Arthur Zapp

Das Liebesleben eines deutschen Jünglings


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Das Liebesleben eines deutschen Jünglings

      Erotische Bibliothek

      Band 16

      Arthur Zapp

      Das Liebesleben eines deutschen Jünglings

      Erstmals erschienen 1920

      © Lunata Berlin 2019

      Inhalt

       Vorbemerkung des Herausgebers

       Vorwort des Verfassers

       Das Liebesleben eines deutschen Jünglings

       Über den Autor

       Die erotische Bibliothek

      Vorbemerkung des Herausgebers

      Ich lernte Albert Zell, der in den nachfolgenden Blättern die erotischen Erlebnisse seiner Jugendzeit erzählt, während des Feldzuges 1870/71 kennen, den wir als blutjunge Pennäler in demselben Regiment mitmachten. Gleiche Neigungen und Interessen schlangen bald das Freundesband um uns, das erst durch seinen Tod zerrissen wurde. Wenn wir auch jahrelang örtlich getrennt waren, geistig standen wir immer in Verbindung. Zell besaß alle Eigenschaften, die das weibliche Geschlecht anziehen und fesseln. Mit einem sehr ansprechenden Äußern verband sich ein lebhaftes, heißblütiges Temperament, viel Phantasie und warmes Gefühl. Wie er die Frauen, so zog auch ihn die Weiblichkeit unwiderstehlich an. Dabei war er durchaus keine leichte, oberflächlich angelegte Natur; er war keineswegs ein allzeit lustiger, fröhlicher Gesell, der das Leben von der heiteren Seite nahm. Im Gegenteil, die Grundzüge seines Charakters waren Ernst und Schweigsamkeit, ja, er neigte schon in jungen Jahren zur Melancholie. Eben diese Mischung seines Wesens war es wohl, die so sehr auf die Mädchen und Frauen wirkte, mit denen ihn seine etwas außergewöhnlichen Schicksale in Verbindung brachten. Einige seiner Beziehungen zu dem weiblichen Geschlecht sah ich entstehen und sich weiter entwickeln. Die meisten seiner erotischen Erlebnisse habe ich jedoch erst durch seine hier verzeichneten Bekenntnisse kennen gelernt. Wenn er wiederholt in den nachfolgenden Blättern das Typische seines Liebeslebens betont, so wird mancher Leser zweifelnd den Kopf schütteln. Man möge aber bedenken, daß sich diese erotischen Abenteuer, die hier in der Erzählung gewissermaßen Schlag auf Schlag folgen, in der Wirklichkeit sich auf viele Jahre verteilten. Wer das Leben kennt, wird wissen, daß ein so ungebundenes Liebesleben bei unserer Jugend die Regel bildet, bei der heutigen vielleicht noch mehr, als bei der, der mein Freund und ich angehörten. Welche Motive ihn bei seinen sehr offenherzigen Aufzeichnungen leiteten, wird der Leser aus seinen eigenen Erklärungen ersehen. Sie waren sicherlich keine unedlen, und wer vorurteilslos liest und die Schlußfolgerungen prüft, die er aus alledem zieht, wird zugeben, daß diesen sehr menschlichen Dokumenten ein kulturgeschichtlicher Wert nicht fehlt und daß die Absichten des Verfassers durchaus sittliche, kulturfördernde waren.

      Mein Freund starb im Jahre 1917, nachdem er noch einen zweiten Band, der von seinem Eheleben berichtet und der den Titel: »In der Ehe, Bekenntnisse eines Ehemannes« führt, niedergeschrieben hatte. Er starb keines natürlichen Todes. Der große Weltkrieg hat auch ihn zu Fall gebracht, nachdem er ihm seine beiden Söhne und seine aufs innigste geliebte Frau, die den Tod ihrer Lieblinge nicht verwinden konnte, geraubt hatte. In seinem Testament hat er mir diese seine beiden letzten Manuskripte vermacht und mich beauftragt, sie zu sichten, eventuell zu überarbeiten und herauszugeben. Er selbst mochte bei der Durchsicht empfunden haben, daß er zuweilen doch allzu rückhaltlos verfahren, und daß manches nicht so der Öffentlichkeit übergeben werden konnte, als er es in seinem rücksichtslosen Wahrheitsdrang, der immer einer der Hauptzüge seiner Natur gewesen, kritiklos auf das Papier geworfen hatte.

