eine Idee, was wir heute unternehmen...“
"Ich möchte jetzt ein paar Runden joggen!", fiel sie ihm schroff ins Wort. "Кannst ja mitkommen, wenn du willst!“
"Warum bist du in letzter Zeit so zickig? Ich würde zu gerne wissen, was mit dir los ist!“
"Nichts!", fauchte Melli. Sie spürte wie seine rechte Hand ihren vermeintlich viel zu dicken Hintern streichelte.
"Lass das!" Sie drehte sich zum und ließ ihn nicht aus den Augen. Ihre Frage klang wie ein Verhör: "Schau mich an: Hab' ich wieder zugenommen?“
Irritiert sah er sie an. "Was? Zugenommen? Ja wo denn? Hinter dem Ohrläppchen vielleicht oder unter dem großen Fußnagel?“
"Du lügst mich an, nur um mir nicht weh zu tun!“
"So ein Bullshit! Wo hast du denn zugenommen?“ Jan verdrehte genervt die Augen.
Melli ließ nicht locker. Sie drehte sich im Kreis und ihre Frage erinnerte an ein Verhör: "Findest du mich zu dick?“
"Zum Teufel noch mal: Nein!" Genervt fuhr sich Jan durchs Haar. "Immer das gleiche Thema. Melli, du hast eine verdammt gute Figur! Abgesehen davon: Ich mag Frauen, an denen etwas dran ist, viel lieber als diese frürchterlich dürren Klappergestelle!“
"Jetzt hast du dich verraten. Ich hab's ja immer gewusst! Du findest mich zu fett!“ Eingeschnappt drehte sie sich um und verließ Türe knallend die Wohnung.
Ich gehe...
Nach zehn schweißtreibenden Runden durch den Park und mit ungefähr zwanzig Gramm weniger auf den Rippen fand sie Jan am Frühstückstisch sitzend, der genüßlich in ein mit Schinken belegtes Brötchen biß. Melli spürte, wie ihr das Wasser im Mund zusammen lief. Schnurstracks eilte sie unter die Dusche und ließ einen eiskalten, angeblich Fett verzehrenden Guss über ihren Körper laufen. Nächste Woche bin ich ganz bestimmt drei Kilo leichter, spornte sie sich selbst an.
"Was machen wir heute Nachmittag?", hörte sie Jan aus der Küche rufen.
"Ich gehe Squash spielen. Kommst du mit?", übertönte sie das Geplätscher ihrer Dusche.
"Nö, dazu habe ich keine Lust!", antwortet Jan.
Rasch trocknete sich Melli ab, schlüpfte in ihre weiten, bequemen Sachen und band sich einen Pulli um die Hüpften. Kritisch betrachtete sie sich im Spiegel. Fürs erste waren ihre Problemzonen perfekt kaschiert!
Am Nachmittag drosch Melli auf den Squashball ein, dass die Wände zitterten. Zwei Stunden schlug sie drauflos, rannte vor, wieder zurück, nach rechts und erneut wieder nach links. Mit hochrotem Kopf und einigen Fettzellen weniger, genehmigte sie sich nach diesem erfolgreichen Kalorienabbau einen ungezuckerten Zitronensprudel, bevor sie nach Hause fuhr.
"Gehen wir heute Abend zum Italiener?“
Jan legte seine Arme um Mellis Taille und zog sie zu sich aufs Bett. Sie zuckte zusammen und rollte sich sich weg. Aber Jan gab nicht auf, er drehte sich zu ihr und küsste zärtlich ihren Hals.
"Bitte, nicht jetzt!“ Verschmäht senkte sie ihren Blick.
