Fabio Stassi

Ich töte wen ich will


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waren, dass ihr Leben bis zu diesem Moment nur eine gespenstische, zermürbende Zurschaustellung von Widerstandskraft war.«

      »Versuchst du gerade, mir damit etwas zu sagen?«

      »Ich kenne dich nicht, ich habe nur mit mir selbst gesprochen.«

      »Naja, wenn das deine Methode ist, muss ich zugeben, sie ist ziemlich erstaunlich.«

      Elsa berührte ihre Haare.

      »Ich hatte auch einen autoritären Vater, ich musste viel Verantwortung übernehmen, denn ich war das Erste von drei Kindern, ich habe Probleme mit dem Essen, die Männer haben mich immer enttäuscht, und ich habe überlegt, ob ich mir ein Tattoo auf den Hintern machen lassen soll. Außerdem bin ich eine zwanghafte Leserin. Ich glaube, so wie die Dinge jetzt stehen, muss ich unbedingt nach diesem Roman suchen.«

      »Ich hatte wirklich nicht die Absicht …«

      »Du hast mir den Titel noch nicht genannt.«

      »Die Vegetarierin

      »Hat eine Frau das Buch geschrieben?«

      »Ja, eine koreanische Schriftstellerin.«

      »Das werde ich nicht vergessen.«

      »Es wird keine schmerzlose Lektüre sein.«

      »Das ist egal.«

      Corso lächelte. Er war dieser jungen Frau dankbar, sie hatte ihn eine Weile daran gehindert, an Django, an die verwüstete Wohnung, an den von der Straßenbahn geköpften Mann zu denken.

      Elsa legte eine Hand auf seinen Arm.

      »Dann stimmt es also, was man sich erzählt.«

      »Was erzählt man sich denn?«

      »Dass es hilft, mit dir zu sprechen.«

      »Um die Wahrheit zu sagen, meine Sitzungen haben immer zu vernichtenden Niederlagen geführt.«

      »Deinem Ruf nach zu urteilen, würde man das nicht sagen.«

      »Auch das ist ein gigantisches Missverständnis, Elsa. Ich habe für nichts ein Heilmittel … Es stimmt nämlich wirklich, alle Medikamente für die Seele sind Scheiße. Die Seele heilt man, indem man den Bauch heilt.«4

      »Möglich. Aber du bist einer, der den Menschen wenigstens direkt in die Augen blickt.«

      Corso trank sein Bier aus und stand vom Hocker auf.

      Vielleicht war auch der Überfall dieser Eindringlinge auf seine Dachwohnung ein Missverständnis. Ein zufälliges Ereignis. Sie waren bis zum letzten Stockwerk hinaufgegangen, weil es isoliert war. Sie konnten nicht wissen, dass sie in seiner Wohnung einen stummen Hund finden würden.

      »Es war ein Vergnügen, dich kennenzulernen«, sagte Elsa.

      »Für mich auch. Gehst du?«

      »Ich trinke noch aus.«

      »Gut.«

      Corso tippte ihr auf die Schulter, dann ging er zur Tür. Draußen empfing ihn das gelbliche Licht der Straßenlaternen.

Donnerstag, 30. Juni 2016

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