Bernd Heinrich

Handbuch des Strafrechts


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Kostentragende zur Last fällt (dies ist der Hauptpfeiler des brüchigen Legitimationskonzepts solch einer Prohibition, vgl. noch Rn. 101 ff.). Abgesichert wird dies durch die Nichtverfügbarkeit der entsprechenden Substanzen und durch ein Verbot, mit diesen Stoffen umzugehen.

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      Ökonomisch gesehen handelt es sich bei der Prohibition um eine ultima-ratio-Maßnahme, welche Angebot und Nachfrage des wirtschaftlichen Guts beeinflusst. Der potentielle Konsument hat nämlich nun die Möglichkeit, auf einen (meist sich unmittelbar entwickelnden) Schwarzmarkt zurückzugreifen, sich also – unbeeindruckt von der Strafandrohung – dem Totalverbot zu widersetzen.[29] Alternativ kann er ggf. auf andere legale Stoffe ausweichen (selten aus Angst vor Strafe, mehr aufgrund des Vertrauens in den Gesetzgeber, dem man Fachkunde und Empathie für den Bürger unterstellt und daher davon ausgeht, dass auch wirklich nur „äußerst gefährliche“ Stoffe unter Verschluss gehalten werden[30]). Soweit man sich das Ausweichprodukt „ausrechnen“ und in Relation zur wirtschaftlichen Bedeutung des verbotenen Guts stellen kann, läuft man stets Gefahr, die Zuordnung des Stoffes nicht am Gesundheitsschutz, sondern an wirtschaftlichen Interessen auszurichten. Es sollte daher auch nicht überraschen, dass das Verbot einzelner Konsumgüter in Zeiten der Globalisierung eine weltwirtschaftliche Frage ist (jedenfalls im Falle ihrer kontrollierten Freigabe[31] und nicht bloßer Entkriminalisierung), und das Paradigma universell zu kippen droht, wenn die „Zentralgestalten“ des Wirtschaftsverkehrs am Umsatz der Ware Interesse zeigen.[32]

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      Betäubungsmittelstrafrecht ist daher – anders als das Lebensmittel-, Wein- oder Chemikalienstrafrecht – auch praktisch im Wesentlichen „strafrechtliche“ Materie. In einem freien Markt treten die aufgestellten Verstöße gegen die präventiven Verhaltensnormen, seltener zu Tage, das Strafrecht als Mittel der Verhaltensregulierung spielt praktisch keine, allenfalls eine symbolische Rolle.[33] Zudem kommen die Nachfragenden, also die Konsumenten als potentielle Straftäter kaum in Betracht. Hingegen hat die Ausgestaltung des Betäubungsmittelrechts, insbesondere das allumfassende Verbot, welches auch die Erwerberseite kriminalisiert, zur Folge, dass häufiger gegen dieses Gesetzeswerk (in strafrechtlich verfolgbarer Weise) verstoßen wird. Auch der Nachweis der Straftat bereitet dann keine Schwierigkeiten, da die per se verbotene Handlung (anders als „interne“ Verstöße gegen Produktionsvorschriften) sichtbar ist. Dies spiegelt sich in dem seit Jahren kontinuierlich zwischen 6,5–7,8 % pendelnden Anteil der Betäubungsmittelkriminalität an der Gesamtkriminalität in der amtlichen PKS wider, was das Betäubungsmittelstrafrecht zum forensisch bedeutsamsten Nebenstrafrechtsgebiet macht (wobei das Gros der verfolgten Straftaten sog. „Konsumdelikte“ betrifft, zur Statistik und weiteren wichtigen Zahlenquellen vgl. noch Rn. 29 ff.).[34]

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      Mit diesen Vorüberlegungen dürfte auch deutlich geworden sein, welches Verständnis von Betäubungsmittelstrafrecht auf den folgenden Seiten Grunde gelegt wird. Behandelt wird kein „Drogenstrafrecht“ im weiteren Sinn (dem in Anlehnung an die Begriffsdefinition der WHO „jede Substanz, die in einem lebenden Organismus Funktionen zu verändern vermag“ zugrunde liegt und damit alle Substanzen – unabhängig von ihrem rechtlichen Status – und damit auch die eingangs genannten Regelwerke des Verbraucherschutzstrafrechts erfasst), sondern ein ausschließlich auf das deutsche Betäubungsmittelrecht Bezug nehmendes Begriffsverständnis. Jedoch sollen auch solche Stoffe in den Blick genommen werden, die zumindest potentiell in den Anwendungsbereich des Betäubungsmittelgesetzes fallen könnten bzw. sich im „Dunstkreis“ der Prohibition befinden. Hierzu zählen Grundstoffe, die der Herstellung von Rauschmittel dienen sowie Stoffe, die wegen ihrer starken psychoaktiven/stimulierenden/sedativen Wirkung das Potential aufweisen, als Rauschmittel missbraucht zu werden, aber noch nicht dem Betäubungsmittelgesetz, dafür womöglich einem neu geschaffenen Regelwerk, dem NpSG unterliegen (angesprochen sind damit sog. „legal highs“, vgl. noch Rn. 40).

