Martin Cordemann

Frauenvolle Morde


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wäre ich jetzt der Tote, nicht er.“

      „Dann haben Sie ihn eben vorher getötet.“

      „Das wäre dann Notwehr, neinneinnein, ich seh schon, so wird das nichts.“

      „Hören Sie, Rhode, Sie sollten...“

      „Nicht in dem Ton, ja! Wir können uns doch wohl wie zivilisierte Killer miteinander unterhalten.“

      Er setzte sich wieder hin.

      „Also“, rekapitulierte ich, „dieser Typ ist erschossen worden. Aber Sie wissen nicht, warum Sie das mir in die Schuhe schieben sollen, bzw. wie. Peinlich peinlich. Da haben wir nämlich schon den ersten großen Fehler.“

      „Fehler?“

      „Ihren Fehler, sollte ich hinzufügen.“

      „Was meinen Sie?“

      „Naja, es ist ja wohl unschwer zu erkennen, dass Sie diesen Typen aus irgendeinem Grund aus dem Weg räumen wollten und nun krampfhaft versuchen, einen Grund zu finden, weshalb ich es getan haben sollte. Ergo wird man bei näherer Betrachtung feststellen, dass nicht ich es war, sondern Sie. Ist das einleuchtend?“

      Er brummte irgendwas.

      „Schön, machen wir weiter. Was ist mit dem Haus hier?“

      „Bitte?“

      „Ist es Ihr Haus? Nun, scheint wohl so. Jedenfalls gehen Sie hier ein und aus als wäre es so. In so einer Gegend... ja, ich denke, den stinkreichen Säcken hier würde es aufgefallen sein, wenn plötzlich irgendwer wildfremdes ins Haus der Könige spazieren würde, als wäre es seins.“

      „Und... was schließen Sie daraus?“

      „Dass die Leute entweder noch ignoranter sind, als ich zunächst angenommen hatte, oder dass Sie tatsächlich in dieses Haus gehören. Was dann wiederum bedeuten würde, dass... es ziemlich bescheuert wäre, das zu machen, was Sie gerade machen und wie Sie es machen. Und außerdem weiß ich nicht, ob sich ein Auftragskiller ein solches Haus leisten könnte.“ Ich sah mich um. „Naja, also, eigentlich kann sich nur ein Auftragskiller so ne Villa leisten, oder ein Politiker... ein Verbrecher eben. Jedenfalls wage ich es zu bezweifeln, dass ein Auftragskiller so unbedarft und miserabel vorbereitet vorgehen würde, wie Sie das hier praktizieren.“

      „Das trifft mich.“

      „Das sollte es auch.“

      „Was, wenn Sie sich irren?“

      „Dann hab ich Pech gehabt. Aber ich irre mich nicht.“

      „Ich könnte hier im Haus als Butler arbeiten, haben Sie sich das schon mal überlegt?“

      „Ja, habe ich. Die Theorie hat nur einen Haken.“

      „Welchen?“

      „Dass ich dann unrecht hätte.“ Ich erhob mich. „Ich muss mal aufs Klo.“

      „Ja, okay... Halt!“ Die Knarre wies mich an, mich wieder zu setzen. „Guter Versuch.“

      „Ja, hätte beinahe geklappt. Also, wie ich das sehe, stinkt diese ganze Geschichte zum Himmel. Die Mordgeschichte passt überhaupt nicht zusammen und wenn Sie ein Killer sind, dann bin ich Casanova. Sagen Sie mir jetzt, was hier gespielt wird?“

      „Tja, mein lieber Rhode, diese Leute für die ich arbeite sind der Meinung, hier muss ein Schlussstrich gezogen werden.“

      „Und Sie sind derjenige mit der Kreide in der Hand?“

      „Ganz recht.“

      „Glaub ich nicht.“

      „Das sollten Sie aber.“

      „Dran glauben? Wahrscheinlich. Aber beantworten Sie mir eine Frage: Was mache ich hier?“

      „Sie sind hier, damit ich Sie...“

      „...umlegen kann, ist schon klar. Aber ich meine: Was mache ich hier für die Polizei?“

