Sebastian Korts

Grundlagen des Internationalen Steuerrechts


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zum Beispiel wenn die Ehefrau bei der Wahl der Wohnung die Bedürfnisse des Ehemannes in dessen Einvernehmen berücksichtigt; gemeinsame Vorstellungen über die Einrichtung genügen jedoch nicht. Wer einen Wohnsitz im Ausland begründet, hat auch einen Wohnsitz im Inland, sofern er seine inländische Wohnung weiterhin unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, sie beibehalten und nutzen zu wollen.5 Zur Begründung eines steuerlichen Wohnsitzes im Inland nach § 8 AO ist nicht Voraussetzung, dass sich dort auch der Mittelpunkt der Lebensinteressen befindet,6 oder dass der Steuerpflichtige von dort aus seiner täglichen Arbeit nachgeht.7 Ein Wohnsitz i.S. des § 8 AO setzt auch nicht voraus, dass der Steuerpflichtige sich während einer Mindestzahl von Tagen oder Wochen im Jahr tatsächlich in der Wohnung aufhält; auch unregelmäßige Aufenthalte in einer Wohnung können zur Aufrechterhaltung eines dortigen Wohnsitzes führen.8

      Der gewöhnliche Aufenthalt ist in § 9 AO definiert. Eine Person hält sich an einem Ort gewöhnlich auf, wenn die Umstände erkennen lassen, dass sie an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt.

      Ein Aufenthalt von weniger als sechs Monaten kann einen gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne des § 9 AO begründen, wenn ein längerer Aufenthalt beabsichtigt war („leere Flasche voll“). Dies kann große praktische Probleme verursachen, denn die äußeren Umstände müssen erkennen lassen, dass die betreffende Person sich nicht nur vorübergehend im Inland aufhält. Sogenannte Grenzpendler haben keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.

      Bei zeitlich zusammenhängendem Aufenthalt von mehr als 6 Monaten wird der gewöhnliche Aufenthalt unwiderleglich vermutet, sofern nicht Satz 3 greift. Die 6-Monats-Frist braucht nicht in einem Kalenderjahr erfüllt zu werden. Es muss sich um einen zeitlich zusammenhängenden Aufenthalt handeln, mehrere kurzfristige Aufenthalte dürfen bei der Berechnung der Frist nicht zusammengerechnet werden. Der tatsächliche Aufenthalt hat wegen seiner einfachen Nachweisbarkeit große praktische Bedeutung. Auf den Wunsch oder den Willen kommt es nicht an. So führt z.B. ein Aufenthalt von mehr als 6 Monaten in einem Krankenhaus (beachte jedoch § 9 Satz 3 AO) oder Gefängnis zu einem gewöhnlichen Aufenthalt.

       Findet ein Aufenthalt vom mehr als 6 Monaten im Inland, jedoch an ständig unterschiedlichen Orten statt (z.B. infolge einer Rundreise zu verschiedenen potenziellen Kunden in Deutschland), so kann die unbeschränkte Steuerpflicht lediglich infolge der 6-Monats-Frist begründet werden.

      Ein Aufenthalt, der nicht länger als ein Jahr dauert und ausschließlich zu Besuchs-, Erholungs-, Kur- oder ähnlichen privaten Zwecken genommen wird, begründet i.d.R. keinen gewöhnlichen Aufenthalt, § 9 Satz 3 AO. Die Ausdehnung der 6-Monats-Frist in § 9 Satz 3 AO schließt nicht aus, dass zugleich ein gewöhnlicher Aufenthalt nach § 9 Satz 1 AO begründet wird. Infolge der 6-Monats-Frist ist nur ein gewöhnlicher Aufenthalt möglich.

      Ein vergleichbares Begriffspaar zu „Wohnsitz – gewöhnlicher Aufenthalt“ für natürliche Personen besteht für Körperschaftsteuersubjekte mit dem Begriffspaar „Geschäftsleitung – Sitz“.

