Amelie Oral

Der Aktmaler und seine Modelle


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      Amelie Oral

      Der Aktmaler und seine Modelle

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      Inhaltsverzeichnis

       Titel

       1

       2

       3

       4

       5

       6

       7

       8

       9

       10

       11

       Impressum neobooks

      1

       Naschmarkt, 6. Wiener Gemeindebezirk

       Wien/Österreich

      Als Hannes Belasy der jungen Frau auf dem Naschmarkt begegnete, blieb er wie elektrisiert stehen.

      Denn das Mädchen, das sein künstlerisch geschultes Auge erblickte, war bildhübsch. Überall. Halb scheues Reh, halb Raubtier. Ein scheues Raubtier also, mit schlanken Beinen und schmalen Fesseln. Und mit einem aufreizend schönen Gesicht, das von einer üppigen Mähne umrahmt wurde. Der steile Busen der Wildkatze wippte vorwitzig und ungebändigt unter einem hauchdünnen und herzerfrischend kurzen Sommerkleid.

      Ohne Umschweife trat Hannes der rassigen Schönheit in den Weg und fragte artig: „Ist es sehr vermessen, Ihre frauliche Anmut zu bewundern?“

      „Was könnte an einem solchen Kompliment vermessen sein?“ Ihre langen Wimpern klappten forschend hoch. Dabei traf ihn ein Blick wie glühende Lava.

      Hannes errötete leicht. Er deutete eine flüchtige Verbeugung an: „Verzeihen Sie meine Direktheit! Ich bin Maler. Und ich muss Sie unbedingt porträtieren!“

      „Ach.“ Ein amüsiertes Lächeln spielte um ihren roten Mund. Nachdenklich legte sie den Kopf zur Seite. Überlegend fragte sie: „ Etwa nackt?“

      „Bei ihrer rassigen Figur wäre es Sünde, Sie bekleidet zu malen!“

      Wieder verbeugte er sich, aber diesmal eine Nuance tiefer. Dabei strich er sich durch seine grau melierten Haare, die seinem ausdruckvollen Kopf eine majestätische Würde verlieh.

      „Gestatten Sie, ich heiße Hannes Belasy. Mein Atelier ist übrigens gleich um die Ecke, in der Lehargasse, gleich gegenüber vom Café Sperl. Und am liebsten würde ich noch heute anfangen.“

      „Ich bin Veronika Schweiger“, nickte sie hoheitsvoll. Sie sah ihm so tief in die Augen, dass er beinahe das Gleichgewicht verlor. Denn in ihrer Iris glühten Funken.

      „Sie sind eine Venus“, schwärmte Hannes. „Die Nachwelt wird noch in tausend Jahren von ihrer Schönheit begeistert sein.“ Sie schob zögernd die Unterlippe vor: „Also gut! Ich komme mit. Aber ich habe heute nicht sehr viel Zeit. Ich kann höchstens zwei Stunden bleiben.“

      „Das reicht für den Anfang!“ Hannes verhehlte seine Freude nicht.

      Das Atelier lag im sechsten Stock. Es war geräumig und elegant, obwohl es nur ein riesiges französisches Bett und eine nicht minder riesige Staffelei beherbergte. Auf dem niedrigen Fensterbrett standen zahlreiche sehr gewagte afrikanische Holzschnitzereien.

      „Das sind rituelle Phallussymbole“, erklärte Hannes kurz, als er Veronikas Blick darauf gesichtet sah.

      „Himmel!“, kicherte sie allerliebst. „Und ich dachte schon es handelt sich um erotische Schweinereien!“

      In Ermangelung einer anderen Sitzgelegenheit bat Hannes das rassige Mädchen auf sein Bett, wo sie ohne Umschweife Platz nahm, während er aus der kleinen Einbauküche eine Flasche Rotwein holte.

      „Eigentlich wollte ich ja einen Orgasmus malen.“ Er schenkte zwei Gläser ein. „ Aber vorerst tut es ein weiblicher Akt auch. Vor allem aber, wenn das Model so zauberhaft ist wie sie!“

      Sie lächelte geschmeichelt und schlug die Augen nieder.

      „Mein Mann wird sich freuen, wenn er das fertige Bild sieht.“

      „Ach, Sie sind verheiratet?“

      Hannes liebte keine Komplikationen mit verheirateten Ehemännern. In diesem speziellen Fall glaubte er aber, eine Ausnahme verantworten zu können.

      „Mein Mann ist Unternehmer“, erzählte Veronika. „Chemiekonzern Schweiger, falls Ihnen das etwas sagt.“

      „Natürlich kenne ich die Firma Ihres Mannes.“

      Hannes trank einen Schluck Wein und stellte dabei fest, dass er etwas zu warm war. Aber warmer Wein machte die Mädchen nun mal williger.

      „Ich ziehe mich auf alle Fälle erst einmal aus“, entschied Veronika mit erfreulicher Selbstverständlichkeit. „Dann können Sie in aller Ruhe prüfen, ob ich mich überhaupt als Model eigne. Sie müssen ja vorher sehen, was sie malen. Oder nicht?“

      Veronika eignete sich zum Model!

      Als sie splitternackt vor Hannes stand, wusste er es ganz genau, obwohl er auch vorher schon nicht den geringsten Zweifel gehegt hatte.

      Die Kleine besaß lange Beine und so schmale Fesseln, dass es Hannes richtig schwindelig wurde. Vor allem in der Leistengegend. Die Hüften des Mädchens waren aufregend geschwungen, als habe der Teufel persönlich sie geformt, um schwache Männer zu verführen. Die vollen, dynamisch geschwungenen Brüste schaukelten federnd vor seinen Augen. Sie wippten lustig wie rosige Puddingkugeln.

      Das ebenmäßige Gesicht der jungen Frau war einfach ein Gedicht. Der sinnliche Mund lockte in feuchtem Mohnrot. Das zierliche Näschen zeugte von architektonischer Vollendung. Die leicht vorgestellten Wangenknochen verliehen dem Gesicht einen erotisch pikanten Reiz, der seine Nerven kribbeln ließ.

      Das blonde Haar, das Veronikas Gesicht schmeichelnd umrahmte, hätte in seiner strahlenden Üppigkeit jede Männerhand zum Wühlen angeregt.

      Das Schönste an Veronika aber waren die Augen. Groß und schutzsuchend blickten sie in die Welt. In ihrem grünen Schimmer sammelten sich die unausgesprochenen Wünsche des Malers, die sehr schnell konkrete Formen annahmen.

      Fast gegen seinen Willen legte Hannes die Jacke ab. Dann begann er, an seinen Hosen zu nesteln, hielt aber inne, als er Veronikas erschrockene Augen sah.

      „Einen Akt kann ich nur nackt malen“, versuchte er sich zu entschuldigen. „Die Kleidung behindert nicht nur, sie raubt einem Künstler wie mir jegliche Fantasie!“

      Veronika schien nicht dagegen zu haben.

      „Darf ich mich aufs Bett legen?“, fragte sie.

      Sie durfte. Und sie tat es sehr dekorativ.