genervt, blickt sie zu Laura zurück und sieht, dass ihre Schülerin wie ein Wiederkäuer auf einem Kaugummi herumkaut. Sie dreht sich zu ihr um, bleibt neben ihr stehen und schaut sie von oben herab an.
»Was denn??«, keift Laura gereizt. Neve hält ihr lediglich ihre flache Hand vor den Mund.
»Kaugummi«, faucht sie eiskalt.
Als wenn sie so etwas nicht alleine entscheiden könnte, dreht sich Laura fragend zu Sam um. Etwas überfordert beobachtet Neve diese Handlung, bis Sam eine Kopfbewegung auf die offene Hand macht.
»Na los, mach schon.« Laura öffnet ihren Mund, schiebt den Kaugummi heraus und lässt ihn auf die Hand der Lehrerin fallen. Angeekelt schaut Neve das zermatschte Etwas an. Ehe Laura reagieren kann, holt sie mit der Hand aus und knallt den Kaugummi auf ihr offenes Mathematikbuch. Sofort schießt Laura wütend in ihrem Stuhl hoch.
»Ey!!«, brüllt sie wütend. Bevor Laura aber richtig warm werden kann, hört Neve einen zweiten Kaugummi platzen. Gereizt, weil sie weiß von wo der Knall kam, geht sie zu Sam zurück. Provokant grinsend schmatzt sie auf einem Kaugummi herum. Neve hält auch ihr die flache Hand vor den Mund. Anstatt den Kaugummi einfach aus dem Mund fallenzulassen, beugt sich Sam über die Hand, nimmt sie vorsichtig in ihre eigene und nähert sich mit den Lippen der Innenseite. Erst jetzt lässt sie den Kaugummi aus dem Mund fallen. Sie lehnt sich in den Stuhl zurück und lacht ihre Lehrerin neckisch an.
»Bitteschön Ms. Stewart.« In dem Moment in dem Neve den Kaugummi auf Sams offenes Buch schlagen will, zieht sie es weg.
»Sie sind zu langsam«, lacht die Schülerin. Neve geht mit dem Kaugummi in der Hand um Sams Platz herum und knallt ihn im vorbeigehen auf Lauras Buch. Die Schülerin konnte das Buch bis zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht einmal von ihrem eigenen Kaugummi befreien.
»Ey!!«, brüllt sie erneut.Als sie vom Platz aufspringen will, drückt Sam von hinten einen Fuß gegen den Stuhl und hindert sie somit am Aufstehen.
»Bleib sitzen Laura, ganz ruhig!« Blitzschnell dreht sich Laura zu ihr um.
»Die tickt doch nicht mehr ganz richtig. Die hat echt eine Schraube locker. Sam, sie hat mein Buch ruiniert«, schimpft sie lautstark.
»Na und? Lass sie doch, sie weiß eben nicht mit wem sie es zu tun hat.« Laura dreht sich wieder nach vorne und beobachtet ihre Lehrerin, wie die in ihrer Handtasche nach einem Taschentuch greift. Sichtlich angewidertvon den Kaugummiresten, wischt sie sich die Handfläche ab.
»Für meinen Geschmack hat sie etwas zu viel Mut.« Wie ein beleidigtes Kleinkind, rutscht sie wütend in ihren Stuhl und schleudert das mit Kaugummi verklebte Buch mit einer kurzen Handbewegung vom Tisch.
»Sollte jemand diese Klasse noch einmal mit einem Kaugummi im Mund betreten, solange ich hier unterrichte, der kann sich darauf einstellen, sich ein neues Mathematikbuch kaufen zu müssen«, warnt sie alle anderen Schüler. Laura schaut sie hingegen ernst an.
»Und von ihnen erwarte ich, dass sie morgen mit einem neuen Buch hier sitzen!«
»Sie können mich mal am A….!«. Sofort bricht Laura den Satz ab, als sich Sam nach vorne beugt und ihr gegen den Kopf schlägt. Sie dreht sich zu ihr um, schaut sie wütend und zugleich fragend an, wendet sich dann aber wieder nach vorne.
»Die soll bloß aufpassen was sie macht«, faucht sie. Wütend verschränkt sie die Arme vor der Brust.
Erst jetzt beginnt Neve mit dem eigentlichen Unterricht. Schon nach einigen Minuten schreibt sie mehrere Rechenaufgaben an die Tafel. Fragend blickt sie durch die Klasse. Jeder Schüler weiß, dass sie jemanden sucht der sich dort vorne vor allen anderen blamiert.
Als sich keiner freiwillig meldet, geht sie durch die ganze Klasse, bleibt neben Sam stehen und hält ihr die Kreide entgegen.
»Da sie so tolle Sprüche auf Lager haben, wie sie mittlerweile unter Beweis gestellt haben, können sie mir jetzt zeigen ob sie Mathematik genauso gut beherrschen.«
»Für sie tue ich doch alles«, grinst Sam frech und nimmt ihrer Lehrerin die Kreide aus der Hand. Sie schaut ihr dabei direkt in die Augen und legt ihre Finger auffallend provokant um Neves Hand.
