Jürgen Taeger

Recht im E-Commerce und Internet


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geklärt ist bislang, wie von einer künstlichen Intelligenz (auch artifizielle Intelligenz, AI oder KI)4 abgekoppelt von jedem menschlichen Handeln abgegebene Erklärungen einzuordnen sind. Dort entscheidet ein Algorithmus oder ein künstliches neuronales Netz aufgrund eigener Lernerfahrungen (mittels Machine Learning oder Deep Learning) über Inhalt und Zeitpunkt einer Erklärung, ohne dass dies noch auf einen menschlichen Willen zurückgeführt werden könnte. Mit der Willenserklärungslehre ist dies nicht in Einklang zu bringen, sodass für derartige Erklärungen allenfalls eine deliktische Verantwortlichkeit des jeweiligen Anwenders in Betracht kommt, aber keine Rechtsgeschäfte begründet werden.5

       c) Mausklick oder Fingertipp als Erklärungshandlung

      Eine rechtliche Besonderheit der elektronischen Willenserklärungen besteht darin, dass sie zuweilen nur in einem schwachen Bezug zum Äußernden stehen. Oft bestehen die Erklärungen „nur“ aus einem Mausklick oder einem Fingertipp auf einem Touchscreen, sodass die Zuordnung der Erklärung zum Erklärenden nicht immer ohne Weiteres erfolgen kann. Dabei ist zu beachten, dass jeder Nutzer mit einer Vielzahl von Mausklicks oder Fingertipps durch Websites oder Anwendungen auf einem Smart Device navigiert; nur in einzelnen Fällen handelt es sich hierbei aber um rechtserhebliche Erklärungen.

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       2. Formbedürftigkeit

      Wenn nach den gesetzlichen Regeln für eine Willenserklärung keine bestimmte Form einzuhalten ist, so kann diese unproblematisch auch als elektronische Willenserklärung abgegeben werden.

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       3. Arten der Vertragsanbahnungen

      Die Vertragsanbahnung im Internet und E-Commerce erfolgt üblicherweise über Onlineshops.

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      Bei einem Onlineshop gestaltet jemand, der Waren, Dienste oder digitale Inhalte im Internet anbieten möchte, eine Website oder App so, dass seine Leistungen beschrieben werden und deren Bestellung ermöglicht wird. Um den Bestellvorgang zu automatisieren, wird meist ein virtueller Warenkorb integriert, in den der Besteller alle Waren, die er erwerben möchte, per Mausklick oder Fingertipp übernehmen kann. Hat er alle Waren ausgewählt, so muss er seine persönlichen Angaben (Name, Adresse, ggf. Kundennummer, Zahlungsform usw.) über eine Bildschirmmaske eingeben und per Mausklick oder Fingertipp die nunmehr vollständige Bestellung an den Anbieter abschicken.

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      Derartige Onlineshops werden zunehmend in soziale Netzwerke oder Informationsangebote im Internet integriert, z.B. in Themenportale. Solche Themenportale können von Anbietern oder Herstellern zur Kundenansprache mit dem Ziel vertrieblicher Abschlüsse betrieben werden, ebenso aber auch von selbstständigen Dritten, welche dort die themenbezogenen Informationen mit Erwerbsmöglichkeiten für passende Produkte oder Leistungen verknüpfen. Dabei kann der Vertragsschluss dadurch erleichtert werden, dass der Verbraucher keinen eigenen Account unter Eingabe persönlicher Daten mehr anlegen muss, sondern seine Daten aus einem Nutzerzugang etwa bei Amazon, Google, Apple oder PayPal übernehmen kann.

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      1 Zur Regulierung der Plattformverträge durch die sog. P2B-Verordnung siehe Kap. 7, Rn. 7. 2 Zusammenfassend Paulus, JuS 2019, 960, 962f. 3 Glossner, in: Leupold/Glossner, MAH IT-Recht, 2013, Teil 2, Rn. 15; Säcker, in: MüKo-BGB, 2018, Einl. BGB AT Rn. 189; Spindler, in: Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 2019, Vorb. §§ 116 BGB ff. Rn. 6. 4 Ausführlich zu technischen Grundlagen und aktuellen Entwicklungen von KI Pieper, InTeR 2016, 188, 189ff.; InTeR 2018, 9, 11ff.; aus Sicht des Datenschutzes siehe Datenschutzkonferenz (DSK), Positionspapier der DSK zu empfohlenen technischen und organisatorischen Maßnahmen bei der Entwicklung und dem Betrieb von KI-Systemen v. 6.11.2019, https://www.datenschutzkonferenz-online.de/media/en/20191106_positionspapier_kuenstliche_intelligenz.pdf. 5 Zum Diskussionsstand etwa Borges, NJW 2018, 977; Denga, CR 2018, 69. 6 Mit Beispielen Glossner, in: Leupold/Glossner, MAH IT-Recht, 2013, Teil 2, Rn. 20ff. 7 Vgl. BGH, Urt. v. 7.6.1984 – IX ZR 66/83; Kitz, in: Hoeren/Sieber/Holznagel, Multimedia-Recht, 2021, Kap. 13.1,