Peter Becker

Vom Stromkartell zur Energiewende


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      Peter Becker

      Vom Stromkartell zur Energiewende

      Aufstieg und Krise der

      deutschen Stromkonzerne

      3., aktualisierte und erweiterte Auflage 2021

      Fachmedien Recht und Wirtschaft | dfv Mediengruppe | Frankfurt am Main

       Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

      Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

      ISBN: 978-3-8005-1758-9

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      © 2021 Deutscher Fachverlag GmbH, Fachmedien Recht und Wirtschaft, Frankfurt am Main

       www.ruw.de

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      Druckvorstufe: Lichtsatz Michael Glaese GmbH, 69502 Hemsbach

      Druck und Verarbeitung: WIRmachenDRUCK GmbH, 71522 Backnang

       Vorwort

      Ein Geschäftsmerkmal der Stromwirtschaft war das Kartell. Unter Anführung der Amerikaner wurden riesige Kartelle gestrickt, beispielsweise das weltweite Glühlampenkartell Phoebus. Aber eine wirksame Kartellaufsicht konnte in Deutschland, anders als in den USA, nicht durchgesetzt werden. Im Gegenteil: Die Nazis fanden die kartellierte Stromwirtschaft gut und bewahrten sie mit dem Energiewirtschaftsgesetz 1935 vor den „schädlichen Folgen des Wettbewerbs“, wie es in der Präambel hieß.

      Warum Karweina sein Buch „Der Stromstaat“ genannt hatte, erschließt sich bei Beleuchtung der Frage, wem die Stromwirtschaft eigentlich gehörte. Das waren einmal die Kommunen, deren Eigenbetriebe, quasi Ämter der Verwaltung, etwa die Hälfte der deutschen Stromwirtschaft ausmachten. Außerdem entstanden neben dem RWE, an dem Kommunen die Stimmenmehrheit hielten, in der Inflationszeit die Landeselektrizitätsgesellschaften wie PreussenElektra, Badenwerk, später die Energieversorgung Schwaben etc., über die die Länder unmittelbaren Einfluss auf die Stromwirtschaft erhielten. Bis lange nach dem Zweiten Weltkrieg gehörte damit die Stromwirtschaft fast völlig dem Staat, wenn man von den privaten Stromversorgern und der industriellen Eigenerzeugung absieht. So erklärt sich, warum es bis in unsere Tage keine wirksame Aufsicht über die Stromwirtschaft gab: Der Staat wollte sich eben nicht selbst Fesseln anlegen.

      Diese Erkenntnis gab den Anstoß für dieses Buch. Sein Autor, Anwalt, in verschiedenen Bereichen des Verwaltungsrechts erfahren, wurde mit einem spektakulären Prozess vor dem Bundesverfassungsgericht Quereinsteiger ins Energiewirtschaftsrecht. Es gelang, den westdeutschen Energiekonzernen die kommunalen Stromversorgungen, die sie der Regierung der DDR abgekauft hatten, wieder wegzunehmen. Das war eine Folge des geschärften Blicks für die Triebkräfte hinter unscheinbaren rechtlichen Regeln. Sie lösten den Wunsch aus, mit diesem geschärften Blick auch die weitere Entwicklung der Stromwirtschaft zu betrachten, allerdings auch unter rechtlichen Aspekten. Denn – anders als bis zum Zweiten Weltkrieg – bemächtigte sich der Staat danach auch des Energiewirtschaftsrechts (jetzt des Energierechts; warum, werden wir sehen).

      Günter Karweina sollte und musste mit seinem tollen Buch ein Denkmal gesetzt werden. Deswegen bedient sich der Autor vieler wörtlicher Formulierungen, die in ihrer Aussagekraft nicht zu übertreffen sind. Aber Karweinas 170 Seiten bis zum Zweiten Weltkrieg wurden ganz stark gekürzt, auf 43 Seiten. Außerdem wird der Blick konzentriert auf die rechtlich relevanten Bereiche, die Karweina als Journalist nicht mit demselben Gewicht herausarbeitete.

      Es waren die Amerikaner, die in Deutschland ein Kartellgesetz erzwangen. Aber der Staat und seine Unternehmen verhinderten den Zugriff der Kartellaufsicht auf die Energiewirtschaft, sie blieb „Ausnahmebereich“. Dieser Rechtszustand änderte sich erst 1998, nachdem die EU die Mitgliedstaaten zur Liberalisierung auch der Energiemärkte gezwungen hatte. Diese Entwicklungen – die Entstehung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, der Stromstreit vor dem Bundesverfassungsgericht in 1991/92, die Liberalisierung – werden in den ersten Kapiteln dargestellt. Dabei war sehr hilfreich, dass der Autor jedenfalls seit dem Stromstreit intensiv auf die Liberalisierung Einfluss nehmen konnte, etwa mit den Musterprozessen gegen die langfristigen Strom- und Gaslieferverträge der Konzerne. Aus diesen Aktivitäten ist übrigens eine Anwaltskanzlei entstanden, die die wohl führende europäische Energieanwaltsfirma darstellt, was auch damit zusammenhängt, dass Deutschland eine wegen der zahlreichen Stadtwerke pluralistische Energiewirtschaft hat, die viel Beratungsbedarf erzeugt.

      Es folgen die Darstellungen der aktuellen Entwicklungen und Auseinandersetzungen: Die Zulassung der Fusionen RWE/VEW durch das Bundeskartellamt und von VEBA/VIAG mit ihren Töchtern PreussenElektra und Bayernwerk zu E.ON durch die Europäische Kommission. Statt das Entstehen von marktbeherrschenden Giganten zu verhindern, haben die Kartellaufsichten sie gefördert – mit fragwürdigen Rechtfertigungen. Als große Fehlleistung erwies sich auch die Zulassung der Fusion E.ON/Ruhrgas mit Hilfe einer Ministererlaubnis; eine Fehlleistung allerdings nur des Staates, während E.ON damit ein glänzender Coup gelungen ist, der das Unternehmen zu einem der größten Energiekonzerne der Welt machte. Minister Müller musste sich auf Druck der Öffentlichkeit aus dem Verfahren zurückziehen. Sein Staatssekretär Tacke übernahm die Erteilung der Ministererlaubnis – und beide wurden belohnt: Minister Müller wechselte vom Kabinett zum Vorstandsvorsitzenden der RAG, Tacke wurde Chef der STEAG; gut für die beiden, aber für den Rechtsstaat ein Trauerspiel.

      Auch die staatliche Überwachung der Strompreisbildung war kein Glückserlebnis für die Verbraucher. Die staatliche Preisaufsicht, eingerichtet in den siebziger Jahren, blieb weitgehend wirkungslos, was nicht nur an der mangelhaften Ausstattung der Landesbehörden lag, sondern auch an den rechtlichen Regularien. Nach der Liberalisierung gab es kurzzeitigen heftigen Wettbewerb insbesondere zwischen RWE und EnBW. Aber der wurde beigelegt, indem sich die Konzerne über ihre Vorgehensweise bei der Preisbildung an der EEX verständigten. Da es keine „Andienungspflicht“ an der Börse gibt, wurden 80 % des Stromhandels