, wie er sich neben mich auf das Bett legte. Dann fühlte ich seine Lippen auf meinen und erwiderte seinen Kuss.

      "Du hast dich schlafend gestellt!", beschwerte er sich scherzhaft.

      Ich öffnete die Augen und grinste, wurde aber sofort wieder ernst, als ich erkannte, dass er ganz nackt war. Er küsste mich weiter und sein Atem ging schneller. Sein Körper war ganz an meinen gedrückt und ich nahm seine Wärme wahr. Er streichelte meinen Bauch, meine Brüste und obwohl ich seine Nähe herbei gesehnt hatte, so konnte ich mich nicht entspannen. Ich fühlte wieder diesen Knoten in meinem Bauch, der ‘Aufhören!‘ rief. Dieser Knoten steigerte sich zu einem rasenden Schmerz, begleitet von einem hämmernden Puls, dass ich Ralf entsetzt von mir wegdrückte.

      Das Schweigen, das danach zwischen uns herrschte, war unangenehm. Ich richtete mich halb im Bett auf und atmete tief durch. Der Schmerz hatte in dem Moment nachgelassen, als Ralfs Körper meinen nicht mehr berührte, doch das beklemmende Gefühl im Magen war noch nicht ganz verschwunden, eben sowenig, wie sich mein Puls beruhigen wollte.

      Ich setzte zu einer Erklärung an, obwohl ich noch gar nicht wusste, was ich ihm überhaupt sagen sollte, aber er kam mir zuvor: "Entschuldige. Ich wollte dich nicht bedrängen."

      Ich strich ihm mit meiner Hand über die nackte Schulter und spürte, wie gut er sich anfühlte. Wieso wollte mein Körper nicht, dass mir dieser Mann näher kam?

      Ich zuckte mit den Schultern: "Es geht mir zu schnell."

      Mehr wollte, konnte ich in diesem Moment nicht sagen.

      Ralf küsste mich keusch auf die Stirn: "Es ist völlig in Ordnung."

      Er sagte leise: "Gute Nacht", und schloss die Tür von außen.

      Plötzlich fiel eine Zentnerlast von meinem Bauch. Ich hatte keinen Knoten, kein ungutes Gefühl mehr in mir. Es ging so schnell, wie Ralf von mir gegangen war. Ich legte mich nachdenklich hin und grübelte. Mein Unterbewusstsein hinderte mich daran, mit Ralf zu schlafen.

      Wieso?

      Aber ich konnte diesen Umstand nicht mehr ignorieren, denn in dieser Nacht waren die Warnzeichen so stark gewesen, dass ich vor Schmerzen beinahe geschrien hätte. Das konnte ich nicht mehr ignorieren!

      Mein Puls beruhigte sich langsam. Schlagartig kehrte die Müdigkeit zurück und ich sank in unruhigen Schlaf, kaum, dass ich die Augen geschlossen hatte

      13. Verwirrung

      Bis zum Mittag schlummerte ich, wankte nach dem Aufwachen schlaftrunken ins Wohnzimmer, Ralf saß bei einem Kaffee, schenkte mir auch einen ein und genoss den bitteren Geschmack in meinem Mund. Ralf fing an zu plaudern, was er in seinem letzten Urlaub gemacht hatte. Ich hörte nur mit halben Ohr hin und trank noch eine zweite Tasse Kaffee, bis ich vorsichtig fragte, ob er nicht auch Hunger hätte. Wir hielten uns gar nicht erst mit dem Frühstück auf, sondern wärmten uns die Spaghetti vom Vorabend auf.

      "Ich werde Yan und David vermissen. Sollen wir sie besuchen?"

      Ralfs volle Gabel fiel ihm aus der Hand klirrend in den Teller. So verwirrt hatte ich ihn noch nie gesehen.

      Er fragte nur: "Wie?"

      Ich lächelte irritiert, wieso war er so verstört?

      "Na, die beiden haben doch gesagt, dass jetzt ein Tunnel von unserer in ihre Welt geöffnet ist. Dann müsste doch auch ich in ihre Welt kommen!"

      Ralf sah nachdenklich aus: "Und die Gefahren?"

      Darüber hatte ich mir auch schon Gedanken gemacht: "Wenn wir nur ein paar Mal hinüber gehen, wird wahrscheinlich gar nichts geschehen."

      Ralf blieb skeptisch: "Was ist mit der Theorie, dass der Tunnel schon zu groß ist? Dann würden wir schon bei unserem ersten Durchgang verletzlich sein und ich hab keine Ahnung, was für Gefahren uns auf der anderen Welt erwarten! Selbst, wenn diese Theorie nicht stimmt, ab dem wievielten Besuch meinst du ist die Grenze zur Gefahr erreicht?"

      "Das weiß ich nicht. Aber bei einem Besuch wird uns wohl nichts geschehen, sonst müsste es in der Menschheitsgeschichte viele 'Traum-Geschädigte' geben."

      Ralf widersprach mir: "Wenn das gerade die sind, die in der Psychiatrie leben, von einer anderen Welt reden, denen nicht geglaubt wird und die deswegen als verrückt gelten?"

      Ich dachte nach. Das war ein Argument. Aber mein Interesse war geweckt, ich war neugierig. Der Gedanke würde mich nie wieder loslassen, ehe ich nicht den Versuch unternommen hatte.

      Ralf blickte ernst, ich auch: "Ich glaube, ich könnte es gar nicht mehr aufhalten von den beiden zu träumen - ich bin Feuer und Flamme dafür!"

      "...und führe mich nicht in Versuchung!", zitierte Ralf.

      "Das ist schon geschehen. Ich will der Versuchung gar nicht mehr widerstehen, warum auch? Was sollte mich jetzt noch aufhalten?"

      "Das kann ich verstehen. Aber ich hab es noch nie geschafft."

      Ich schob mir gerade eine Gabel voll Spaghetti in den Mund, hätte sie nach Ralfs Satz aber fast wieder ausgespuckt.

      "Echt?", nuschelte ich.

      "Ja. Ich hatte es schon versucht. Aber da ich es nie geschafft