sein kann, da für die Sachbehandlung nach §§ 45, 47 mit § 60 Abs. 1 Nr. 7 BZRG eine eigene Eintragungsgrundlage besteht. Zu den Grundzügen des Strafregisterrechts s. eingehend § 97 Rn. 8 ff.
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Im Zwischenverfahren ist die Eröffnung des Hauptverfahrens gem. § 204 StPO abzulehnen, weil ein hinreichender Tatverdacht (§ 203 StPO) nicht besteht. Eine Einstellung gem. § 47 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 kommt vor der Eröffnung des Hauptverfahrens nicht in Betracht (ebenso jetzt auch Eisenberg § 47 Rn. 5; Ostendorf § 3 Rn. 16; Brunner/Dölling Rn. 10). § 47 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 verwendet – im Unterschied zu dessen Nr. 3 – den verfahrensrechtlichen Begriff des „Angeklagten“, der gem. §§ 157, 203 StPO voraussetzt, dass das Hauptverfahren eröffnet ist. Dabei handelt es sich nicht etwa um ein Redaktionsversehen; das 1. JGGÄndG hat bei der Neufassung des § 47 die Formulierung der Nr. 3 a.F. („Angeklagter“, jetzt Nr. 4) ausdrücklich beibehalten, andererseits aber den Begriff des „Angeklagten“ in Nr. 1 a.F. unter ausdrücklicher Bezugnahme auf § 157 StPO durch den Begriff des „Jugendlichen“ (Nr. 3 n.F.; s. § 47 Rn. 14) ersetzt (BT-Drucks. 11/5829, S. 26). RiJGG Nr. 2, 2. Hs. zu § 3 muss daher entsprechend eingeschränkt verstanden werden.
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Nach der Eröffnung des Hauptverfahrens kann der Richter sowohl außerhalb, als auch in der Hauptverhandlung das Verfahren mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft durch Beschluss einstellen, wenn der Angeklagte mangels Reife strafrechtlich nicht verantwortlich ist (§ 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4). Ergeht ein Urteil, so ist er freizusprechen. Verfahrensbeendigende Entscheidungen gem. §§ 206a, 260 Abs. 3 StPO kommen nicht in Betracht, weil die strafrechtliche Verantwortlichkeit keine Prozessvoraussetzung, sondern Merkmal der Schuld ist (Rn. 2).
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Bei Freispruch durch Urteil sind die die objektive Strafbarkeit begründenden Tatumstände gleichwohl in den Urteilsgründen festzustellen (allg. M.). Dies ist nicht nur aus erzieherischen Gründen geboten, sondern auch, weil die strafrechtliche Verantwortlichkeit nicht abstrakt, sondern immer nur in Bezug auf die zur Aburteilung stehenden Taten geprüft wird (Rn. 5–7); diese können dem Angeklagten schon im Hinblick auf den Registereintrag gem. § 60 Abs. 1 Nr. 6 BZRG nicht einfach unterstellt werden. Zudem hat der Angeklagte zumindest bei einem auf eine Hauptverhandlung ergehenden Urteil das Recht auf Feststellung, ob der in der Anklage erhobene Vorwurf wenigstens objektiv zu Recht besteht. Dies gilt insbesondere dann, wenn Maßnahmen nach Satz 2 in Betracht gezogen werden.
1. Allgemeines
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Ist der Jugendliche mangels Reife strafrechtlich nicht verantwortlich, so kann der Jugendrichter – nicht auch der Jugendstaatsanwalt – zu dessen Erziehung dieselben Maßnahmen anordnen, wie das Familiengericht. Satz 2 erweitert damit die Kompetenz des Jugendrichters in formaler Hinsicht für die Fälle, in denen eine strafrechtliche Rechtsfolgeentscheidung nach dem JGG wegen des Fehlens einer Schuldvoraussetzung ausgeschlossen ist und dient damit der erzieherisch erwünschten Beschleunigung und Konzentration des Verfahrens. Ob der Jugendrichter von dieser Kompetenz Gebrauch macht, steht in seinem pflichtgemäßen Ermessen, das unter erzieherischen Gesichtspunkten auszuüben ist. Der Richter prüft, ob die festgestellte (s. Rn. 34) Anlasstat erzieherische Maßnahmen erforderlich macht und ob es nach Sachlage zweckmäßig ist, die (weiteren) Entscheidungen über erzieherische Maßnahmen auf eine andere Person zu verlagern. Selbst zu entscheiden wird sich insbesondere dann anbieten, wenn bereits eine Hauptverhandlung durchgeführt ist und unverzüglich erzieherische Maßnahmen auf Grund der dabei getroffenen Feststellungen zur Tat und zur Person des Täters erforderlich erscheinen.
