Madlen Schaffhauser

Damian - Vertrauen


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Telefon ist schon den ganzen Tag aus.“ Pietro öffnet die Tür und ich klettere in den Fond des Rolls Royce.

      Mein Smartphone liegt in meiner kleinen Handtasche. Ich habe es zwar eingesteckt, damit ich es bei einem Notfall dabei gehabt hätte, aber ich habe es seit heute Morgen nicht mehr eingeschaltet, weil ich mir nicht anhören konnte, was mir Damian sagen wollte und auf keinen Fall durfte ich seiner Stimme lauschen. Es wäre zu schmerzhaft gewesen.

      Ich drücke auf den Knopf und das Handy erwacht zum Leben. Kaum habe ich die PIN eingegeben, zeigt es mehrere unbeantwortete Anrufe und unzählig Nachrichten an. Ehe ich nachsehe, von wem sie sind, tippe ich schnell eine SMS an Bernice. „Verdammter Mist.“ meckere ich, als sich herausstellt, dass ich ihre Nummer gar nicht habe.

      „Irgendein Problem?“ fragt mich Pietro von vorne.

      „Könnten wir nochmals zum Club fahren? Ich habe meiner Kollegin nicht gesagt, dass ich gehe. Ich möchte nicht, dass sie sich Sorgen um mich macht.“

      „Schon erledigt.“

      „Wie?“

      „Als Sie nach draussen gegangen sind, habe ich Miss Turner mitteilen lassen, dass ich Sie nach Hause bringen werde.“

      „Woher waren Sie sich so sicher, dass ich mit Ihnen gehen würde?“

      „Obwohl Sie ziemlich betrunken waren, sind“ korrigiert er sich. „konnte ich an Ihrem Gesicht ablesen, dass Sie nicht mehr länger dort bleiben wollten.“

      „Sind Sie nun auch noch Gedankenleser?“

      Er schmunzelt nur und konzentriert sich wieder auf die Strasse. Also schaue ich auf mein Telefon. Bis auf ein Anruf sind alle von Damian. Der Erste war um sechs Uhr morgens. Der Letzte noch nicht einmal vor einer Stunde. Sowie ich den Nachrichtenordner geöffnet habe, seufze ich auf, als ich die vielen Mitteilung sehe, die allesamt von Damian stammen. Ich weiss nicht, ob ich es wagen darf, sie zu lesen, weshalb mehrere Minuten vergehen, bis ich den Mut gefasst habe nach unten zu scrollen, um die älteste zu öffnen.

       Liebe Jess, vergib mir.

      Geschrieben um kurz nach vier Uhr morgens.

      Die nächste SMS:

       Es tut mir leid, ich war ein Arsch.

      Darauf folgend:

       Ich muss in die Schweiz. Aber ich wünschte, ich hätte mich vorher mit dir unterhalten können. Ständig sehe ich dich vor mir, wie du mich mit deinen Augen traurig, verletzt und enttäuscht ansiehst. Bitte melde dich. Es tut mir leid.

      So geht es zehn Nachrichten weiter, ausser dass sie immer ergreifender werden.

       Wir starten bald. Ich werde erst wieder in London an mein Telefon gehen können. Das wollte ich dir kurz mitteilen. Eigentlich habe ich gehofft, dass ich noch etwas von dir höre, bevor wir abheben. Leider ist mein Wunsch nicht in Erfüllung gegangen. Jess, Babe, es war nicht meine Absicht. Sorry.

      Ich versuche die Tränen zurückzuhalten, doch sie treten mir ungebeten in die Augen und lassen die Texte vor meinen Augen undeutlich werden.

       Wir rollen nun über die Landebahn und noch immer kein Zeichen von dir. Ich wünschte, du wärst bei mir. Dein Damian

      Erst vor wenigen Minuten:

       Jess, meine Süsse. Das was ich zu erledigen hatte, habe ich getan. Ich dachte, ich würde mich danach besser fühlen, aber das tue ich nicht. Es geht mir sogar noch beschissener als davor. Es war ein sehr langer und anstrengender Tag. Wahrscheinlich sollte ich schlafen gehen, aber ich werde keine Ruhe finden, weil du nicht da bist und weil ich keine einzige Nachricht von dir erhalten habe. Jess, ich werde dir alles erklären. Ich werde dir erzählen, warum ich mich in den letzten beiden Tagen wie ein Arschloch benommen habe. Du kannst mich fragen, was immer du willst und ich werde dir alles beantworten. Bitte Jess, komm zu mir. Bitte komm in mein Appartement. Dein Damian

      Ich weiss nicht, was ich von seinen SMS halten soll. Gerne würde ich ihm all das glauben, was er hier schreibt und ihm verzeihen, aber dafür brauche ich wirklich gute Erklärungen. Noch einmal eine solche Abfuhr wie letzte Nacht überstehe ich nicht.

