Madlen Schaffhauser

Damian - Vertrauen


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hierher verschlagen?“ Ich weiss, dass sie am anderen Ende der Stadt wohnt, daher bin ich etwas neugierig geworden und frage mich, was sie in dieser Gegend macht.

      „Ich hab einen Bekannten besucht.“ Dabei kann sie ein Schmunzeln nicht unterdrücken.

      „Ach so, einen Bekannten.“ Ich rümpfe meine Stirn und steige, so gut ich kann, in ihr Lachen ein, als sie über meine Bemerkung grinsen muss.

      Wie ich von Mira gehört habe, hat Bernice eine Vorliebe für kurze Bettgeschichten. Sie ist ein total lieber Mensch, nur mit einer etwas anderen Einstellung als ich. Manchmal wünsche ich mir, ich könnte so locker sein wie sie. Dann würde ich mich jetzt vielleicht nicht so niedergeschlagen und alleine fühlen. Vielleicht könnte ich Damian dann ganz einfach aus meinem Herzen entfernen.

      „Du siehst aus, als könntest du ein bisschen Abwechslung vertragen.“ reisst sie mich aus meinen abschweifenden Gedanken und ich sehe sie etwas verdattert an. „Hast du heute Abend schon was vor? Ich kenn da einen ausgezeichneten Club.“

      „Ich weiss nicht, ob das was für mich ist.“

      „Na komm. Zwei meiner Freundinnen werden auch da sein. Das wird bestimmt lustig. Oder hast du was Besseres vor?“

      Was soll ich antworten? Dass ich mich in Miras Wohnung verkriechen möchte, um mich dem Schmerz, der sich immer mehr in meiner Brust ausbreitet, ergeben zu können?

      „Ich weiss nicht.“

      „Ach komm, gib dir einen Ruck.“

      Plötzlich erscheint mir die Gesellschaft zu meiden, nicht mehr als die sinnvollste Art, um mit Damians Verrat umzugehen. Ich brauche Ablenkung. Ich muss wieder nach vorne schauen und alles andere hinter mir lassen. Noch bevor ich länger darüber nachdenken kann, höre ich mich sagen: „Also gut. Wann und wo?“

      Nachdem ich mit Bernice einen Treffpunkt abgemacht habe, verabschieden wir uns und ich gehe weiter zur U-Bahn. Doch kaum bin ich zehn Meter weiter, ruft wieder jemand meinen Namen. Dieses Mal ist der italienische Akzent nicht zu überhören.

      „Darf ich Sie nach Hause bringen, Miss Weber?“

      Ich traue meinen Augen und Ohren nicht, als ich Pietro vor mir sehe und mir dieses Angebot macht. Warum? Sofort suche ich die Strassen nach Damian ab, aber ich kann ihn nirgends sehen. Ausser er sitzt im schwarzen Rolls Royce, neben dem Pietro steht und der auf eine Antwort wartet.

      „Ist er da drin?“ Ich nicke Richtung Limousine.

      „Nein. Er ist auf einer Konferenz. Den ganzen Tag.“

      „Und warum sind Sie hier?“

      „Weil er mir aufgetragen hat Sie zu bewachen.“

      „Ich verstehe das nicht. Es ist aus zwischen uns. Also, warum lässt er mich noch beschatten? Es kann ihm scheissegal sein, was ich mache, wer mich verfolgt oder was mir passiert!“ schreie ich heraus, woraufhin sich der Leibwächter versteift, sich aber gleich wieder fängt und mich mitleidig ansieht.

      „Er hat Sie schon mehrfach versucht zu erreichen, nur...“

      Ich schneide ihm das Wort ab, weil ich nicht hören möchte, was er sagen will. „Richten Sie ihm aus, dass er sich von mir und meinem Leben fernhalten soll.“

      „Wenn er nicht geschäftliche Dinge zu erledigen hätte, wäre er selbst hier. Es ist ihm wichtig, dass sie in Sicherheit sind und dass es Ihnen gut geht.“

      „Soll das ein Witz sein?“ Ein grausames Lachen windet sich aus meiner Kehle. Er möchte, dass es mir gut geht? „Damian ist der, der Schuld für mein Gefühlschaos ist. Sie müssten mich vor ihm beschützen!“

      „Miss Weber, bitte.“

      Er tut mir schon fast leid. All das, was ich Damian an den Kopf werfen sollte, musste sich nun sein Bodyguard anhören.

      „Lassen Sie uns gehen.“ Er hebt die Einkaufstaschen vom Boden, die ich vorhin fallen gelassen habe und legt sie in den Kofferraum. Danach öffnet er mir die hintere Wagentür. Ich leiste keinen Widerstand, weil ich auf einmal keine Kraft mehr habe und bin froh, dass mein aufgelöstes Ich niemand mehr sehen kann, nachdem ich eingestiegen bin.

