Matthias Lodemann

Kirchliche Loyalitätspflichten und die Europäische Menschenrechtskonvention


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und Art. 5 V GrO, der absolut formuliert ist, kann nur so aufgelöst werden.

      180 Richardi, Arbeitsrecht in der Kirche, S. 125; Thüsing, Kirchliches Arbeitsrecht, S. 111; Weiß, in: FS Listl, S. 511, 526, Fn. 50.

      181 S. z.B. das Mitarbeitergesetz der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen vom 20.11.2000 (§§ 1,4) sowie die Arbeitsrechtsregelung über berufliche Mitarbeit in der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern und ihrer Diakonie für den Bereich der privatrechtlichen Dienstverhältnisse vom 21.11.2000 (§ 6, allerdings erlassen im Verfahren des „Dritten Weges“).

      182 Fey, AuR 2005, 349, 350.

      183 BVerfGE 70, 138.

      184 Kirchenamtliche Begründung zur „Richtlinie des Rates der EKD über die Anforderungen der beruflichen Mitarbeit in der EKD und des Diakonischen Werkes der EKD“, epd-Dokument Nr. 29 aus 2005, S. 6 ff.

      185 Fey, AuR 2005, 349, 351.

      186 Richardi, Arbeitsrecht in der Kirche, S. 93.

      187 Vgl. auch Richardi, Arbeitsrecht in der Kirche, S. 11, 65.

      188 Thüsing, Kirchliches Arbeitsrecht, S. 103 weist zu Recht darauf hin, dass die Ausnahme z.B. im weiten Aufgabenspektrum der Diakonie eher zum Regelfall wird. Fey, AuR 2005, 349, 351 weist darauf hin, dass es in einigen Fällen sogar gerade darauf ankommen kann, nicht-christliche Mitarbeiter zu beschäftigen, etwa bei einer muslimischen Kindergärtnerin in einem integrativen Kindergarten.

      189 Eine Übersicht über deren Mitgliedskirchen findet sich auf http://www.oekumeneack.de/Mitgliedskirchen.42.0.html.

      190 Insoweit ist die RL.EKD also liberaler als die entsprechende Regelung der katholischen GrO.

      191 Fink-Jamann, Antidiskriminierungsrecht, S. 113.

      192 Vgl. ausführlicher Thüsing, Kirchliches Arbeitsrecht, S. 102 ff.

      193 D.h. sie haben das Evangelium als für sich richtig und verbindlich anzuerkennen, Thüsing, Kirchliches Arbeitsrecht, S. 107.

      194 Thüsing, Kirchliches Arbeitsrecht, S. 106.

      195 Fink-Jamann, Antidiskriminierungsrecht, S. 117.

      196 Can. 1055 CIC.

      197 Gemeinsame Erklärung der EKD und der Geschäftsführung der Kommission der Orthodoxen Kirche in Deutschland zu Ehen zwischen evangelischen und orthodoxen Christen und Christinnen, abrufbar unter http://www.ekd.de/EKD-Texte/ehen_evangelische_und_orthodoxe_christen.html.

      198 Vgl. Lev 18, 22; 20, 13; Röm 1, 26-28; Kor 6, 9; 1. Tim 1, 10.

      199 Budde, AuR 2005, 353, 356.

      200 Rat der EKD, Mit Spannungen leben – Eine Orientierungshilfe zum Thema „Homosexualität und Kirche“, 1996, zusammengefasst unter http://www.ekd.de/homosexualitaet/presse/pm_2004_mit_spannungen_leben.html.

      201 Kirchenamt der EKD, Verlässlichkeit und Verantwortung stärken – Stellungnahme zur Verbesserung des Rechtsschutzes für gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften und zur besonderen Bedeutung und Stellung der Ehe, 2000, abrufbar unter http://www.ekd.de/EKD-Texte/lebensgemeinschaft_2000.html.

      202 Kirchenamt der EKD, Theologische, staatskirchenrechtliche und dienstrechtliche Aspekte zum kirchlichen Umgang mit den rechtlichen Folgen der EIntragung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz, 2002, abrufbar unter http://www.ekd.de/EKD-Texte/empfehlungen_gleichgeschlechtliche_partnerschaften_2002.html.

