sie liebevoll an und streichelte mich hinter den Ohren.
„Sie hat zwar wunderschöne Augen, aber eigentlich war es ihre kleine Zunge, die mir gar keine andere Chance lässt“, erklärte sie ihm und vergrub ihre Nase in einem Taschentuch.
Da konnte ich ja nur von Glück sagen, dass meine Nase gerade in diesem Moment so fürchterlich gekribbelt hatte.
Manche Dinge scheinen sogar in einem Hundeleben schicksalhaft vorgegeben zu sein.
Ob wir wohl auch das Gottes-Gen in uns tragen?
Die Übergabe
An einem der folgenden Abende machte sich Unruhe in meiner Menschenfamilie breit.
Für den Abend schien sich Besuch angemeldet zu haben, denn nicht nur unsere Mama wurde gebürstet, auch an uns fünf Welpen machte sich die Menschenfamilie zu schaffen.
Die Krönung aber war meine Behandlung. Ich musste nicht nur ein Vollbad unter der Dusche nehmen und wurde dann noch mit einem Fön malträtiert – nein, ich bekam auch noch eine dicke, rote Schleife um meinen kleinen Hals.
Die Aufregung der Menschenfamilie sprang natürlich auch auf uns Vierbeiner über. Der Erste, den es traf, war mein ältester Bruder. Er war zwei Minuten vor mir auf die Welt gekommen.
Wir konnten nun längst selbst aus unserer Kiste heraus und hatten alle noch nicht so recht begriffen, was das Wort „stubenrein“ für eine Bedeutung haben sollte. So nahmen wir unsere Toilettengänge nicht in unsere tägliche Planung auf, sondern verrichteten sie dort, wo sie uns gerade überkamen.
Und an diesem Abend überkam ein solches Bedürfnis meinen Bruder eben genau unter dem großen Lehnstuhl im Wohnzimmer. Zum Leidwesen der menschlichen Nasen handelte es sich um ein größeres Geschäft, was für unsere Menschenfamilie aber nicht gleich auffindbar war.
Schließlich waren wir aus gutem Hause und Diskretion war Ehrensache!
So gingen die Menschen gerade schnüffelnd den Raum ab, als die Klingel ertönte. Mir wurde schlecht. Irgendetwas Ungewöhnliches passierte heute Abend; etwas, das nicht der Normalität entsprach. Zwei Hände packten mich unsanft und schoben mich ins Schlafzimmer. Mir wurde noch übler …
Draußen hörte ich Stimmen. Meine Übelkeit war nicht mehr aufzuhalten und ein gelber Klecks landete auf dem roten Bettvorleger. Hätte die Menschenfamilie sich wenigstens für einen gelben Teppich entschieden, dann wäre das Unglück wenigstens nicht ganz so offensichtlich gewesen.
Mir war das alles schrecklich peinlich. Aber es scheint auch in einem Hundeleben so etwas wie höhere Gewalt zu geben.
Da ging die Schlafzimmertür auf und ich wurde in einen Plüschkorb gesetzt. Der gelbe Fleck auf dem roten Teppich blieb glücklicherweise von dem Menschenkind unbemerkt.
„Da habt ihr eure Prinzessin.“ Vor mit saß mein neuer Lebensherr mit meiner neuen Lebensfrau und vor lauter Aufregung bekam ich Durchfall. Es machte einmal kurz „Pitsch“ und das Plüschkörbchen hatte sich von einer Sekunde auf die andere in eine Kloake verwandelt ...
„Der Name Prinzessin passt nun wirklich zu dem kleinen Stinker.“ Meine Lebensfrau lachte aus voller Kehle und hob mich aus dem Korb. „Wir werden dich Maxi nennen. Seit meiner Kindheit träume ich von einem Schäferhund, der mir gehört und der den Namen Maxi trägt. Du bist zwar eine viel kleinere Ausgabe, aber Hund bleibt Hund und Name bleibt Name. Von heute an bist du mein Lebenshund – Verzeihung, meine Lebenshündin.“
Da ging wohl mal wieder ihre Fantasie mit ihr durch. Mir war der ganze Monolog pupsegal, aber das traute ich mich nun wirklich nicht an diesem Abend.