      Bei der unbeschränkten Steuerpflicht gilt das Welteinkommensprinzip. Gemäß § 1 Abs. 1 EStG sind steuerpflichtig natürliche Personen mit Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland. Gemäß § 1 KStG sind steuerpflichtig Körperschaften mit Geschäftsleitung oder Sitz im Inland. Von der beschränkten Steuerpflicht sind nur inländische Katalogeinkünfte des § 49 EStG betroffen. Gemäß §§ 1 Abs. 4, 49ff. EStG sind beschränkt steuerpflichtig natürliche Personen, die weder Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben. Gemäß § 2 KStG in Verbindung mit § 49 EStG sind beschränkt steuerpflichtig Körperschaften, die weder Geschäftsleitung noch Sitz im Inland haben.

       3. Umfang der Steuerpflicht einer Körperschaft

      Erzielt eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse, die weder Sitz noch Geschäftsleitung im Inland hat, inländische Einkünfte im Sinne von § 2 Nr. 1 KStG, so unterliegt diese der beschränkten Steuerpflicht mit den inländischen Einkünften im Sinne des § 49 EStG (in Verbindung mit § 8 Abs. 1 und 2 Nr. 1 KStG). Hat eine solche Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse ohne Sitz oder Geschäftsleitung im Inland keine inländischen Einkünfte im Sinne von § 2 Nr. 1 KStG, so ist sie in Deutschland nicht steuerpflichtig.

       4. Sitz/Geschäftsleitung

      Der Sitz ist gesetzlich definiert in § 11 AO. Es ist der Ort, der durch Gesetz, Gesellschaftsvertrag, Satzung, Stiftungsgeschäft oder dergleichen bestimmt ist.

      Der Sitz kann also durch Rechtsgeschäfte bestimmt werden.

       Deutsche Gesellschaften haben ihren Satzungssitz im Gesellschaftsvertrag stehen. In anderen Ländern ist ein derartiger Satzungssitz nicht vorhanden. Oftmals wird auf den Registersitz verwiesen. Es handelt sich um den Ort in dem Land, in dem die Gesellschaft registriert ist.

      Dazu zählen die tatsächlichen und rechtsgeschäftlichen Handlungen des gewöhnlichen Betriebes des Handelsgeschäfts sowie die zur gewöhnlichen Verwaltung gehörenden organisatorischen Maßnahmen, die für Rechnung der Person getroffen werden, deren Ort der Geschäftsleitung zu bestimmen ist. I.d.R. sind dies die Büroräume des Unternehmers oder Geschäftsführers. Entscheidend ist letztlich das Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse, wobei es darauf ankommen soll, wo nach den tatsächlichen Verhältnissen die für die Geschäftsführung notwendigen Maßnahmen von einiger Wichtigkeit angeordnet werden. Bei einer Aufteilung zwischen technischer und wirtschaftlicher Leitung ist letztlich die wirtschaftliche entscheidend.

      Gewerbesteuerpflicht besteht nur für inländische Gewerbebetriebe, § 2 Abs. 1 Satz 1 a.E. GewStG. Dabei ist der Gewerbeertrag wie folgt zu kürzen:

       – um den Teil, der auf eine nicht im Inland belegene Betriebsstätte entfällt, § 9 Nr. 3 GewStG,16

       – um Gewinne aus ausländischen Kapitalgesellschaften (Dividenden), unter den in § 9 Nr. 7 GewStG genannten Voraussetzungen,17

       – um Gewinne aus Anteilen an einer ausländischen Gesellschaft (Personengesellschaften) im Sinne des § 9 Nr. 2 GewStG.

       II. Unterschiede bei unbeschränkter und beschränkter Einkommensteuerpflicht

      Die unbeschränkte und die beschränkte Steuerpflicht unterscheiden sich in ihrem Grundprinzip: Während die unbeschränkte Steuerpflicht nach dem Welteinkommensprinzip sämtliche Einkünfte einer natürlichen Person umfasst und die Besteuerung nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip vornimmt, richtet sich die beschränkte Steuerpflicht nach dem Territorialprinzip und hat einen