      Pietro meinte, dass Damian aus privaten Gründen in der Schweiz war, aber was sind das für Angelegenheiten? Hat er sich von Helen getrennt, weil er mit mir zusammen sein möchte? Wird er mir wirklich alles erzählen, was ich wissen möchte? Kann ich ihm vertrauen? Warum sollte er plötzlich bereit sein, sich mir gegenüber zu öffnen? Kann es sein, dass ich ihm vielleicht doch etwas bedeute?

      Tausend Fragen huschen durch meinen Kopf und keine kann ich beantworten. Ich bin nervös, weiss nicht, was ich machen soll.

      Ich glaube, es ist nicht sinnvoll zu dir zu kommen. Ich drücke auf senden, bevor ich die Nachricht wieder löschen kann.

      Sofort piepst mein Handy.

       Jess, tu mir das nicht an. Bitte.

      Ich möchte nichts lieber, als ihn sehen. Doch ich glaube wirklich, dass es völlig schief laufen könnte, wenn ich jetzt zu ihm gehe.

       Ich bin viel zu betrunken für ein ernsthaftes Gespräch. Und du weisst, was passiert, wenn jemand von uns zu alkoholisiert ist.

      Begründe ich meine erste SMS.

       Ich möchte dich trotzdem sehen. Wir können auch morgen reden, aber bitte komm zu mir. D

      Nachdenklich sehe ich in die Dunkelheit. So flehend und verzweifelt habe ich ihn noch nie erlebt. Ihn, der kontrollsüchtige und herrische Damian. Was soll ich nur tun?

      3.

      

      Ich gebe den Code ins Armaturenbrett und fahre vom Parkhaus bis nach oben auf seine Etage. Meine Beine sind schwach und mein Magen rebelliert. Wobei die Ursache dafür nicht nur beim Alkohol liegt, sondern viel mehr daran, dass ich in wenigen Sekunden in seinem Reich sein werde. Halt suchend stütze ich mich am Handlauf ab, damit ich nicht das Gleichgewicht verliere und beobachte das kleine, runde Licht wie es von einer Zahl zur nachfolgenden wandert.

      Meine Nervosität wird immer grösser, als ich mich dem Appartement nähere. Wie soll ich mich verhalten? Was soll ich sagen?

      Es macht Bling und der Aufzug hält. Schnell zupfe ich an meinem Kleid und richte meine Haare, bevor sich die Türen öffnen.

      Ich möchte gerade einen Schritt in seine Wohnung machen, da sehe ich ihn. Er sitzt auf einem der Sessel im Empfangsbereich. Sein Kopf hat er in die Hände gestützt, aber als er mich hört, hebt er seinen Kopf.

      Mir stockt der Atem. Er sieht mitgenommen und müde aus. Die dunklen Ringe unterstreichen zusätzlich seine erschöpfte Erscheinung. Damian steht auf und sieht mich an, sagt jedoch kein Wort. Sein Anzug, der normalerweise immer tadellos sitzt, ist völlig zerknittert. Die Krawatte liegt neben ihm am Boden. Als ich in den Raum trete, sehe ich, dass seine Augen gerötet sind. Hat er etwa geweint?

      „Hallo Jess.“ unterbricht er als erster die angespannte Stille zwischen uns.

      Mein Herzschlag beschleunigt sich und ich bringe kaum ein Wort heraus, weil der Knoten in meinem Hals unheimlich gross ist. „Hallo Damian.“ sage ich schliesslich atemlos.

      „Danke, dass du gekommen bist.“

      „Du weisst warum.“

      „Ja.“ Wir sehen uns lange an, bevor er mir eine Hand entgegenstreckt und ich meine in seine lege. Kaum berühren sich unsere Hände, geht ein berauschendes Kribbeln durch meinen ganzen Körper, während sich ein leises, verzweifeltes Stöhnen einen Weg aus Damians Mund bahnt. „Möchtest du etwas zu trinken?“

      „Wasser.“ Er lässt meine Hand nicht los, bis wir in der Küche stehen und er mir ein Glas mit Wasser füllt.

      Ich