Зигмунд Фрейд

Das Ich und das Es / Я и Оно


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einmal seine eigene Frau und seine Kinder berühren; täte er es, so würden sie von Geschwüren befallen werden. Er wird dann rein durch Waschungen «und anderes Zeremoniell.

      «Bei den Natchez in Nordamerika waren junge Krieger, die den ersten Skalp erbeutet hatten, durch sechs Monate zur Befolgung gewisser Entsagungen genötigt. Sie durften nicht bei ihren Frauen schlafen und kein Fleisch essen, erhielten nur Fisch und Maispudding zur Nahrung… Wenn ein Choctaw einen Feind getötet und skalpiert hatte, begann für ihn eine Trauerzeit von einem Monat, während welcher er sein Haar nicht kämmen durfte. Wenn es ihn am Kopfe juckte, durfte er sich nicht mit der Hand kratzen, sondern bediente sich dazu eines kleinen Steckens…«

      «Wenn ein Pima-Indianer einen Apachen getötet hatte, so mußte er sich schweren Reinigungs- und Sühnezeremonien unterwerfen. Während einer sechzehntägigen Fastenzeit durfte er Fleisch und Salz nicht berühren, auf kein brennendes Feuer schauen, zu keinem Menschen sprechen. Er lebte allein im Walde, von einer alten Frau bedient, die ihm spärliche Nahrung brachte, badete oft im nächsten Fluß und trug – als Zeichen der Trauer – einen Klumpen Lehm auf seinem Haupte. Am siebzehnten Tage fand dann die öffentliche Zeremonie der feierlichen Reinigung des Mannes und seiner Waffen statt. Da die Pima-Indianer das Tabu des Mörders viel ernster nahmen als ihre Feinde und die Sühne und Reinigung nicht wie diese bis nach der Beendigung des Feldzuges aufzuschieben pflegten, litt ihre Kriegstüchtigkeit sehr unter ihrer sittlichen Strenge oder Frömmigkeit, wenn man will. Trotz ihrer außerordentlichen Tapferkeit erwiesen sie sich den Amerikanern als unbefriedigende Bundesgenossen in ihren Kämpfen gegen die Apachen.«

      So interessant die Einzelheiten und Variationen der Sühne- und Reinigungszeremonien nach Tötung eines Feindes für eine tiefer eindringende Betrachtung auch sein mögen, so breche ich deren Mitteilung doch ab, weil sie uns keine neuen Gesichtspunkte eröffnen können. Vielleicht führe ich noch an, daß die zeitweilige oder permanente Isolierung des berufsmäßigen Henkers, die sich bis in unsere Neuzeit erhalten hat, in diesen Zusammenhang gehört. Die Stellung des» Freimannes «in der mittelalterlichen Gesellschaft vermittelt in der Tat eine gute Vorstellung von dem» Tabu «der Wilden[33].

      In der gangbaren Erklärung all dieser Versöhnungs-, Beschränkungs-, Sühne- und Reinigungsvorschriften werden zwei Prinzipien miteinander kombiniert. Die Fortsetzung des Tabu vom Toten her auf alles, was mit ihm in Berührung gekommen ist, und die Furcht vor dem Geist des Getöteten. Auf welche Weise diese beiden Momente miteinander zur Erklärung des Zeremoniells zu kombinieren sind, ob sie als gleichwertig aufgefaßt werden sollen, ob das eine das primäre, das andere sekundär ist, und welches, das wird nicht gesagt und ist in der Tat nicht leicht anzugeben. Demgegenüber betonen wir die Einheitlichkeit unserer Auffassung, wenn wir all diese Vorschriften aus der Ambivalenz der Gefühlsregungen gegen den Feind ableiten.

      b) Das Tabu der Herrscher

      Das Benehmen primitiver Völker gegen ihre Häuptlinge, Könige, Priester wird von zwei Grundsätzen regiert, die einander eher zu ergänzen als zu widersprechen scheinen. Man muß sich vor ihnen hüten, und man muß sie behüten[34]. Beides geschieht vermittels einer Unzahl von Tabuvorschriften. Warum man sich vor den Herrschern hüten muß, ist uns bereits bekannt geworden: weil sie die Träger jener geheimnisvollen und gefährlichen Zauberkraft sind, die sich wie eine elektrische Ladung durch Berührung mitteilt und dem selbst nicht durch eine ähnliche Ladung Geschützten Tod und Verderben bringt. Man vermeidet also jede mittelbare oder unmittelbare Berührung mit der gefährlichen Heiligkeit und hat, wo solche nicht zu vermeiden ist, ein Zeremoniell gefunden, um die gefürchteten Folgen abzuwenden. Die Nubas in Ostafrika glauben z. B.,»daß sie sterben müssen, wenn sie das Haus ihres Priesterkönigs betreten, daß sie aber dieser Gefahr entgehen, wenn sie beim Eintritt die linke Schulter entblößen und den König veranlassen, diese mit seiner Hand zu berühren«. So trifft das Merkwürdige ein, daß die Berührung des Königs das Heil- und Schutzmittel gegen die Gefahren wird, welche aus der Berührung des Königs hervorgehen, aber es handelt sich dabei wohl um die Heilkraft der absichtlichen, vom König ausgehenden Berührung im Gegensatz zur Gefahr, daß man ihn berühre, um den Gegensatz der Passivität und der Aktivität gegen den König.