"Melli, nun sag' schon, was mit dir los ist!“
"Nichts! Ich bin auf Null-Diät und daher kann ich nicht mit dir zum Italiener essen gehen.“
Jan sprang vom Bett auf und sah sie fassungslos an. "Du spinnst doch. Du hast eine ganz tolle Figur! Willst du zu einem abgenagten Knochen mutieren?“
"Ich bin zu dick!“
"Wer hat dir denn diesen Quatsch eingeredet?" Seine Stimme war scharf wie eine Rasierklinge. Abrupt stand er auf. Seine Worte trafen sie wie Peitschenhiebe, als er ihr ins Gesicht schleuderte: "Weißt du was!?! Du bist ständig maulig, zickig und unzufrieden mit dir selbst. Du kannst dich selbst nicht leiden. Warum? Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass du anders warst, als wir uns kennen gelernt haben. Da warst du fröhlich und...“
"... zu der Zeit war ich mindestens drei Kilo leichter..:“
Aber Jan ließ sich nicht beirren und sprach weiter: "Anstatt mit mir etwas zu unternehmen, lernst du lieber Kalorientabellen auswendig. Du lachst nicht mehr. Du bist nur noch zickig und launisch. Warum? Weil du dich zu dick findest? So ein Blödsinn!“
Auf Jans Stirn grub sich eine tiefe Zornesfalte. Er stemmte die Arme in die Seiten, beugte sich zu ihr und seine Stimme klirrte wie Eis: "Weißt du was!?! Ich habe es satt! Ich werde dir und deinem blöden Diätwahn nicht mehr im Wege sein!“
Jan packte seine Weekendtasche und verließ wortlos die Wohnung. Melli fühlte sich bestätigt. Das wusste ich, schoss es ihr durch den Kopf. Sobald ich zunehmen, hat er mich nicht mehr lieb. Die Tränen die sie vergoss, erleichterten sie nicht im Geringsten. Sie wanderte von einem Zimmer ins andere, umkreiste in der Küche den Kühlschrank und sah immer wieder hinein. Als sie schließlich schwach wurde und eine Scheibe Salami gierig in den Mund stopfte, gab es nur noch eine Rettung: Sie musste raus aus der Wohnung. Sie musste ins Fitness-Center, um sich abzulenken.
Er ist weg
Nach einem harten Körpertraining ging sie in die Saftbar. Gelangweilt nuckelte sie an ihrem Mineralwasser und beobachtete, wie eine sehr attraktive Frau den Raum betrat. Melli fühlte sich einsam, verlassen und verloren. Obwohl die Auseinandersetzung mit Jan erst ein paar Stunden her war, vermisste sie ihn schon jetzt.
Vielleicht mag er mich wirklich, so wie ich bin, grübelte sie vor sich hin. Vielleicht hat er damit Recht, dass ich mich selbst nicht ausstehen kann? Aber wie soll ich das ändern? Ich finde mich nun mal zu dick.
Die Frau setzte sich zu ihr an den Tresen und sah sie lächelnd an. "Wir sind wohl die Letzten hier", meinte sie und seufzte. "Еigentlich habe ich gar keine Lust, nach Hause zu gehen.“
"Warum denn nicht?“ Melli konnte dieses Gefühl in ihrem jetzigen Zustand sehr gut nachvollziehen.
"Was soll ich zu Hause? Es wartet ja sowieso keiner auf mich.“
Die Ehrlichkeit der Frau berraschte Melli. Wer gab im Zeitalter der aufgeschlossenen Gesellschaft und der modernen Community schon zu, dass man einsam ist? Niemand! Sie holte tief Luft. Irgendwie tat es ihr gut, dass sie das aussprechend konnte, was sie momentan fühlte. Sie nuckelte am Strohhalm ihres Energie-Shakes und murmelte sehr leise: "Auf mich wartet auch niemand. Mein Freund hat mich gerade verlassen!“
Sie spürte, wie es heiß und feucht in ihre Augen stieg, so dass alles um sie herum verschwamm.
"Das tut mir Leid... Ehrlich!“
"Ich glaube, er findet mich zu dick."
"Das glaube ich nicht. Du bist doch sehr schlank und hast eine fantastische Figu!",erwiderte die Frau.
"Nö, das finde ich nicht. Ich muss mindestens drei Kilo abnehmen, aber das hat ihm nicht gepasst.“
"Aha, weil er dich eben nicht zu dick findet?“
"Ja", gab Melli widerstrebend zu. "Das sagt er jedenfalls.“
"Ich hatte bis vor kurzem einen Freund, der war zehn Jahre jünger als ich. Neben ihm kam ich mir richtig alt und faltig vor. Ich fragte ihn, wie er mich nur lieben könne. Er antwortete, dass er mich schön findet. Das glaubte ich ihm nicht. In meiner Unzufriedenheit machte ich ihm das Leben durch mein ständiges Genörgel schwer. Ich führte ihm täglich vor, wie alt und faltig und unattraktiv ich war. Schließlich glaubte er das selbst und verließ mich.“
Seufzend hielt sie inne und malte mit dem Zeigefinger unsichtbare Kreise auf die Tresenplatte. Sie holte tief Luft, bevor sie stockend weitersprach. "Ich habe zu spät erkannt, dass ich ihn durch meine Angst, für ihn nicht attraktiv genug zu sein, vergrault habe. Ich hätte besser daran getan, ihn glauben zu lassen, dass auch ich mich schön finde, dann wäre das Leben mit ihm gewiss fantastisch verlaufen.“
Minutenlang