Zeitungsjournalisten da, sondern ebenfalls zwei Kamerateams. Diese sind in der Regel noch penetranter als die Kollegen von der schreibenden Zunft.
Nach einem Blitzlichtgewitter und dem Blenden durch die Kameralampen, die man locker als Flutlicht beim nächsten Clubspiel hätte verwenden können, fing ich mit meinem Statement an.
„Guten Tag meine Damen und Herren. Für die, die mich noch nicht kennen, ich bin Hauptkommissar Bosch von der Polizeipressestelle. Heute um 9.30 Uhr wurde eine leblose Person hier am Heroldsberger Weg aufgefunden. Da wir von einem Tötungsdelikt ausgehen müssen, übernimmt die Mordkommission die Ermittlungen.
Zur Todesursache möchte ich zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Angaben machen. Hier müssen wir die Obduktion dazu abwarten.
Wie Sie hinter mir sehen können, ist die Spurensicherung noch nicht abgeschlossen, und die Befragung möglicher Zeugen läuft ebenfalls noch. Aus diesem Grund, möchte ich Sie bitten, die Kollegen nicht zu behindern und sich bitte bis morgen zu gedulden. Ich bin sicher, wir können Ihnen bis dahin dann mehr Informationen zur vorliegenden Tat geben. Bitte haben Sie hierfür Verständnis.“
beendete ich meinen kleinen Vortrag.
Natürlich wollten sich die Journalisten mit dieser, zugegebenen spärlichen, Auskunft nicht zufriedengeben, aber viel mehr wussten wir ja selber noch nicht. Auch machte es keinen Sinn irgendwas von sich zu geben, ohne es durch Fakten belegen zu können.
Und erfahrungsgemäß ist es nie verkehrt, bei Pressemitteilungen immer etwas zögerlich mit Infos zu sein. Mehr erzählen kann man später immer noch.
Es gab kurz nochmal ein kleines Gerangel von Seiten der Kameraleute und den Fotografen, als die Leiche abtransportiert wurde, denn jeder wollte entweder ein Bild schießen, oder eben einen kleinen Ausschnitt für die Nachrichten filmen. Aber als der Leichenwagen abfuhr, beruhigte sich die Szene gleich wieder und löste sich auch nach und nach auf.
Nachdem ich mich den zahlreichen Fragen zwar stellte, aber nichts Wesentliches hinzufügte, gab die Meute auch irgendwann nach. Ich versprach für morgen um 10 Uhr eine Pressekonferenz bei uns im Präsidium zu geben, und machte mich dann wieder auf den Weg ins Büro.
Natürlich hatten wir bis morgen jetzt alle Hände voll zu tun. Nicht nur, dass ich meine Chefin Frau Wachter und unseren neuen Polizeipräsidenten, Herrn Baumgärtner, unterrichten musste, ich musste mich auch nochmal mit Andreas über die Herausgabe von Informationen unterhalten. Was mussten wir mitteilen, was konnten wir mitteilen und was sollten wir auf gar keinen Fall preisgeben. Das war bei jedem Fall immer ein schmaler Grat zwischen transparenter Informationspolitik und Ermittlungstaktischer Zurückhaltung von Fakten. Während eine Ermittlung noch läuft, oder gerade erst begonnen hat, kann man nicht immer alle Karten gleich auf den Tisch legen.
Jedenfalls wurde ich schon im Büro von Frau Wachter erwartet und gab ihr einen kurzen Lagebericht. Gemeinsam gingen wir dann zu unserem obersten Chef, Polizeipräsident Baumgärtner und erklärten das Geschehen.
„Guten Tag Frau Wachter, Herr Bosch. Bitte nehmen Sie doch Platz. Herr Bosch, Sie waren ja eben am Tatort. Was genau wissen wir denn bis jetzt? „
begann der Polizeipräsident.
„Nun ja, viel wissen wir noch nicht. Heute um 9:30 Uhr ging ein Notruf ein. Hier wurde der Zentrale mitgeteilt, dass am Heroldsberger Weg eine leblose Person liegt. Die Mitteilerin war eine Nachbarin der Toten, eine Frau Bachmüller. Diese fand die Leiche in der offenen Eingangstür liegend im Haus der Toten. Es handelt sich um eine Frau Hannelore Lorentzer, 58 Jahre alt und eben wohnhaft am Heroldsberger Weg. Laut der ersten Untersuchung des Rechtsmediziners wurde Frau Lorentzer erstochen. Dies wollte ich jedoch der Presse zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht mitteilen. Hier warte ich erst noch den Obduktionsbericht ab, der uns bis morgen früh vorliegt. Obwohl der Bericht dies wahrscheinlich bestätigen wird. Es war offensichtlich ein Stich ins Herz, bei dem der Tod sofort eintrat. Die Spurensicherung ist noch vor Ort, und mögliche Zeugen und Nachbarn werden zurzeit befragt.
