Hanspeter Hemgesberg

Rund um die beste Gesundheit


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an das Gehirn be-stimmt wird.

      Vielmehr sorgen Filterprozesse unseres ZNS (Zentralnervensystem) dafür, dass eine körperliche Schädigung nicht zwangsläufig zu Schmerz führt (Stressanalgesie; z. B. werden Verletzungen während eines Verkehrsunfalls, Wettkampfes, im Gefecht oder beim Geschlechtsverkehr oft nicht bemerkt) und umgekehrt Schmerzen auch ohne körperliche Schädigung bestehen können (z. B. Phantom-Schmerz).

      Schmerz ist demnach das, was der Patient als solchen empfindet und ‚erlebt’ (Schmerzerleben) und in welchem Ausmaß er vom Schmerz in seinen Aktionen tangiert ist/wird (Schmerzbeeinträchtigung/Schmerz-Leidensdruck).

      Dabei kann es zu Verständigungsschwierigkeit zwischen ihm und dem Behandelnden über das Leiden kommen, weil es sich um eine stark subjektiv gefärbte Wahrnehmung handelt. Unabhängig von der persönlichen Fähigkeit, sie verständlich und eindeutig dem Behandelnden mitzuteilen.

      Zusammengefasst:

      Nach einer weitverbreiteten Definition spricht man von chronischem Schmerz, wenn er länger als sechs Monate andauert.

      Mit zunehmender Dauer wirken sich Schmerzen beeinträchtigend auf die Psyche, aber auch auf Familie, Freundeskreis und die berufliche Situation aus. Chronischer Schmerz kann sich also zu einem eigenständigen psycho-sozialen Krankheitsbild, der Schmerz-Krankheit, entwickeln.

      Schmerzgedächtnis, Schmerzerleben,

      Schmerz-Beeinträchtigung &

      Schmerz-Kontroll-System

      Im Zentrum der Schmerz-Chronifizierung steht das Schmerz-Gedächtnis.

      Die sensiblen Nervenzellen sind genauso lernfähig wie das Groß-hirn. Wenn sie immer wieder Schmerzimpulsen ausgesetzt sind, verändern sie ihre Aktivität. Jetzt reicht schon ein leichter, sensibler Reiz, wie eine Berührung, Wärme oder Dehnung aus, um als Schmerz-Impuls registriert und als unangenehm empfunden zu werden.

      Aus dem akuten Schmerz ist ein chronischer Schmerz geworden. Das bedeutet: Der eigentliche Auslöser fehlt und es bleibt der Schmerz.

      Unter „Schmerz-Dauerbeschuss“ verändern sich die Nervenzellen.

      Diese Veränderungen sind einerseits biochemisch nachweisbar und andererseits hinterlassen sie Spuren im Aufbau der Zellen; dabei kommt der Aktivierung von „IE-Genen“ (IE = Immunitäts-Einheit / IE-Gen codierte Eiweißmoleküle / sie werden in den Nervenzellen des Gehirns gebildet und freigesetzt) eine Schlüsselrolle zu. Die sensiblen Nervenzellen sind ebenso ‚lernfähig’ wie die Großhirnrinde (cortex cerebri). Wenn die Nervenzellen immer wieder ‚Schmerzimpulsen/Schmerzreizen’ ausgesetzt werden/sind, verändern sie ihre Aktivität und Funktionsweise. Bei solch verändertem Schmerzempfinden reicht dann bereits ein Minimalreiz, um als Schmerzimpuls wahrgenommen und empfunden zu werden und diesen Impuls von einer Nervenzelle auf andere zu übertragen & weiterzuleiten. Diese Übertragung erfolgt auf die Nervenzellen-Synapsen durch „Botenstoffe“ (Neurotransmitter); gesteuert werden diese Botenstoffe durch die Menge an aktivierten IE-Genen (wenig IE-Gene Bremsung der Schmerz-Weiterleitung / viel Steigerung).