      Pietro und ich reden kein einziges Wort auf der Fahrt. Er wagt nicht einmal einen Blick in den Innenspiegel. Was er seinem Boss erzählen wird, ist mir eigentlich egal. Hauptsache Damian lässt mich in Ruhe.

      Bei der Wohnung angekommen, steige ich schnell aus, bevor mir Pietro öffnen kann und nehme die Taschen entgegen, die er bereits ausgeladen hat.

      „Seien Sie nicht zu hart zu ihm.“

      Verblüfft sehe ich ihn an und mir liegt schon eine Erwiderung auf der Zunge, aber irgendwas in seinem Blick lässt mich innehalten. Stattdessen frage ich nur: „Warum?“

      „Geben Sie ihm eine Chance, es Ihnen zu erklären.“

      „Was zu erklären? Warum er mich brauchte, obwohl er die längste Zeit Helen hatte?“

      Ich sehe, wie ein Schatten über sein Gesicht gleitet und er schwer schlucken muss. „Reden Sie mit ihm.“ Er tippt sich an seine imaginäre Hutkrempe und steigt wieder ein.

      Der Appetit ist mir in der Zwischenzeit komplett vergangen und ich frage mich, warum ich überhaupt auf die Strasse gegangen bin.

      Während ich die Einkäufe in die Kästen räume, gehe ich ständig das Gespräch mit Pietro durch. Warum besteht er darauf, dass Damian und ich uns aussprechen? Letzte Nacht wurde alles gesagt, was es zu sagen gab. Damian soll mit seiner Helen glücklich werden und mich in Ruhe lassen. Je früher desto besser.

      Ich möchte von ihm nicht wissen, wie leid es ihm tut, dass er ein solches Spiel mit mir gespielt hat, dass er mir niemals wehtun wollte. Solches Mitleid brauche ich nicht. Er soll weiter sein Leben leben und ich werde meines wieder irgendwie kitten. Und damit werde ich an diesem Abend beginnen.

      Obwohl ich heute schon einmal geduscht habe, stelle ich mich ein zweites Mal darunter. Das Wasser massiert meine angespannten Schultern und spült ein klein wenig von meiner Unruhe weg, die mich seit letzter Nacht immer noch fest im Griff hat.

      Nachdem ich mich abgetrocknet und die Haare in ein Handtuch gewickelt habe, stelle ich mich vor meinen Schrank und gehe alle meine Kleider durch. Dabei fällt mir das teure Kleid, das mir Damian zur Gala gekauft hat, ins Auge und ich muss unweigerlich an jenen Abend denken. Wie wir getanzt haben, als hätten wir das schon jahrelang miteinander gemacht. Wie er mich immer wieder ansah, während wir uns unterhielten. Wie er mich anlächelte und wie erschrocken er aussah, als er mich draussen in der Kälte fand.

      All jene Bilder flimmern mir durch mein inneres Auge und ich muss mich auf die Bettkante setzen, damit ich nicht zu Boden sinke, weil es in meiner Brust plötzlich unheimlich eng wird. Damian war immer sehr aufmerksam, liebevoll und einnehmend. Aber nun weiss ich, dass alles nur vorgeheuchelt war. Ich kann immer noch nicht begreifen, wie ich mich so in ihm täuschen konnte.

      2.

      Ich stehe vor dem Club und warte auf Bernice, die schon eine halbe Stunde zu spät ist. Wenn sie in den nächsten Minuten nicht erscheint, werde ich wieder nach Hause gehen. Hier zu sein kommt mir ohnehin immer absurder vor. Lieber würde ich jetzt zu Hause auf dem Sofa liegen und irgendeinen Film ansehen, statt an diesem Ort, wo ich auf meine Mitarbeiterin warten muss. Zwar fand ich die Aussicht auf Abwechslung äusserst verlockend, als ich mich Ausgang fertig gemacht habe, aber nun habe ich immer weniger Lust auf diesen Club, aus dem laute Musik dringt.

      Gerade als ich mich entscheide von hier zu verschwinden, taucht Bernice neben mir auf.

      „Tut mir leid, tut mir leid.“ meint sie laut schnaufend. „Ich habe etwas zu lange für mein Styling gebraucht.“ Sie lächelt mich entschuldigend an.

      „Als ob du das nötig hättest.“ Sie ist von Natur aus eine schöne Frau. Mit ihren langen, gelockten, dunklen Haaren, die immer perfekt sitzen, ihren grünen