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      Das Betäubungsmittelstrafrecht im engeren Sinn umfasst damit die Vorschriften der § 29 ff. BtMG, welche auf die Vorschriften des Betäubungsmittelrechts Bezug nehmend (insbesondere die §§ 1–13 BtMG) den unerlaubten Umgang mit Opiaten und sonstigen Betäubungsmitteln i.S.d. § 1 BtMG unter Strafe stellen. Daneben lassen sich auch die Strafvorschriften des Grundstoffüberwachungsgesetzes (§ 19 GÜG) sowie des Gesetzes über das Verbot neuer psychoaktiver Substanzen (§§ 4, 5 NpSG) hierunter fassen. Das Arzneimittelrecht erfasst prima vista ebenfalls Stoffe, die zu Rauschzwecken missbraucht werden können; nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung des EuGH sollen allerdings unter den Begriff des Arzneimittels nur Stoffe fallen, die dem Körper zuträglich sind und die nicht lediglich konsumiert werden, um einen Rauschzustand hervorzurufen, was die strafrechtliche Bedeutung des Arzneimittelrechts im Drogenstrafrecht erheblich marginalisiert (→ BT Bd. 6: Oğlakcıoğlu, § 55 Rn. 3 ff.).

B. Grundlagen

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      Das umfassende Verbot des Umgangs mit ausgewählten Stoffen hat seinen Ursprung in der Single Convention 1961.[35] Die eingangs beschriebene – aus der Innenperspektive des Rechts maßgebliche – Klassifizierung von Drogen nach legalen Stoffen und illegalen Betäubungsmitteln geht also auf einen völkerrechtlichen Vertrag zurück. Doch existierten bereits zuvor Gesetze, die den Umgang mit einzelnen Rauschsubstanzen zum Gegenstand hatten. Die Regulierung von Produktionsprozessen und des Warenverkehrs zum Schutze des Verbrauchers beginnt mit der Industrialisierung Ende des 19. Jahrhunderts, die jedoch den Genuss- bzw. problematischen Konsum noch nicht betrifft und damit auch nicht darauf ausgelegt ist, die Verfügbarkeit spezieller Stoffe bzw. Drogen zu unterbinden. Erst als in den Kriegsjahren das Problem des Missbrauchs von Rauschsubstanzen – insbesondere Opium und Morphin – realisiert und als grenzüberschreitendes Phänomen auf internationalen Kongressen thematisiert wird, geht man dazu über, spezifische (also auf ganz konkrete Wirkstoffe bzw. Rohstoffe sowie beschränkte) Regulierungs- bzw. Verbotsgesetze zu erlassen.

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      Den ersten Schritt bildet hierbei die Haager Opiumkonvention von 1912, in der sich die Partner auf die Begrenzung der Opiumproduktion, den Vertrieb und Gebrauch ausschließlich zu medizinischen Zwecken einigen.[36] Die deutsche Gesetzgebung ist – angesichts der weltweit führenden Position deutscher Pharmakonzerne zu jenem Zeitpunkt– zögerlich hinsichtlich etwaiger Ratifizierungsmaßnahmen und beschränkt sich zunächst auf den Erlass der OpiumV vom 15. Dezember 1918,[37] welche den Umgang mit den Bezugsstoffen „bürokratisiert“, aber nicht verbietet. Erst mit dem Ende des ersten Weltkriegs und der Unterzeichnung des Versailler Vertrags (vom 26. Juni 1919, Art. 295) sieht sich die Regierung gezwungen, das Abkommen von 1912 zu ratifizieren. Das OpiumG 1920 tritt in Kraft:[38] es verbietet den Verkehr mit Rauchopium und knüpft die Abgabe von Rohopium bzw. Opium zu medizinischen Zwecken an strenge Voraussetzungen. Mit der Zeit werden auch weitere Stoffe in das Verbot einbezogen (Kokain, Ekgonin).

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      Der letzte große Schritt vor der Single Convention 1961 ist das Zweite Genfer Abkommen vom 19. Februar 1925 (Übk. 1925/II),[39] in dem sich die Vertragsstaaten zu