Während sie scheinbar problemlos alle Aufgaben löst, beobachtet Neve die anderen Schüler, die sichtlich erleichtert sind, dass nicht sie vorne an der Tafel stehen.
»Fertig Ms. Stewart«, trällert Sam ironisch, begibt sich zum Platz zurück und hält Neve die Kreide entgegen. Als sie danach greifen will, zieht Sam die Kreide weg. Der erste Griff geht ins Leere. Die Schülerin streckt ihrer Lehrerin erneut das weiße Stück entgegen. Wieder greift Neve ins Leere, weil Sam mit einem kaum zumutbaren frechen Grinsen, die Kreide wieder wegzieht. Gleich darauf bietet sie ihrer Lehrerin diese zum dritten Mal an.
»Sie sind einfach zu langsam.«, lacht sie.
Bewusst geht Neve ein Schritt auf ihre Schülerin zu. Fast Angesicht zu Angesicht stehen sie sich gegenüber.
»Wenn sie mich verarschen wollen, müssen sie schon etwas früher aufstehen«, kontert sie im ruhigen Ton. Sie zeigt mit dem Zeigefinger ihrer geschlossenen Hand auf die von Sam, in der sich die Kreide befindet. Sam öffnet sie und starrt im wahrsten Sinne des Wortes ins Leere. Da, wo sich bis eben noch die Kreide befand, ist mittlerweile gähnende Leere. Sie schaut ihre Lehrerin mit einem überraschten Blick verwirrt an. Im selben Moment wandert das vermisste Stück Kreide langsam aus Neves Hand.
»Ich glaube, sie sind die langsamere von uns beiden.« Zuerst grinst Neve ihre Schülerin mit einem ironisch triumphierenden Lachen an, wird dann aber schlagartig ernst, geht an ihr vorbei zur Tafel und kreist das von ihr aufgeschriebene Ergebnis ein. Schweigend wird sie von der Klasse beobachtet.
»Ich bin erstaunt, dass sie die Aufgaben so schnell gelöst haben. Aber das Ergebnis…,«. Sie tippt mit der Kreide auf die Zahlen des Ergebnisses.
»ist leider vollkommen falsch.« Ein kurzes Lachen ertönt in der Klasse, von dem sich Sam allerdings keineswegs verunsichern lässt. Entspannt setzt sie sich auf ihren Stuhl.
»Anstatt hier ein Minus einzusetzen, hätten sie… .«.
»Hätte ich ein Plus einsetzen müssen, ich weiß«, unterbricht Sam ihre Lehrerin, die sie daraufhin erstaunt und zugleich fragend ansieht.
»Wenn sie das richtige Ergebnis wissen, warum haben sie es dann nicht an die Tafel geschrieben?«
»Weil ich sehen wollte ob es ihnen auffällt«, lacht Sam. Sofort bricht die ganze Klasse wieder in dieses hundeähnliche Gebell und das Klopfkonzert aus. Erneut schlägt Sam auf die von Laura nach hinten gereichte Hand ein. Gleich darauf führt sie zwei Finger an ihre Lippen und beginnt laut zu pfeifen, wobei sie Neve keine Sekunde aus den Augen lässt. Sie schaut Sam mit einem erbosten Blick an, bis ihre Schülerin ihr plötzlich mit einem, für heute das erste Mal, netten Lächeln zu zwinkert.
Kurz vor Stundenende wirft Neve einen Blick in die hinterste Reihe zu Sam. Gelangweilt und verträumt schaut die Schülerin aus dem Fenster. Ihr Daumen drückt ununterbrochen auf einem Kugelschreiber herum, was sich in einem leisen Klicken wiedergibt.
»Ms Rodriguez, sie sehen so verträumt aus, dass sie bestimmt Lust haben, die Klasse an ihrem Traum teilhaben zu lassen?«, reißt sie Sam aus den Gedanken, die daraufhin frech grinst und sich aufrecht hinsetzt.
»Aber gerne doch, Ms. Stewart. Ich habe gerade davon geträumt, dass ich mich in der Nähe von Griechenland auf der Insel Lesbos befinde, falls sie dieses kleine Fleckchen Erde kennen…«
»Der Name dieser Insel ist mir ein Begriff«, unterbricht Neve ihre Schülerin. Sie weiß plötzlich, dass es keine gute Idee war sie auf ihren Traum anzusprechen.
»Also…,«, fährt Sam fort.
»wie gesagt. Ich bin also auf dieser Insel und verführe gerade eine wunderschöne Frau, die ihnen übrigens sehr ähnlich sieht und…«.
»Raus!«, unterbricht Neve ihre Schülerin mit einem scharfen Ton und zeigt auf die Klassentür. Als Sam sich nicht bewegt, wird sie lauter.