2. Zulässigkeit von Maßnahmen
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Die nach Satz 2 zulässigen erzieherischen Maßnahmen sind gem. § 34 Abs. 3 die Unterstützung der Eltern, des Vormundes und des Pflegers durch die dort genannten bürgerlich-rechtlichen Maßnahmen (§ 1631 Abs. 2, §§ 1800, 1915 BGB) und die Maßnahmen zur Abwendung einer Gefährdung des Minderjährigen (§§ 1666, 1666a, 1837 Abs. 4, 1915 BGB). Danach kann unter den nachstehend beschriebenen Umständen auch die Anordnung der Inanspruchnahme von Hilfe zur Erziehung nach den §§ 27 bis 40 SGB VIII in Betracht kommen (ebenso Eisenberg Rn. 42 m.Nw.; Brunner/Dölling Rn. 23). Inhaltlich folgt die Anordnungskompetenz des Jugendrichters aus § 34 Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. §§ 1666 Abs. 1 BGB. Die danach zulässigen Maßnahmen schließen im Hinblick auf § 1 Abs. 3 Nr. 3 SGB VIII auch die Hilfsmaßnahmen nach den § 27 ff. SGB VIII ein. Dies gilt, wie die Verweisung in § 34 Abs. 3 Nr. 2 zeigt, aber nur unter den Voraussetzungen der §§ 1666, 1666a BGB, also wenn die Gefährdung des Kindeswohls auf das Versagen der Eltern oder Dritter zurückzuführen und somit eine Konstellation gegeben ist, die das Einschreiten des Familiengerichts nach bürgerlich-rechtlichen Vorschriften ohnehin erforderlich machen würde (s. etwa BayObLG FamRZ 1995, 948; OLG Düsseldorf FamRZ 1995, 950 ff.). Andernfalls würden die Rechtsfolgen des § 12 verhängt, ohne dass die dafür erforderliche strafrechtliche Verantwortlichkeit gegeben wäre (§ 12 Rn. 5). Die Beteiligung des Jugendamts folgt zwingend aus § 38.
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Die materiell-rechtlichen Voraussetzungen der Maßnahmen richten sich nach den jeweiligen Vorschriften des BGB (absolut h.M. vgl. etwa Eisenberg § 3 Rn. 42; Bohnert NStZ 1988, 255). Der insoweit auch im bürgerlichen Recht geltende Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist zu beachten (BGH FamRZ 1979, 225 f. m.w.N.; vgl. auch § 1666a BGB). Strafzumessungserwägungen dürfen, da eine strafrechtliche Rechtsfolgenentscheidung mangels Schuld (§ 3 S. 1) ausgeschlossen ist, bei der Anordnung der Erziehungsmaßnahmen nach Satz 2 nicht angestellt werden. Ebenso sind Maßnahmen nach den §§ 9–12 unzulässig, so dass auch § 11 keine Anwendung findet. Wird eine nachträgliche Änderung der Maßnahmen erforderlich, so bleibt auch für sie der Jugendrichter zuständig (so nunmehr auch Eisenberg Rn. 58; a.A. noch Brunner/Dölling Rn. 24; Dallinger/Lackner § 3 Rn. 43, jeweils ohne Begründung), solange sich auch die geänderten Anordnungen im Rahmen seiner nach Satz 2 eröffneten Kompetenz (Rn. 35) bewegen. Dies ergibt sich mangels anderslautender Vorschriften schon aus der Sachnähe des ursprünglich entscheidenden Richters. Zudem ergibt sich der Konzentrationswille des Gesetzgebers auch aus dem Rechtsgedanken des § 34 Abs. 2 und 3, von dem nur aus besonderen Gründen abgewichen werden soll.