      203 Thüsing, Kirchliches Arbeitsrecht, S. 110.

      204 Fink-Jamann, Antidiskriminierungsrecht, S. 116.

      205 Thüsing, Kirchliches Arbeitsrecht, S. 110. Inwieweit ein solches Gespräch allerdings beispielsweise bei vorsätzlichen Straftaten gegen die Kirche, etwa Diebstahl oder Sachbeschädigung von Kircheneigentum, noch hilfreich und damit sinnvoll ist, erscheint dennoch zweifelhaft – im Übrigen auch für die entsprechende Regelung in der katholischen Kirche.

      206 Vgl. BVerfGE 70, 138, 168, sowie unten § 4 Reichweite der verfassungsrechtlichen Selbstverwaltungsgarantie.

      § 3 DIE RECHTSPRECHUNG BIS 1985: VOM UMFASSENDEN TENDENZSCHUTZ ZU GESTUFTEN LOYALITÄTSOBLIEGENHEITEN

      Bereits mehrfach ist auf die Grundsatzentscheidung des BVerfG im 70. Band207 hingewiesen worden. Die Historie vor den Arbeitsgerichten ist jedoch eine andere. Auf eine ausführlichere Darstellung kann hier nicht verzichtet werden, da es möglich erscheint, dass der EGMR mit seiner im Zentrum dieser Arbeit stehenden Judikatur auf die in Deutschland überkommene Rechtsprechung der Arbeitsgerichte rekurrieren wollte, indem wieder eine Stufung verlangt würde.208

      A. Die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte

      I. BAG AP Nr. 15 zu § 1 KSchG

      Den Startpunkt der bundesdeutschen Rechtsprechung in Sachen Kündigung durch kirchliche Arbeitgeber setzt die oft zitierte Anstreicher-Entscheidung vom 31.01.1956.209 Zu beurteilen war die Kündigung eines Handwerkers („Anstreicher“) durch ein zu einer katholischen Kirchengemeinde gehörendes Hospital. Gegen diese Kündigung wandte sich besagter Handwerker. Der Kläger hatte fünf Jahre nach der Scheidung, die durch Alleinschuld seiner Ehefrau verursacht war, sexuelle Beziehungen zu einer 18jährigen Haushaltsgehilfin aufgenommen, die daraufhin schwanger wurde. Der Kläger ehelichte sie sodann, woraufhin die Kirchengemeinde die Kündigung aussprach. Die hiergegen gerichtete Klage hatte vor dem Arbeitsgericht und LAG Erfolg; in der Revision vor dem BAG obsiegte die Kirchengemeinde. Damit der religiös-kirchliche Charakter der Anstalt gewahrt bliebe, seien strengere Anforderungen vonnöten als in einem rein wirtschaftlichen Unternehmen. Schon der außereheliche Geschlechtsverkehr könne also gegebenenfalls einen triftigen Grund i.S.d. § 1 II KSchG bilden und so die Kündigung rechtfertigen. Schwerer wiege aber noch die erneute Eheschließung, die dem katholischen Eheverständnis, das dieselbe als unauflösliches Sakrament betrachtet,210 widerspreche. Auch wenn die erneute Eheschließung zivilrechtlich erlaubt und gebilligt sei, so könne es doch nicht Aufgabe der Gerichte sein, „über die beiden gegensätzlichen Auffassungen moralisch zu urteilen und einer von ihnen den Vorzug zu geben“211, denn kirchenrechtlich bedeutet diese, dass der Gläubige sich selbst aus der aktiven katholischen Kirche ausschließe. Vielmehr sei der Kläger durch seinen katholischen Glauben und seine langjährige Betriebszugehörigkeit an die Tendenz der Anstalt gebunden. Die Kündigung war damit zur Bewahrung der Glaubwürdigkeit der Kirche, die sich selbst treu bleiben müsse, gerechtfertigt. Im Ergebnis postulierte das BAG also einen – allerdings sehr weit reichenden – Tendenzschutz für kirchliche Arbeitgeber, analog zu den bekannten Tendenzbetrieben.

      II. LAG Saarbrücken NJW 1976, 645

      Dieser weit reichende Schutz wurde allerdings von den niederen Instanzen in den folgenden Jahrzehnten nicht immer aufgegriffen, im Gegenteil: Ein hervorstechendes Beispiel ist das Urteil des LAG Saarbrücken vom 29.10.1975.212 Die Leiterin eines katholischen Kindergartens hatte, wiederum entgegen