      Wenn es sich um die Heilwirkung der königlichen Berührung handelt, brauchen wir die Beispiele nicht bei Wilden zu suchen. Die Könige von England haben in Zeiten, die noch nicht weit zurückliegen, diese Kraft an der Skrofulöse geübt, die darum den Namen:»The King's Evil«trug. Königin Elisabeth entsagte diesem Stück ihrer königlichen Prärogative ebensowenig wie irgend einer ihrer späteren Nachfolger. Charles I. soll im Jahre 1633 hundert Kranke auf einen Streich geheilt haben. Unter dessen zuchtlosem Sohn Charles II. feierten nach der Überwindung der großen englischen Revolution die Königsheilungen bei Skrofeln ihre höchste Blüte.

      Dieser König soll im Laufe seiner Regierung bei hunderttausend Skrofulöse berührt haben. Das Gedränge der Heilungsuchenden pflegte bei dieser Gelegenheit so groß zu sein, daß einmal sechs oder sieben von ihnen anstatt der Heilung den Tod durch Erdrücktwerden fanden. Der skeptische Oranier Wilhelm III., der nach der Vertreibung der Stuarts König von England wurde, weigerte sich des Zaubers; das einzigemal, als er sich zu einer solchen Berührung herbeiließ, tat er es mit den Worten:»Gott gebe Euch eine bessere Gesundheit und mehr Verstand. «[35]

      Von der fürchterlichen Wirkung der Berührung, in welcher man, ob auch unabsichtlich, gegen den König oder das, was zu ihm gehört, aktiv wird, mag folgender Bericht Zeugnis ablegen.»Ein Häuptling von hohem Rang und großer Heiligkeit auf Neuseeland hatte einst die Reste seiner Mahlzeit am Wege stehenlassen. Da kam ein Sklave daher, ein junger, kräftiger, hungriger Gesell, sah das Zurückgelassene und machte sich darüber, um es aufzuessen. Kaum war er fertig worden, da teilte ihm ein entsetzter Zuschauer mit, daß es die Mahlzeit des Häuptlings gewesen sei, an welcher er sich vergangen habe. «Er war ein starker, mutiger Krieger gewesen, aber sobald er diese Auskunft vernommen hatte, stürzte er zusammen, wurde von gräßlichen Zuckungen befallen und starb gegen Sonnenuntergang des nächsten Tages[36].»Eine Maorifrau hatte gewisse Früchte gegessen und dann erfahren, daß diese von einem mit Tabu belegten Orte herrührten. Sie schrie auf, der Geist des Häuptlings, den sie so beleidigt, werde sie gewiß töten. Dies geschah am Nachmittag, und am nächsten Tag um zwölf Uhr war sie tot. «[37]»Das Feuerzeug eines Maori-Häuptlings brachte einmal mehrere Personen ums Leben. Der Häuptling hatte es verloren, andere fanden es und bedienten sich seiner, um ihre Pfeifen anzuzünden. Als sie erfuhren, wessen Eigentum das Feuerzeug sei, starben sie vor Schrecken. «[38]

      Es ist nicht zu verwundern, wenn sich das Bedürfnis fühlbar machte, so gefährliche Personen wie Häuptlinge und Priester von den anderen zu isolieren, eine Mauer um sie aufzuführen, hinter welcher sie für die anderen unzugänglich waren. Es mag uns die Erkenntnis dämmern, daß diese ursprünglich aus Tabuvorschriften gefügte Mauer heute noch als höfisches Zeremoniell existiert.

      Aber der vielleicht größere Teil dieses Tabu der Herrscher läßt sich nicht auf das Bedürfnis des Schutzes vor ihnen zurückführen. Der andere Gesichtspunkt in der Behandlung der privilegierten Personen, das Bedürfnis, sie selbst vor den ihnen drohenden Gefahren zu schützen, hat an der Schaffung der Tabu und somit an der Entstehung der höfischen Etikette den deutlichsten Anteil gehabt.

      Die Notwendigkeit, den König vor allen erdenklichen Gefahren zu schützen, ergibt sich aus seiner ungeheuren Bedeutung für das Wohl und Wehe seiner Untertanen. Strenggenommen ist es seine Person, die den Lauf der Welt reguliert;»sein Volk hat ihm nicht nur für den Regen und Sonnenschein zu danken, der die Früchte der Erde gedeihen läßt, sondern auch für den Wind, der Schiffe an ihre Küste bringt, und für den festen Boden, auf den sie ihre Füße setzen.«(Frazer, 1911, 7.)

      Diese Könige der Wilden sind mit einer Machtfülle und einer Fähigkeit zu beglücken ausgestattet, die nur Göttern zu eigen ist und an welche auf späteren Stufen der Zivilisation nur die servilsten ihrer Höflinge Glauben heucheln werden.

      Es