Offensichtlich handelte es sich nicht um einen missglückten Raubüberfall oder um eine Beziehungstat. Zum einen wurde Frau Lorentzer an ihrer Haustür erstochen, und zum anderen betrat wahrscheinlich der Täter das Haus nicht.
Zumindest wurde auf den ersten Blick nichts gestohlen, und die Spurensicherung fand bis jetzt auch keine Hinweise darauf, dass sich jemand, außer Frau Lorentzer selbst, im Haus befand.
Nach der ersten Einschätzung muss die Frau beim öffnen der Haustür sofort erstochen worden sein. Es gibt keinerlei Kampf,- oder Abwehrspuren. Frau Lorentzer wurde augenscheinlich von ihrem Mörder überrascht. Die einzige Ungereimtheit bei der Leiche sind ein paar Blütenblätter, die auf ihrer Kleidung zu finden waren. Das würde zwar auf eine Beziehungstat hindeuten, aber nach den ersten Aussagen von Nachbarn lebte sie allein und sehr zurückgezogen. Eine genauere Einschätzung dazu kann uns vielleicht schon morgen der Kollege Köster geben. Hier werden alle Personen des Umfeldes von Frau Lorentzer noch befragt. Also, Nachbarn, Arbeitskollegen, etwaige Verwandten etc. „
damit beendete ich meinen Vortrag erstmal.
Unser Polizeipräsident sah mich eindringlich an und ich sah förmlich, wie es in seinem Kopf arbeitete.
„Vielen Dank Herr Bosch. Ich hoffe, genau wie Sie, dass wir morgen schon mehr Erkenntnisse haben werden. Jedenfalls war es richtig von Ihnen, noch nicht alle Informationen weiterzugeben. Auch bei der morgigen Pressekonferenz werden wir uns ebenfalls noch etwas bedeckt halten.“
kam als Antwort von Herrn Baumgärtner.
Unser Polizeipräsident war erst seit vier Wochen im Amt, sodass wir uns alle noch kein richtiges Bild von ihm machen konnten. Er war für Anfang 50, etwas kleiner als ich mit schmaler Figur, dafür aber mit wachen Augen. Während man mit ihm sprach, hatte man das Gefühl, als würde er einen analysieren.
Konnte aber auch nur Einbildung sein.
Jedenfalls waren Frau Wachter und ich schon gespannt darauf, wie er sich als Polizeipräsident bei seinem ersten Mordfall verhält. Ich würde es ja morgen auf der Pressekonferenz erleben.
Mit diesen Worten war die kleine Sitzung beendet, und ich ging mit Frau Wachter wieder zu unserer Abteilung zurück. Meine Chefin ging in ihr Büro und ich in meines, dass gleich daneben lag.
Ich musste noch mit Andreas telefonieren, um zum einen den Stand der Dinge zu erfragen, und zum anderen mit ihm abzusprechen, welche Strategie er verfolgte.
Aufgrund seiner Einschätzung war es eben wichtig, Informationen preis zu geben oder lieber nicht.
Zwar war es nicht anzunehmen, dass er schon einen Verdächtigen hatte, aber auch so sollten manche Details vielleicht besser unter Verschluss bleiben.
Allein die Sache mit den Blütenblättern gab schon zu denken.
Hatte der Täter vielleicht doch Blumen dabei?
Wenn dies so wäre, dann spräche das wohl doch für eine Beziehungstat. Aber es hatte keinen Sinn, hier zu spekulieren. Außerdem war das nicht mein Job.
Ich musste nur koordinieren, der Mordkommission den Rücken freihalten und ganz nebenbei uns alle gut dastehen lassen. Machte ich doch alles mit links.
Nachdem ich mit Andreas telefoniert hatte, wusste ich auch schon die ersten Ergebnisse der Spurensicherung. Hier war es sehr seltsam, dass auf einigen der Blütenblätter Blut vom Opfer gefunden wurde. Auf der einen oder anderen Blüte wäre das noch erklärbar gewesen.
Der Täter hätte Blumen in der Hand halten können, es kam aber statt zur Versöhnung zum Streit, der Täter dreht durch und sticht zu.
Nicht schön, aber plausibel.
Aber es wurden auch Blumenstengel gefunden, eben eingetaucht im Blut. Und jetzt wird es seltsam. Wenn ein Blumenstengel so voll mit Blut ist, dann ist das Blut nicht nur darauf getropft.
So wie es sich für die Spurensicherung darstellt, wurde ein Blumenstrauß auf die Stichwunde gedrückt. Aber wieso sollte