      Arthur Zapp

      Vorwort des Verfassers

      Wenn ich heute als Mann von 65 Jahren die Geschichte meines wilden jugendlichen Liebeslebens niederschreibe, so tue ich es wahrlich nicht aus Freude an der Erinnerung, denn neben manchem Schönen habe ich noch mehr Unschönes, Beschämendes zu berichten. Noch weniger schreibe ich aus Sensationslust, denn ich bin heute ein müder Greis, dem nur noch eine kurze Spanne Lebenszeit zugemessen ist und der resigniert, wunschlos, mit überlegenem Lächeln auf die Eitelkeiten des Lebens blickt. Ich veröffentliche die Erlebnisse meiner Jugendzeit aus demselben Grunde, der mich veranlaßt hat, in früheren Romanen die unnatürlichen, kulturwidrigen, durch und durch verrotteten Zustände in unserem Liebes- und Eheleben zu schildern und an den Pranger zu stellen. Ich will an dem mir zunächst liegenden Beispiel zeigen, wie sich das Liebesleben des deutschen Jünglings abzuspielen pflegt. Es handelt sich ja nicht um die Darstellung der Sitten eines Einzelindividuums, die wenig Wert haben würde, sondern um die des typischen Treibens unserer männlichen Jugend. So wie ich und meine damaligen Altersgenossen vor vierzig Jahren unter der Herrschaft der zweierlei Moral das schönste, höchste und stärkste Gefühl des Menschen geschändet, in den Schmutz gezogen haben, ohne uns dessen bewußt zu sein, weil wir die anderen so leben sahen, weil wir wußten, daß unsere Väter es nicht anders getrieben hatten, ebenso verzetteln auch noch heute die jungen Leute ihre Kraft zu lieben. Wer hat schuld an dieser beschämenden Tatsache, die unser ganzes Leben vergiftet und die Ursache von schweren moralischen und physischen Gebrechen und Leiden ist? Der einzelne nicht, sondern die Gesellschaft hat schuld, d.h. die tonangebenden Kreise, die die staatlichen Gesetze, die gesellschaftlichen Sitten und Gebräuche und Anschauungen geschaffen haben. Unsere sozialen Einrichtungen lassen nicht zu, daß die Männer der gebildeten, führenden Klassen vor dem 35. Lebensjahr heiraten. Das ist der Urquell alles Übels, der Prostitution und der illegitimen Verhältnisse, des wüsten Liebeslebens der unverheirateten Männer. Solange wir diese unsinnigen grellen Mißverhältnisse haben, solange wird und kann es nicht anders sein. Ich frage: Was sollen denn unsere jungen Männer tun, die noch ein halbes Dutzend Examina und lange Probe- und Diätarjahre vor sich haben, bevor sie eine Anstellung erlangen, die ihnen gestattet, eine Familie zu gründen? Will man den normalen, gesunden jungen Männern etwa zumuten, den stärksten natürlichen Trieb zu unterdrücken, sich körperlich selbst zu mißhandeln? Wenn sie es auch wollten, sie könnten es nicht, denn die gemißhandelte Natur würde sich doch elementar Bahn brechen. Ein gesunder, normaler junger Mann kann bis in die dreißiger Jahre hinein ohne geschlechtlichen Verkehr nicht leben. Er würde körperlich und seelisch ein Krüppel werden, wollte er es versuchen; Lebensfreude und Arbeitslust würden dahinsiechen, und er würde zur Liebe und Ehe und zur Erzeugung von Kindern nicht mehr tauglich sein. Die Natur läßt sich nicht spotten. Unsere unkulturellen sozialen Verhältnisse zwingen den normalen jungen Mann zur Prostitution mit allen ihren häßlichen, gefahrbringenden Begleiterscheinungen oder zur Verführung ehrbarer Mädchen oder zu widernatürlichen, ungesunden Manipulationen. Deshalb ist es Heuchelei oder Unverstand, will man die jungen Leute verdammen, die so leben, wie – ich gelebt habe. Die ganze geschlechtliche Frage ist nur ein Teil der großen sozialen Frage. Schafft Zustände, daß jeder junge Mann, gleichviel welchen Berufes, zwischen dem 20. und 22. Lebensjahr das Mädchen seiner Liebe heimführen kann, und daß er es nicht nötig hat, sich an ein reiches Mädchen, das ihm vielleicht Widerwillen einflößt, zu verkaufen und heimlich das Lasterleben seiner Jugend auch als Ehemann fortzuführen, um den in der Ehe unbefriedigten natürlichen Trieben zu genügen. In den meisten Kulturstaaten sind heute allein die Handarbeiter in der glücklichen Lage, mit zwanzig Jahren Liebesehen einzugehen und ihre natürlichen Begierden in legaler Weise zu befriedigen. In den unteren Ständen ist die Frühehe die Regel, in den oberen die Spätehe. Deshalb leben auch die jungen Leute der gesellschaftlich höheren Kreise geschlechtlich viel ungebundener, sittenloser und deshalb ist es auch Tatsache, daß Geschlechtskrankheiten in den oberen und mittleren Bevölkerungsschichten häufiger sind als in den Handarbeiterkreisen. Die jungen Arbeiter pflegen sehr häufig das von ihnen geschwängerte junge Mädchen zu heiraten, die »besseren« jungen Männer fast nie.

      Schon