Gibt es ein Thema, das mir wichtig ist, und von dem ich finde, dass Menschen mehr darüber erfahren sollten?
Kenne ich mich mit einer Sache besser aus als die meisten, zu denen ich sprechen werde?
Steht das Thema dagegen schon, wurde dir etwas vorgegeben, ist es wichtig, den Gegenstand deines Vortrags so zuzuschneiden, dass du ihn in der vorgegebenen Vortragszeit bewältigen kannst (vgl. Kap. 5.3 »Kürze und Prägnanz«). Folgende Fragen helfen dir dabei:
Infobox: Das Thema einengen
Wo berührt das Thema mein eigenes Leben? Durch welchen Aspekt bekomme ich einen persönlichen Bezug dazu?
Welcher Aspekt des Themas ist so wichtig, dass man ohne ihn die gesamte Problematik nicht wird verstehen können?
Welcher Aspekt des Themas lässt sich anschaulicher darstellen als andere?
An welcher Stelle berührt der Themenbereich den Alltag des Publikums?
Welcher Bereich lässt sich in der gegebenen Zeit darstellen, ohne zu weit ausholen zu müssen?
Was kann ich weglassen?
2.2 Das Publikum
Manches Publikum hat keine Wahl. Wer mitten im Vortrag einfach den Raum verlässt, bekommt vielleicht keinen Schein für sein Studium, einen Eintrag ins Klassenbuch, nichts zu essen oder sein Geld nicht zurück. Manches Publikum ist also gezwungen zu bleiben, aber kein Mensch kann gezwungen werden, wirklich zuzuhören. Das Interesse an dem, was auf der Bühne passiert, muss sich der*die Vortragende mit dem Einstieg erarbeiten und es im Lauf des Vortrags immer wieder neu gewinnen. Das geht nur, wenn man sein Publikum schon bei der Vorbereitung mit im Blick hat. Es hilft, sich dafür einmal die Bausteine des folgenden Satzes vor Augen zu führen:
Ich (1) spreche mit dir (2) über etwas (3) in einer bestimmten Absicht (4).
Die (1) ist klar. Sie beherrscht am Anfang alles: »Ich bin so aufgeregt!«. Dicht gefolgt von der (3) »Was soll ich sagen? Womit soll ich anfangen?«. Darüber werden die (2) »Wer sitzt denn da überhaupt im Saal?« und die (4) »Was möchte ich bei denen eigentlich erreichen?« oft vergessen oder zumindest so vernachlässigt, dass das Publikum das Gefühl bekommt, beliebig und austauschbar zu sein. Der Vortrag wirkt dann, als sei er letzte Woche schon einmal in exakt derselben Form vor einem anderen Publikum ›abgeliefert‹ worden – ohne Bezug zum Ort, ohne Bezug zu den Interessen, Wünschen und Besonderheiten, die jede neue Situation mit sich bringt. Um also flexibel reagieren und dich auch schon in der Vorbereitung auf dein Publikum einlassen zu können, kläre vorher folgende Fragen:
Infobox: Sich auf das Publikum einstellen
Wie viele Personen werden dir zuhören? Eine Schulklasse von rund 30 Schülerinnen und Schülern? Ein Kurs mit 50 Studierenden? Ein Saal mit über 100 Leuten?
Aus welchen Fachrichtungen kommen sie? Wie gut kennen sie sich mit dem aus, worüber du sprechen wirst?
Gibt es Punkte, die du voraussetzen kannst? Oder andere, die zu Beginn geklärt werden müssen, damit der Rest verständlich wird?
Gibt es Fragen zu deinem Thema, die so verbreitet, so häufig sind, dass auch dein Publikum die Antwort interessieren wird?
Gibt es Fachbegriffe, die zum Thema gehören, die erläutert werden müssen?
Was verbindet die Gruppe? Wo gibt es einen Ansatz, mit dem alle etwas anfangen können? – Das könnte dann der Einstieg in deinen Vortrag sein.
2.3 Du selbst
Sobald jemand spricht, spricht diese Person zugleich auch über sich selbst und verrät dem Gegenüber etwas über ihre Persönlichkeit und ihr Denken, sehr viel mehr, als im Manuskript der Rede und in den Stichwortzetteln der Präsentation steht. Deine Wortwahl lässt durchklingen, wie geläufig dir die Begriffe des Fachgebietes sind, die Gestik verrät, ob du schon oft anderen etwas dazu erklärt hast, ob du sowieso viel erklärst oder jetzt ausnahmsweise die Stimme erhebst, was du sonst eher vermeidest. Deine Gedankenführung, Körperhaltung und Argumentation geben dem Publikum Informationen über deine Persönlichkeit und dein Denken. Also lerne beide vor deinem Auftritt auch selbst kennen. Konfrontiere dein Publikum nicht mit etwas, das du selbst nicht kennst. Wer wenig Erfahrung hat im Sprechen vor Publikum, denkt sich vielleicht: »Vor so einer großen Gruppe zu stehen, das liegt mir nicht«, »Ich bin dafür nicht so begabt«, »Ich bin nicht so extrovertiert, das passt nicht zu mir« … und findet jede Menge anderer Gründe, um sich vor dem nächsten Referat oder der nächsten Präsentation zu drücken und stattdessen die schriftliche Arbeit zu wählen. Lebendige Rhetorik ist zwar auch eine Frage des Temperaments, aber eine größere Rolle spielt dabei die Technik, und die lässt sich lernen.