      „Wieso?“

      „Na, selbst wenn es nicht Ihr Haus ist, irgendwie muss ich ja hierher gekommen sein. D.h., irgendwas muss ich hier ja machen, oder? Bin ich der Einbrecher, der Ihren angeblichen Schwiegersohn erschossen hat und der Grund, weswegen Sie mich erschießen?“

      „So könnte es sein.“

      Ich deutete auf seine Wumme. „Mit der Knarre da?“

      „Richtig.“

      „Mit der Sie auch ihn erschossen haben? Oh oh, das dürfte ein paar Fragen aufwerfen, wie ich mit derselben Pistole erschossen werden konnte, mit der ich angeblich ihn da ermordet habe.“

      „Wissen Sie was? Sie gehen mir langsam auf den Nerv!“

      „Sie bekommen hier eine Gratislektion in Sachen Mord, andere Leute würden für sowas Unsummen ausgeben.“

      „Was für Leute?“

      „Die Leute, mit denen ich täglich zu tun habe. Die Leute, die andere Leute umbringen und glauben, dass sie damit durchkommen. Die Leute Arschlöcher eben.“

      „Schließen Sie mich da mit ein?“

      „Sie haben mir bisher keinen Grund gegeben, es nicht zu tun. Und, wenn Sie mir die Bemerkung erlauben…“

      „Ja?“

      „Sie haben es wirklich nötig. Das, was ich bisher von Ihnen gesehen habe, ist mit Laienhaft noch sehr freundlich umschrieben.“

      „Wollen Sie mich beleidigen?“

      „Ich dachte, das hätte ich schon.“

      „Also?“ fragte er genervt.

      „Also was?“

      „Was würden Sie vorschlagen?“

      „Tja, ich weiß ja nicht, was Sie so vorhaben. Nur wäre es eben... unglücklich, wenn Sie mich mit der Mordwaffe erschießen würden. Und da das ganze in Ihrem Haus stattfindet und Sie einen Ihrer Feinde aus dem Weg geräumt haben, wird man Ihnen ganz schnell auf die Schliche kommen.“ Ich dachte nach. „Hmmmmm, tja, ich weiß auch nicht, wie Sie aus dieser Geschichte wieder rauskommen. Wenn Sie mich fragen, haben Sie sich da ganz schön in was verstrickt!“

      „Ich frage Sie aber nicht.“

      „Sollten Sie aber.“

      „Tu ich aber nicht.“

      „Ihr Problem. Krieg ich n Bier?“

      Er erhob sich, verharrte aber mitten in der Bewegung und grinste schief. „Fast wär ich drauf reingefallen. Sie sind wirklich ein anspruchsvoller Gegner, Rhode.“ Er deutete auf meine Zigarre. „Feuer?“

      Mir wurde wieder die Zigarre gewahr, die ich irgendwann auf den Tisch gelegt hatte, nachdem ich mit ihr wild gestikuliert hatte. Ich nahm sie und nickte.

      Mit seiner Pistole kam er jetzt ganz dicht an mich heran, dies war der Moment, dies war die Möglichkeit, ihn zu überwältigen. Oder wollte er mich hier und jetzt erschießen? Es schien so, denn er nahm keines der Streichhölzer vom Tisch, sondern richtete die Waffe auf meine Zigarre... und es stellte sich heraus, dass die Pistole, mit der er mich bedroht hatte ein Feuerzeug war. Das war dann wohl auch das Zeichen für den Toten, sich zu erheben und mir ein freudestrahlendes „Reingelegt!“ zuzugrölen und dann ging das Licht im Raum an und Kronzucker kam herein und sagte, seine Tochter sei auch da und alle lachten und brüllten: „Überraschung!“ Und bevor ich so ganz verstanden hatte, dass man sich diese Überraschungsparty hatte einfallen lassen, um mich an Silvester, einem Tag, dem ich zugegebenermaßen nicht unbedingt wohlwollend gegenüberstehe, aufzuheitern...

      ...wurde ich geweckt durch eine extrem unangenehme Stimme: „Aufwachen! Wachen Sie auf, verdammtnochmal!“

      „Häh?“ Ich fuhr hoch und sah in ein Gesicht, das