Caroline Milf

Die Lust auf der Bühne


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      Dann blickte sie hoch zur Bühne, auf den jungen Mann, auf Jan Berger, der sie immer noch betrachtete und ein seltsames Lächeln auf seinem Gesicht hatte. Eine seiner Augenbrauen war hochgezogen. Er machte mit Daumen und Zeigefinger einen Kreis und blinzelte ihr zu.

      „Und nun verdufte aus meinem Theater. Um drei Uhr bist du aber wieder hier“, sagte David. „Ich erkläre dir dann, was jeder bei dem neuen Stück in der kommenden Woche zu tun hat. Voraussichtlich mache ich dich zur Hauptplatzanweiserin und du ziehst ein Minikleid an, das gerade unter deinen süßen Arschbacken endet.“

      Sie war entlassen. David wirbelte herum und schrie, die Probe ginge weiter. Die Lichter erloschen langsam, die Scheinwerfer huschten über die Bühne.

      Valentina lehnte sich zurück und dachte an das Vorstellungsgespräch vor ein paar Wochen hier im Theater zurück. Sie wollte Schauspielerin werden und ihr Klassenlehrer gab ihr eine Empfehlung.

      Das „Theater44“ in München-Schwabing stellt für die Sommersaison Schauspielschülerinnen ein. Valentina hatte sich daraufhin beworben und wurde zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen.

      Sie erinnerte sich noch, wie aufgeregt sie war, als der Besitzer des Theaters vor ihr stand. Der Mann, dessen Name von jedem Film- und Theatermagazin in ganz Europa, sogar auch in den USA, erwähnt wurde:

      Clément de Réunion, aus einem alten französischen Adelsgeschlecht, war Produzent und Besitzer des »Theater44«, einem der letzten Privattheater in Deutschland.

      Er war größer als sie gedacht hatte. Er musste zwischen vierzig und fünfundvierzig sein, die Haare waren schon ein wenig ergraut. Er hatte blaue zusammengekniffene Augen und einen schmalen Mund ohne erkennbare Lippen. Aber er lächelte charmant, als ob er sie ihr ganzes Leben lang gekannt, als ob er darauf gewartet hätte, sie als den Star seines neuen Stücks begrüßen zu dürfen.

      „Ich freue mich, Sie zu sehen, Frau Burgmeister. Ihr Foto hat mich genauso beeindruckt wie der Brief, indem Sie mir schrieben, warum Sie Schauspielerin werden wollen. Soviel Tiefe, soviel Gefühl für ein so junges Mädchen.“

      „Ja, ich will Schauspielerin werden, Herr Réunion. Ich meine, ich spüre es in mir, dass es meine Bestimmung ist, Schauspielerin zu werden. Und ich weiß, dass ich eine große Schauspielerin werden könnte. Ich brauche nur eine Chance, um mich zu beweisen. Jeder in Deutschland kennt das Theater44 und weiß, dass es das beste Sommertheater im ganzen Land ist. Ich habe sehr hart gearbeitet, Herr Réunion. Ich habe eine Szene aus »Perikles, Fürst von Tyros« von William Shakespeare vorbereitet. Ich mag Shakespeare so sehr.“

      „Sie sind sehr mutig, meine Liebe, und ehrlich. Ich mag das bei einer jungen Schauspielerin. Ehrlichkeit. Intelligenz. Es strahlt gerade aus Ihrem wunderschönen Gesicht. Und nun lassen Sie mich hören und sehen.“

      Er war begeistert! So sagte er das, obwohl er die meiste Zeit des Vorsprechens auf ihre festen Brüste gestarrt hatte.

      „Ich werde Sie zum Star des Theaters machen! Sie werden eine hervorragende Schauspielerin. Ich erkenne ein Talent, wenn ich es sehe!“

      Das hatte Clément de Réunion, der Star der Theaterszene, gesagt und Valentina hatte den Sommerjob im Theater44 erhalten.

      Nun war sie aus Rosenheim angereist und stand mit ihrem Koffer vor der Bühne des Theater44.

      Sie fühlte sich unwohl, wie bestellt und nicht abgeholt.

      Valentina drehte sich um, hob ihren Koffer hoch und blickte in das Gesicht eines der schönsten Mädchen, das sie je gesehen hatte. Die junge Frau mochte ein oder zwei Jahre älter als Valentina sein. Sie trug ein schwarzes enganliegendes Tanzkostüm, ihr volles langes schwarzes Haar war im Nacken zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Nie zuvor hatte Valentina einen so phantastischen Körper gesehen. Die Brüste drückten sich fast aus dem Schlitz des engen Tanzkleides. Ihre prächtigen Hüften, der flache Bauch, die langen, wunderschönen Beine. Es war merkwürdig für Valentina, ein Mädchen so zu betrachten und solche Gedanken zu haben.