Fange an, indem du herausfindest, wo der Schwerpunkt bei deiner Vorbereitung liegen soll: Was kannst du schon, was sogar ganz gut, und was fällt dir schwer? Wenn du das noch vom letzten Referat weißt, wenn du bereits Feedback zu einem Vortrag bekommen hast, dann pack dieses Wissen noch einmal aus und schreibe es auf in zwei Spalten: ›Haben‹ und ›Soll‹.
Kennst du dich mit Argumentationstechniken schon aus, dann überfliege das entsprechende Kapitel in diesem Buch nur und nimm dir mehr Zeit für die anderen. Machst du dir z. B. mehr Sorgen über deine Körpersprache als über die Anschaulichkeit deines Themas, dann lies Kapitel 7.1 »Körpersprache – die sichtbaren Kriterien« schon einmal durch und fange mit den Übungen nicht erst zwei Tage vor Termin an. Nutze die Zeit bis dahin, um dich auch mit den Vorträgen anderer zu beschäftigen: Höre dir Reden und Gespräche im Radio und im Fernsehen an. Höre Podcasts und mache dir bewusst, warum du manchen Redner*innen gut zuhören kannst, und woran es liegt, dass du bei anderen abschalten willst. Was macht dir persönlich eine Rednerin, einen Moderator, einen Diskussionsteilnehmer sympathisch? Oft meinen wir, es läge am Thema, und täuschen uns dabei gewaltig, denn die Art, wie ein Thema vorgetragen wird, seine Verpackung, hat viel mehr Einfluss, als uns bewusst ist. Finde für dich heraus und notiere dir, was dir an Präsentationen und Reden anderer gefällt und was dir negativ auffällt. Das Publikum legt unterschiedliche Schwerpunkte, aber dein Ziel ist ja nicht, es allen recht zu machen. Dein Ziel ist, dich selbst und deine Art, deine Stärken und Schwächen kennenzulernen und herauszufinden, worauf du persönlich den Fokus legst. Fällt dir als Erstes die Gestik bei Sprecher*innen ins Auge, dann wirst du dir über deine eigene mehr Gedanken machen. Kannst du einer Präsentation besonders gut folgen, weil du eine klare Gliederung erkennst und durch die einzelnen Kapitel geführt wirst, dann darf eine Vorausschau auf den Inhalt bei deiner eigenen Rede nicht fehlen.
2.4 Ort, Raum und Bühne
Wenn du den Ort schon kennst, an dem dein Vortrag stattfinden wird, geh ruhig schon einmal dorthin, falls du die Gelegenheit dazu hast. Ganz früh am Morgen oder in einer Pause, wenn niemand dort ist. Insbesondere dann, wenn dir dein Lampenfieber Sorge macht, du besonders aufgeregt bist vor dem Moment des Auftritts selbst, ist es hilfreich, sich dort schon einmal in Ruhe umgesehen zu haben. Falls du deinen Vortrag schon fertig vorbereitet haben solltest, dann kannst du ihn dort sogar schon einmal ohne Publikum proben.
Bereite deinen Vortrag geistig vor. Damit ist nicht nur die Beschäftigung mit Fakten, Zahlen und Argumenten gemeint. Auch wichtige Phasen der Vorbereitung einer Sportlerin oder eines Schützen vollziehen sich in der Vorstellung, im ›So-tun-als-Ob‹ und sind Teil des Erfolgs. Eine Hochspringerin ist bis zum Vorabend eines Wettbewerbs ihren Sprung schon viele Male in Gedanken durchgegangen, ein Pianist hat das Musikstück, das er vortragen wird, schon viele Male ohne Tasten in der Luft und im Stillen durchgespielt. So oft, bis Routine eintritt und nicht mehr jeder Schritt einzeln gedacht werden muss. Also überlege: Wo befinden sich die Steckdosen, wo wird das Laptop stehen, wo können die Stichwortzettel abgelegt werden? Teste aus, wo du dich hinstellen wirst. Wo sehen dich alle, und wo hast du genug Platz um dich herum, so dass du nicht die ganze Zeit an einer Stelle eingeengt stehen bleiben wirst?