Georgian J. Peters

Kettenwerk


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beiden eilten zu der schmalen Seitentür hinüber und schlüpften hinein. Es war die Tür zum großen Schlafsaal. Georgie war nicht da, sein Bett war leer.

      Es hat ihn also richtig erwischt, stellten sie entsetzt fest.

      „Was macht sie wohl mit ihm?“, fragte Betty erbost, aber mit verhaltener Stimme.

      „Er muss zur Strafe schlafen“, entgegnete Kessie ebenfalls flüsternd.

      „Meinst du?“, und deutete dabei auf Georgies Bett, „aber wo?“

      Mit einer unklaren Handbewegung, wandte sich Kessie ab und wies auf die Tür, wobei er unterstreichend mit dem Kopf nickte.

      „Doch, doch … Er muss schlafen … bei ihr.“ Mit wenigen Schritten war er bei der Tür.

      „Er ist bei Tante Irmtraut im Zimmer?“, fragte Betty ungläubig.

      „Ja doch.“

      „Na, ich weiß nicht.“

      „Aber ich“, entgegnete Kessie bestimmend.

      „Glaubst du wirklich, dass er jetzt bei ihr im Zimmer ist“, kam sie ihm hinterher, „… und schläft?“

      „Ganz sicher“, öffnete er vorsichtig die Tür. „Komm’ mit.“

      Auf dem Flur war es still und es war dunkel.

      Alle Kinder spielten im Garten.

      Das Dienstzimmer von Tante Irmtraut befand sich gleich schräg gegenüber. Betty stand dicht hinter Kessie und spähte an ihm vorbei in die Dunkelheit.

      „Aber warum da … und nicht in seinem Bett?“

      „Was weiß ich denn?“, antwortete Kessie abwehrend. Er trat einen Schritt auf den Flur hinaus.

      „Können wir da denn gar nix machen?“, fragte Betty und folgte ihm.

      Aber Kessie überhörte sie, bis er dann doch fragte: „Was?“

      „Na, irgendwas müssen wir doch tun?“

      „Was willst du denn tun?“

      „Anklopfen … oder so“, und schon wollte sie sich an ihm vorbeizwängen, doch Kessie hielt sie am Arm fest. „Das kannst du nicht … Was willst du denn sagen?“

      „Weiß nich’“, überlegte sie.

      „Siehst du, du weißt es nicht.“

      „Aber was ist, wenn er uns verraten hat?“

      Ein wütender Blick schoss ihr entgegen: „Das tut er nicht! Georgie nicht! Und du gehst da nicht hin!“ Dabei flog sein Kopf zum Dienstzimmer hinüber.

      „Wieso, ich trau’ mich!“ Gerade wollte sie zu der Tür hinüberrennen, als Kessie sie jäh zurückzog, sodass sie einen Halbkreis rannte und ihm unglücklich mit dem Hinterkopf die Unterlippe aufschlug. Sofort floss Blut, während er einen instinktiven Schmerzensschrei unterdrückte. Merkwürdigerweise tat sich Betty nichts, aber sofort leistete sie Erste Hilfe!

      „So ’n Mist“, stieß Kessie aus, wobei er sich vorbeugte. Mit der Hand bedeckte er schützend den Mund, als wollte er sich jeden Moment übergeben. „Sie wird dick … Ich spür’s!“

      „Und ich krieg’ bestimmte ’ne Beule.“

      „Das ist deine Schuld.“

      „Du hast mich festgehalten“, zischte sie. „Echt, blutest du? Lass’ mal sehen.“ Mit dem Finger fuhr sie über seinen Mund und verschmierte heraussickerndes Blut. „Warte, ich leck’ dir das ab.“

      Eigentlich wollte sie ihn nur ärgern, hielt seinen Kopf mit beiden Händen und kicherte.

      Er dagegen sträubte sich wie ein bockiger Rüde. Mit Haut und Haaren wollte seine Verlegenheit ihn fressen. Die Dunkelheit auf dem Flur versteckte die aufflammende Röte in seinem Gesicht und als ihre Zunge seinen linken Mundwinkel fand, war schlagartig der Schmerz verschwunden. Tatsächlich fuhr ihre Zunge suchend über seine Lippen, kreiste und erreichte die Innenseite seiner Unterlippe.

      Betty neigte den Kopf zur Seite und instinktiv öffnete Kessie die Lippen, wobei er seine Augen weit aufriss. Stromschlagartig trafen sich ihre Zungen.

      Ein gewaltiger Blitz traf ihn mitten ins Herz. Er wankte und wollte zu Boden sinken, sein ganzer Körper kribbelte.

      Spielerisch zog Betty die Zunge weg, um sie gleich darauf wieder auf die Suche zu schicken und sie nun umso fordernder kreisen zu lassen.

      Ergeben schloss Kessie die Augen.

      … daß vor meinem Angesicht zittern sollen die Fische,

      im Meer, die Vögel unter dem Himmel, die Tiere auf dem

      Felde und alles, was sich regt und bewegt auf dem Lande,

      und alle Menschen, so auf der Erde sind; und sollen die

      Berge umgekehrt werden und die Felswände und alle Mauern

      zu Boden fallen.

      Das Alte Testament. Hesekiel

      Kapitel 38,Vers20

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