      In Kurzform zur Entstehung und dem Mechanismus des Schmerz-Gedächtnisses:

      1. Bei einem lokalen Schmerz (z.B. Knie) nehmen Nozizeptoren die Reize wahr und leiten sie über Nervenbahnen an das Rückenmark weiter;

      2. In den Nervenzellen des RM entscheidet es sich, ob es evtl. zu einer Chronifizierung kommt;

      3. Entscheidend sich dazu Rezeptoren mit einem offenen oder

      geschlossenen Ionenkanal (= porenbildende Transmembran-Proteine, die elektrisch geladene Teilchen, Ionen, das Durchqueren der Bio-Membranen ermöglichen; werden auch als Kanal-Proteine bezeichnet. Der Transport erfolgt entsprechend dem Potenzialgefälle. Ionenkanäle sind, im Zusammenspiel mit anderen Transportproteinen, von universeller Bedeutung für Transportprozesse über die Membransysteme der Zelle. Dazu gehören die Regulation der osmotischen Aktivität, des Säure-Basen-Haushalts, die Aufnahme und Ausscheidung von Stoffen sowie die Erregungsleitung in Nerven und Muskel-Zellen);

      4. Unter bestimmten Rezeptoren und Ionenkanälen an den Nervenzellen

      werden akute Schmerzreize an das Gehirn weitergeleitet,

      Der Schmerz ist ein WARNSIGNAL;

      5. Lang anhaltende oder besonders starke Schmerzreize verändern die

      Nervenzelle; es bilden sich vermehrt Ionenkanäle und Rezeptoren aus, die schon bei schwachem Reiz und sogar ohne jeden Reiz Schmerzsignale an das Gehirn leiten; aus der physiologischen Nervenzelle ist eine Schmerz-Zelle geworden; das Schmerzgedächtnis hat sich etabliert;

      6. Opioide (körpereigene) hemmen die Weiterleitung von Schmerzreizen und

      unterstützen so die körpereigene Schmerz-Abwehr. Auf diese Weise kann die Ausbildung eines Schmerz-Gedächtnisses lange verhindert/verzögert werden.

      Schmerz ist nicht gleich Schmerz!

      Vielmehr in seinem Ausmaß (Intensität) und seiner Andauer wird Schmerz subjektiv empfunden & erlebt.

      Das nennt man Schmerzerleben.

      Nach Dr. Gerhard Opitz (Orthopäde & Schmerzmediziner, München) ist Schmerzerleben gekennzeichnet durch individuelle und mehr-dimensionale Faktoren (diese sollten unbedingt bei jeder Schmerz-Therapie gekannt & berücksichtigt werden!).

      Schlüsselworte sind dabei u.a. Rational-Kognitive und Emotional-Affektive Schmerzkomponenten, somatomotorische und vegetative Reflex-Antworten, sympathische Nozireaktion, die dünn-myelinisierten A-Delta-Fasern, C-Fasern, A-Beta-Fasern, neuro-endokrine Regulationsstörungen und das individuelle Schmerz-Kontroll-System.

      Nervenfasern, die Reize von äußeren Bereichen an das ZNS weiterleiten, nennt man afferente Nervenfasern. Leiten Nervenfasern umgekehrt Impulse leiten vom ZNS in periphere Bereiche, spricht man von efferenten Fasern.

      Bei den „Nozizeptoren“ (Schmerz-Rezeptoren) ist zu differenzieren zwischen zwei verschiedenen Typen, welche für zwei völlig verschiedene „Schmerzarten“ zuständig sind:

      a. Nozizeptoren mit A-Delta-Fasern sind schnell-leitende Fasern; sie verursachen und leiten weiter einen hellen & stechenden Schmerz (z.B. Nadelstich); wird auch als „1. Schmerz“ bezeichnet.

      b. Nozizeptoren mit C-Fasern sind langsam-leitende Fasern, die

      mehr einen dumpfen, tiefer-gelegenen Schmerz weiterleiten; dies wird auch genannt „2. Schmerz“.

      Diese Feststellungen und Kenntnisse bedeuten:

      Jeder Mensch hat sein, ihm eigenes, hoch-individuelles Schmerz-Empfinden (Schmerz-Wahrnehmung).

      Das ist vom Behandler nicht objektiv zu erfassen bzw. nachzuweisen. Vom Therapeuten kann so nur eingeschränkt auf die „wirkliche“ Schmerzintensität rückgefolgert werden.

      Hier