      „Ich bin Lara Claire. Ich komme aus Wien. Dank der Großzügigkeit von Clément de Réunion haben wir beide ein kleines Zimmer im Dachgeschoss dieses Gebäudes bekommen. “

      Lara führte sie durch das Foyer des Theaters, wo ein paar junge Leute Fotos an die Wände klebten. Draußen stand ein silberblondes Mädchen in einem winzigen Minirock, T-Shirt und barfüßig auf der obersten Sprosse einer Leiter. Sie hängte die Ankündigung für das Eröffnungsstück der Saison auf:

       Linda Murcia, Hauptdarstellerin in:

       Der Fluch von Schloss Willburg

      „Linda Murcia spielt in dem Stück, das die Gruppe gerade auf der Bühne probt?“, fragte Valentina und erinnerte sich daran, wie ihre Eltern von ihr gesprochen hatten. Vor etwa zwanzig Jahren war sie ein großen Star gewesen und später hatte man in den Zeitungen lesen können, sie sei Alkoholikerin und drogensüchtig. Ihre Karriere ging steil abwärts und Valentina hatte sie nur ein einziges Mal, vor zwei Jahren, in einem Fernsehstück gesehen.

      Valentina hielt sie für phantastisch!

      „Wenn sie nüchtern bleibt und David Buchmann sie nicht in Stücke zerfetzt. Er hat mal Regie in einem Fernsehstück mit ihr geführt. Junge, Junge, das muss etwas gewesen sein! So und nun komm, ich zeige dir unsere Dachkammer damit du auspacken kannst“, sprach Lara zu ihr und zerrte sie über die Stufen der Treppe nach oben in das Dachgeschoss.

      Am hintersten Ende des schmalen Flures öffnete Lara eine Tür und deutete mit einer winkenden Geste an, dass sie eintreten soll.

      Valentina betrachtete neugierig ihren künftigen Lebensraum. Das Dachgeschosszimmer war höchstens vier Mal vier Meter groß. Es hatte zwei flache Betten an einer weiß gestrichenen Wand, einen Schrank und ein paar Haken, auf denen Laras Kleider hingen.

      „Das Badezimmer und WC ist draußen auf dem Flur und für alle hier im Dachgeschoss da.“

      Valentina spürte, wie Schweißtropfen ihren Rücken herunterliefen. Ihr blaues Kleid klebte wie Heftpflaster am Körper. Sie war müde, fühlte sich schmutzig und entmutigt. Nein, das war wirklich nicht die Theaterklasse von Frau Schneider, jeden Dienstagnachmittag im Gymnasium in Rosenheim!

      Sie spürte Laras Blicke und errötete leicht.

      „Lass dich von David Buchmann nicht entmutigen. Vielleicht wirst du ihm mal privat vorsprechen müssen. Danach sehnen wir uns alle. Sie sagen, er sei phantastisch!“

      „Wie meinst du das?“

      „Das frägst du mich doch nicht wirklich? Nun hör aber auf, Schätzchen!“

      Lara warf sich auf das niedrige Bett, spreizte die Beine, warf ihren Kopf zurück und lachte.

      „Du wirst schon dahinter kommen, Mädchen. Ich stehe auf diesen Mann. Er ist zu smart, dieser David, er ist kein Narr, der was mit Schauspielschülerinnen anfängt. Er hat eine feste Lebensgefährtin in seiner Wohnung in London. Vielleicht wirst du sie mal kennenlernen. Sie heißt Clara Meio und ist eine der hübschesten Frauen, die je in Europa geboren wurde. Ich kenne keinen Mann, der wegen Clara nicht neidisch auf David ist.“

      Lara stand auf und streckte sich, dann beugte sie sich nach hinten, so dass ihre Brüste wie mächtige Bälle unter ihrem Hals hingen, die Muskeln sich in ihren Beinen zusammenzogen.

      „Gymnastik ist gut für den Körper, besonders wenn du Schauspielerin werden willst. Dein Körper bleibt fest und jung. Ich habe in der Open Acting Academy in Wien bei Professor Haugwitz studiert. Er ist einfach der Beste. Dank seiner Empfehlung hatte ich sofort den Job hier in München.“

      Lara zog das Band aus ihrem Haar und richtete sich auf.

      Sie sah Valentina an. Ein seltsames, brennendes Gefühl kribbelte in ihrem Bauch. Sie starrte auf das ältere, dunkelhaarige Mädchen, das langsam auf sie zukam.

      „Weißt du was? Gehen wir in den Englischen Garten an die Isar, dort kühlen