Gerhard Ebert

WOLLUST ACH - Uwe, der Pennäler


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Erfahrung ganz und gar nicht wusste, wo das Tändeln aufhörte und wahre Liebe anfing.

      Kurzum, er war im Vergleich zu Günter, der immerhin zwei Jahre älter war, ein unerfahrener kleiner Junge. Was ihn natürlich wurmte, weswegen er zu enge Freundschaft mied. Er, Uwe, wäre nur immer der doofe Zuschauer gewesen, der erleben musste, wie der andere herumknutscht. Einmal zu Silvester war ihm das passiert, und das reichte ihm. Er war einer Einladung Günters zu einer Party gefolgt, und im Ergebnis hatte er zusehen müssen, wie sein Freund mit einer Hübschen schöntat und noch vor Mitternacht davonzog. Er aber hatte, noch des Tanzens unkundig, nur in einer Ecke gehockt und Trübsal geblasen. Nun also schlich er hinter diesem Günter her und musste immer wieder mit ansehen, wie oft sich die Kleine vor Lachen ausschüttete. Günter schien sie glänzend zu unterhalten.

      So oft Uwe nahe daran war, die Verfolgung sein zu lassen und auf die beiden knallhart zu pfeifen, so oft trieb ihn denn doch die Neugier weiter voran. Zumal es nicht irgendwohin ging, sondern zur Oberstadt, dorthin, wo Uwe und Günter wohnten. Wobei die heimliche Verfolgung immer schwieriger wurde. Zunächst, als sie noch durch den Park gingen, konnte er sich relativ gut verborgen halten. Meist standen irgendwie Büsche am Wege, hinter denen er in Deckung blieb. Dann aber war nur noch die nackte Straße, kein Baum, kaum mal ein Passant als Schutz. Also musste Uwe weit zurückbleiben, um nicht gesehen zu werden.

      Als das Pärchen, traulich Händchen in Händchen, plötzlich in eine Seitenstraße einbog, schien alles verloren. Uwe rannte los – und konnte gerade noch sehen, wie Günter mit der Unbekannten in einer Haustür verschwand. Was er nicht sehen konnte: Beide waren nur auf die Treppenstufen getreten, die zur Tür hinaufführten, und schwätzten munter weiter. Als Uwe hastig und eigentlich kopflos bei der Tür ankam, weil er wenigstens sehen wollte, um welche Hausnummer es sich handelte, sah er beide plötzlich unmittelbar vor sich. Zum Glück waren sie so mit sich beschäftigt, dass sie ihn nicht wahrnahmen. Uwe war nämlich gerade in dem Moment aufgekreuzt, als sein Freund Günter das offenbar willige Fräulein in die Arme nahm und küsste.

      Uwe war wie vom Blitz getroffen. Er raffte seine letzte Kraft zusammen und huschte mit weichen Knien vorbei. Er überlegte fieberhaft. Hatten sie ihn gesehen? Er wusste es nicht. Und da er nicht im Boden versinken konnte, tat er so, als sei er hier vorbeigegangen, weil er im naheliegenden Kolonialwaren-Geschäft einkaufen wollte. Zwar war ihm klar, dass Günter wusste, dass Uwe dort nicht einzuholen pflegte, aber das war jetzt gleichgültig. Schon erreichte er die rettende Ladentür und trat flugs ein.

      Was wollte er hier? Einkaufen! Irgendetwas! Ah ja, ein Päckchen Zündhölzer aus Riesa musste ihn jetzt retten. Zwar wusste er nicht, wie er zu Hause erklären sollte, warum er sich ohne familiären Auftrag plötzlich für Streichhölzer engagierte, aber irgendwie musste nun einmal gehandelt werden. Gedacht, getan. Der Ladenbesitzer musterte den unbekannten jungen Kunden durch seine Nickelbrille zwar wie einen potentiellen Brandstifter, aber Zündhölzer aus Riesa hatte er selbstverständlich am Lager. Schneller als gedacht stand Uwe wieder auf der Straße.

      Erleichterung! Freund Günter hatte sein Rendezvous offenbar beendet. Jedenfalls lief er just davon und erreichte, als Uwe das Geschäft verließ, gerade eine Ecke, um die er verschwand. In aller Ruhe konnte Uwe nun noch einmal zu bewusster Haustür gehen, um zu sondieren. Er fasste sich ein Herz und betrat sogar den Hausflur, um die Namen auf den Briefkästen zu lesen. Aber sie sagten ihm nichts. Meyer, Müller, Schulze. Das Übliche. Uwe war kaum klüger als zuvor. Niedergeschlagen verließ er das Haus.

      Schon wollte er, einer plötzlichen Eingebung folgend, auf die andere Straßenseite wechseln, um die Fenster zu studieren. Möglicherweise war das ihn so beunruhigende Fräulein zum Fenster geeilt, um dem Liebsten nachzusehen. Und wenn er auf diese Weise wüsste, in welchem Stockwerk sie wohnt, ließ sich der Name besser ausfindig machen. Aber Uwe stoppte sofort. Keinesfalls durfte sie ihn jetzt sehen. Er trat sogar noch dichter ans Haus, um zu verhindern, dass sie ihn von oben sehen konnte, und gab auf für diesmal. Nach Hause! Immerhin wusste er jetzt genau, wo seine Angebetete wohnt. Der dicke Wermutstropfen allerdings: Die kleine Hübsche, die ihn so verzauberte, hatte einen Liebhaber! Und der war ausgerechnet sein Freund Günter.