Das neue Zuhause
In klugen Büchern über Welpenerziehung findet man den Rat, dem Hund in den ersten Nächten einen Wecker ins Körbchen zu legen. So soll der Herzschlag der Mutter vorgetäuscht und dem Welpen Geborgenheit vermittelt werden.
Nach meinem kleinen „Unfall“ im Plüschkorb musste der Bezug schon am ersten Abend gewaschen werden. Meine Lebensfrau brachte es nicht übers Herz, mich in einem kahlen Korb nächtigen zu lassen. Außerdem hatte sie das Schlafzimmer mit Zeitungspapier ausgelegt, um so jedem weiteren „Unfall“ vorzubeugen. Und so wurde es zu meinem Hundeschicksal, dass ich meine erste Nacht im neuen Heim im Bett meiner Lebensfrau verbringen durfte.
Vorher hatte ich mit meinem Lebensherrn auf dem bunten Teppich im Wohnzimmer herumgetollt und war von ihm die vier Stockwerke hinunter getragen worden, damit ich draußen mein Geschäft verrichten konnte. Der Durchfall war endlich vorüber, stellte ich begeistert fest.
So schlief ich tief und fest in dieser ersten Nacht quer über den Hals meiner Lebensfrau gestreckt und verschwendete keinen Gedanken an meine Mama oder meine Brüder.
Am nächsten Morgen sagte meine Lebensfrau, dass ich eine wahrlich kluge Hundedame sein müsse. Den einzigen klitzekleinen Schlitz zwischen all dem Zeitungspapier hatte ich mit sicherer Spürnase ausfindig gemacht, damit mein kleines Geschäft nur ja nicht die Zeitungen nass machte. Vielleicht wollte sie ja noch irgendwer lesen!
Nachdem sich damit der Gang die Treppen hinunter an diesem Vormittag vorerst erledigt hatte, konnte ich mir in aller Ruhe mein neues Zuhause bei Tageslicht ansehen. Sehr groß war die Wohnung ja nicht, aber sie lag über den Dächern des kleinen Vorortes und hatte eine riesengroße Terrasse – zumindest kamen mir die Steinplatten sehr zahlreich vor.
Meine Lebensfrau und mein Lebensherr schienen wirklich an alles gedacht zu haben, denn die kleinen Zwischenräume zwischen den einzelnen Betonbrüstungsplatten hatten sie mit Draht verschlossen. Sie schienen zu glauben, dass ich einen Fluchtversuch plane. Ich dachte aber gar nicht daran, zu fliehen. Es schien mir hier doch recht gut zu gehen.
Aus der Küche kam der Geruch von frisch aufgebrühten Kaffee, und mein Lebensherr verschloss die Tür nicht, als er aus dem Bad kam. Dann konnte ich mich dort ja einmal umschauen. Eine Badewanne und eine Dusche kannte ich nun schon von meiner Menschenfamilie. Aber dieses weiße Ding neben der Wanne war mir unbekannt. Es hatte einen Deckel, der offen stand.
Eines konnte ich von klein auf gut: Springen. So nahm ich all meinen Mut zusammen und – hops … Mit den Vorderpfoten versuchte ich mich abzustützen, während meine Hinterpfoten sich am Rand festklammerten. Vergeblich. Jetzt half nur noch mein quietschender Hilferuf, bevor meine Vorderpfoten ganz den Halt auf dem glitschigen Untergrund verloren. Vor meinen Augen gluckerte blau gefärbtes Wasser …
Es ist schon beachtlich, wie schnell Menschen bei einem kleinen Hundebaby sind, wenn dies nur die richtigen Laute von sich gibt. Eine Erfahrung an diesem Tag, die ich mit in mein Leben nahm.
Nach meiner Rettung aus der Toilette ging mein Lebensherr mit mir zum Frühstückstisch, und meine Lebensfrau verfasste mit großen Lettern auf einem Blatt Papier einen Text.
Von diesem Tag an stand auf dem Toilettendeckel zu lesen:
Den Deckel bitten wir zu verschließen, um weitere Selbstmordattacken unseres Hundes im Keim ersticken zu können.
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