Лев Толстой

Anna Karenina, 2. Band


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mir gefällt er sehr gut; aber nicht deswegen etwa, weil er mein künftiger beau frère ist,“ antwortete die Lwowa, „und wie schön er sich hält! Es ist so schwer, sich in solch einer Situation gut zu halten und nicht komisch zu werden. Er aber ist nicht komisch, nicht steif, er ist offenbar ergriffen.“

      „Ihr habt dies wahrscheinlich erwartet?“

      „Fast so. Sie hat ihn stets geliebt.“

      „Nun, beobachten wir, wer von ihnen zuerst auf den Teppich tritt. Ich habe es Kity geraten.“

      „Gleichviel,“ antwortete die Lwowa, „wir sind doch alle die untergebenen Weiber; es liegt dies doch einmal in unserer Rasse.“

      „Ich bin aber doch vorsätzlich zuerst mit Wasiliy darauf getreten; und Ihr Dolly?“

      Dolly stand neben ihnen, sie hörte wohl, antwortete aber nicht; sie war tief gerührt. Die Thränen standen ihr in den Augen und sie hätte kein Wort reden können, ohne in Thränen auszubrechen. Sie freute sich über Kity und Lewin; in ihrer Erinnerung zu der eigenen Trauung zurückkehrend, blickte sie nach dem wonneglänzenden Stefan Arkadjewitsch, vergaß alles Gegenwärtige und dachte nur ihrer ersten unschuldigen Liebe. Sie dachte nicht allein an sich, sondern auch an alle nahestehenden oder ihr bekannten Frauen. Sie erinnerte sich ihrer in jener einzigen, für sie so feierlichen Zeit, da sie ebenso wie Kity unter dem Kranze gestanden hatte mit Liebe, Hoffnung und Bangen im Herzen, sich lossagend von der Vergangenheit und in eine geheimnisvolle Zukunft eintretend. In der Zahl aller dieser Bräute, die ihr ins Gedächtnis kamen, sah sie auch ihre geliebte Anna, über deren vermutliche Trennung sie unlängst die Einzelheiten gehört hatte. Auch sie hatte rein in den Pomeranzenblüten und dem Schleier da gestanden. Und jetzt? „Furchtbar seltsam“ – sagte sie.

      Aber nicht nur die Schwestern, auch die Freundinnen und weiblichen Verwandten folgten allen Einzelheiten der heiligen Handlung; auch die fremden Frauen, die Zuschauerinnen beobachteten voll Aufregung, mit stockendem Atem, in der Furcht, eine einzige Bewegung verlieren zu können, den Ausdruck der Mienen des Bräutigams und der Braut, und antworteten ärgerlich den gleichgültigen Reden der gleichgültigen Männer gar nicht, oder überhörten sie oft sogar, wenn dieselben scherzhafte oder nebensächliche Bemerkungen fallen ließen.

      „Weshalb sieht sie so verweint aus? Folgt sie ihm gezwungen?“

      „Was, gezwungen einem so schönen Manne! Ist er nicht ein Fürst?“

      „Das ist wohl seine Schwester dort im weißen Atlaskleid? Höre nur, wie der Diakonus plärrt ‚und sie soll ihren Mann fürchten‘.“

      „Sind sie denn fremd?“

      „Nein, es sind synodale.“

      „Ich habe einen Diener gefragt. Er sagte, daß der Bräutigam die Braut sogleich mit sich auf sein Gut nehmen würde. Er soll unendlich reich sein, heißt es. Deswegen hat man ihm auch die Braut gegeben.“

      „Nicht doch, das Paar ist so schön.“

      „Und da habt Ihr nun gestritten, Marja Wasiljewna, daß die Kanarienvögel wegflögen. Sieh die dort, es soll eine Gesandtin sein, wie gewählt“ —

      „Die Braut ist doch zu lieblich, wie ein geputztes Lämmchen. Was Ihr auch sagen mögt; es ist doch schade um sie.“

      So schwatzte der Haufe der Zuschauerinnen durcheinander, dem es gelungen war, durch die Thüren der Kirche hereinzuschlüpfen.

      6

      Nachdem die Trauungsfeier in der Kirche beendet war, breitete der Küster vor dem Altarplatz in der Mitte der Kirche ein rosafarbenes, seidenes Zeug aus; der Chor stimmte einen kunstvollen und schwierigen Psalm an, in welchem Tenor und Baß sich antworteten und der Priester, sich umwendend, wies die Verlobten auf das ausgebreitete rosafarbene Stück Zeug hin. So oft diese nun schon davon gehört hatten, daß, wer zuerst auf den Teppich träte, das Regiment in der Familie führen würde, vermochten sich doch weder Lewin noch Kity dessen zu entsinnen, als sie die wenigen Schritte zurücklegten. Sie hörten weder die vernehmbaren Bemerkungen und Auseinandersetzungen, daß nach der Beobachtung der Einen er, nach der Meinung der Anderen – beide zugleich darauf getreten wären.