      Ziemlich trostlos schlich Uwe nach Hause und saß alsbald wieder einmal wortlos und in sich gekehrt am Abendbrottisch. Weshalb er sich von Mutter einen leisen Rüffel einhandelte. Die blöden Zündhölzer hatte er vorsorglich in seine Kammer geschmuggelt; er würde sie schon irgendwann irgendwie dem häuslichen Vorrat zuordnen. Mit wem aber sollte er über seinen schlimmen seelischen Kummer sprechen? Etwa mit den Eltern? Nie im Leben. Das alles ging nur ihn etwas an. Also schwieg er beim Abendessen beharrlich in sich hinein. Und sobald es schicklich schien, verkroch er sich in seine Kammer und ins Bett.

      Dort klemmte er seinen Schwanz zwischen die Schenkel und begann routiniert sein wollüstiges Spiel. Wobei er versuchte, sich die Unbekannte nackt vorzustellen. Aber das misslang völlig, störte ihn eher in seinem Treiben.

      In all der Aufregung, die ihn stets überfiel, sobald er die Angebetete mal kurz zu sehen bekam, hatte er noch nie wirklich Zeit und Gelegenheit gehabt, zum Beispiel genau herauszufinden, ob sie überhaupt einen ordentlichen Busen hatte. Was ihm seit seiner Studien an Tante Betty irgendwie das Wichtigste schien bei einer Frau, nämlich ein stattlicher Busen, war hier völlig offen. Aber in diesem ersten, ihm vom Schicksal verordneten wirklich brennenden Fall reichte schon die ganz normale Erscheinung des begehrten Objektes, um ihn völlig außer Rand und Band zu bringen, so dass er unfähig war, nüchtern und sachlich hinzugucken.

      So lag er denn nicht nur allein im Bett, was trostlos genug war, er vermochte dem elenden Zustand nicht einmal mit seiner Phantasie abzuhelfen. Er war ganz und gar auf seine Körperlichkeit angewiesen. Immer ungestümer und drängender quetschte er seinen Penis zwischen den Schenkeln. Und obwohl der Schwengel völlig schlaff geblieben war, ergoss sich endlich erlösend ein warmer Strahl ins Taschentuch, das er vorsorglich bereit hielt. Jetzt war ihm leichter irgendwie.

      Uwe hatte Liebeskummer. Dass es sich darum handelte, war ihm inzwischen sonnenklar. Als er nämlich eines Tages Gedichte Goethes las, weil in der Deutschstunde ein jeder Schüler ein Lieblings-Gedicht vom Weimarer Dichterfürsten nennen sollte, stieß er auf einen Vers, der ihn nicht wieder los ließ. Hieß es doch da: "Kein Feuer, keine Kohle kann brennen so heiß, wie heimliche Liebe, von der niemand weiß." Genau! Das war sein Problem! Olle Goethe kannte sich aus. Wahrscheinlich sprach der aus eigener Erfahrung.

      3.Heimliche Liebe

      In Uwe, das war gewiss, brannte ein Feuer, und das hieß heimliche Liebe. Es musste unbedingt heimlich bleiben! Aber das fiel sehr, sehr schwer, weil er sein Geheimnis wie eine schwere Bürde mit sich herumschleppte, die sich überhaupt nicht ablegen ließ und ihn so drückte, dass zumindest Mutter spürte, wie er litt. Er war ihr echt dankbar, dass sie ihn in Ruhe ließ. Er kam im Moment einfach nicht mit sich ins Reine. Uwe hatte sich nämlich zwar vorgenommen, diese Hübsche, die einen anderen hatte und sogar in aller Öffentlichkeit küsste, einfach aus seinem Leben zu tilgen, aber das klappte nicht.

      Das klappte ganz und gar nicht. In der Schule im Unterricht beispielsweise spazierten seine Gedanken ungewollt immer wieder zu der Unbekannten, meist verbunden mit dem erfolglosen Versuch, sich ihr Gesicht vorzustellen. Und zu Hause am Mittagstisch konnte es passieren, dass er sinnierte, wie herrlich das wohl wäre, wenn die Kleine als seine ausgewiesene Freundin mit am Tisch sitzen würde. Am aufregendsten, aber leider auch am deprimierendsten waren seine Gedankenspiele abends im Bett. So heftig er sich auch vornahm, nicht an die Schöne zu denken, es half nichts. Immer wieder versuchte er sich vorzustellen, was wohl los wäre, wenn sie zärtlich zu ihm unter die Decke gekrochen käme.

      Geradezu demütigend dabei war, dass er nach wie vor nicht genau wusste, was außer Küssen noch stattfinden könnte. Das heißt, er vermutete zwar, dass sein Ding eine besondere Rolle zu spielen haben würde, nämlich möglicherweise hineingesteckt zu werden in ein so fleischlich aufgewölbtes Loch wie bei dieser Henne damals, aber er wusste nicht, wie er das mit seinem schlaffen kleinen Pimmel würde bewerkstelligen können. All seine Erfahrung besagte, dass der Kerl niemals auf Kommando steif und fest wurde. Irgendein Geheimnis musste da sein, das er noch nicht kannte. Was