      Nach den üblichen Fragen betreffs ihres Wunsches die Ehe zu schließen, ob sie nicht anderweit Versprechungen gegeben hätten, auf die ihre Antworten ihnen selbst seltsam genug klangen, begann eine neue Ceremonie.

      Kity hörte die Worte des Gebetes und bemühte sich, deren Sinn zu verstehen, aber sie vermochte dies nicht. Das Gefühl des Stolzes und der lichten Freude begann mit der sich dem Ende nähernden Feier mehr und mehr ihre Seele zu erfüllen, und machte es ihr unmöglich, aufmerksam zu sein. Man betete: „Gieb ihnen Weisheit und Leibesfrucht zu ihrem Nutzen, damit sie heiter seien beim Anblick ihrer Söhne und Töchter;“ es wurde erwähnt, daß Gott das Weib aus einer Rippe Adams geschaffen habe, und „deswegen wird der Mensch Vater und Mutter verlassen und dem Weibe anhangen und sie werden beide sein ein Leib,“ und „dieses Geheimnis ein großes“ sei; man betete, daß Gott ihnen Fruchtbarkeit und Segen verleihe, wie Isaak und Rebekka, Joseph und Mose, und daß sie die Söhne ihrer Söhne noch sehen möchten. „Alles das ist schön,“ dachte Kity, als sie diese Worte vernahm, „alles das kann auch gar nicht anders sein“ und ein Lächeln der Freude, das sich unwillkürlich allen denen, die sie anschauten, mitteilte, glänzte auf ihrem hellgewordenen Antlitz auf.

      „Setzt ihn nur ordentlich auf!“ vernahm man zuredende Stimmen, als der Geistliche ihnen die Kränze aufsetzte, und Schtscherbazkiy mit zitternder Hand, im dreiknöpfigen Handschuh, den Kranz hoch über Kitys Kopf hielt.

      „Setzt ihn auf,“ flüsterte diese lächelnd.

      Lewin blickte sie an und war überrascht von dem freudestrahlenden Glanze, welcher auf ihrem Gesicht lag; diese Empfindung teilte sich auch ihm unwillkürlich mit, und auch ihm wurde dabei so leicht und heiter zu Mut, wie ihr.

      Es machte ihnen Freude, dem Lesen der Apostelsendung zu lauschen und dem Verrauschen der Stimme des Protodiakonus beim letzten Vers, das von dem zuschauenden Publikum mit großer Ungeduld erwartet worden war. Es machte ihnen Freude, aus der flachen Schale den lauen roten Wein, mit Wasser gemischt, zu trinken, es machte ihnen noch mehr Freude, als der Geistliche, das Meßgewand zurückwerfend, ihrer beider Hände in die seine nahm und sie unter dem Dröhnen der Bässe, welche das „Jesu freue dich“ ausführten, rings um den Altar geleitete. Schtscherbazkiy und Tschirikoff, welche die Kränze hielten, verwickelten sich in die Schleppe der Braut, lächelten gleichfalls und waren heiter, bald stehen bleibend, bald nach vorn anstoßend an die Jungvermählten, sobald der Geistliche eine Pause im Rundgang machte. Der Götterfunke der Freude, der in Kity entzündet war, schien sich allen mitzuteilen, die in der Kirche anwesend waren; und Lewin dünkte es, als wenn auch der Geistliche und der Diakonus, ebenso wie er, zu einem Lächeln neigten.

      Der Geistliche nahm die Kränze von ihren Häuptern, las das letzte Gebet und beglückwünschte die jungen Eheleute. Lewin schaute auf Kity und noch nie bisher hatte er diese so gesehen. Sie war reizend in dem ungewohnten Schimmer von Glück, welcher auf ihrem Antlitz lag. Lewin wollte zu ihr sprechen, aber er wußte nicht, ob die Feier zu Ende sei. Der Geistliche entriß ihn seinen Bedenken, er lächelte ihm gutmütig zu und sagte leise, „küßt Euer Weib, und Ihr, küßt Euren Mann“ und nahm ihnen die Lichter aus den Händen.

      Lewin küßte taktvoll ihre lächelnden Lippen, reichte ihr den Arm, und verließ im Gefühl der Nähe eines neuen, seltsam berührenden Etwas die Kirche.

      Er glaubte nicht und konnte nicht glauben, daß es Wahrheit sei. Erst als ihn verwunderte und schüchterne Blicke trafen, glaubte er daran, weil er fühlte, daß sie schon Eins waren.

      Nach dem Souper, noch in der nämlichen Nacht, fuhren die jungen Leute nach dem Dorfe ab.

      7

      Wronskiy und Anna reisten bereits seit drei Monaten zusammen in Europa. Sie hatten Venedig, Rom, Neapel besucht und waren soeben in einer kleinen italienischen Stadt angekommen, wo sie sich für einige Zeit niederzulassen gedachten.

      Ein eleganter Oberkellner, mit einem vom Nacken beginnenden Scheitel