Владимир Ленин (Ульянов)

Полное собрание сочинений. Том 9. Июль 1904 ~ март 1905


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«Rabotschee Djelo» (Gen. Kritschewsky, Akimoff, Martinoff u. Α.), gegen den jüdischen «Bund», gegen die russischen Organisationen, die sich für diese Richtung begeisterten (da kommen zuerst die Petersburger sogen. Arbeiterorganisation und das Komitee von Woronesch in Bezug).

      Es wurde immer mehr und mehr klar, dass das rein ideale Bündnis zwischen den Komitees schon ungenügend sei. Immer dringlicher äußerte sich das Bedürfnis, eine tatsächlich geschlossene Partei zu bilden, das heißt, das zu vollführen, was im Jahre 1898 nur angedeutet wurde. Endlich zum Schluß des Jahres 1902 bildete sich ein Organisationskomitee, das sich die Aufgabe machte, den II. Parteitag zusammenzurufen. In dieses Organisationskomitee, das hauptsächlich von der russischen Organisation der «Iskra» gegründet wurde, trat auch ein Vertreter des jüdischen «Bundes» ein. Im Herbst 1903 kam endlich der zweite Parteitag zustande; er endete einerseits mit der formellen Einigung der Partei, anderseits mit der Spaltung auf die «Majorität» und die «Minorität». Diese letzte Teilung existierte nicht vor dem Parteitag. Nur die detaillierte Analyse des Kampfes auf dem Parteitag kann diese Teilung erklären. Leider weichen die Anhänger der Minorität (inklusive Gen. Luxemburg) dieser Analyse ängstlich aus.

      In meinem Buch, das so eigentümlich von der Gen. Luxemburg den deutschen Lesern wiedergegeben ist, widme ich mehr als 100 Seiten einer durchgehender Forschung der Parteitagsprotokolle (die in einem ca 400 S. starken Buch abgedruckt sind). Diese Analyse zwang mich, die Delegierten oder besser gesagt die Stimmen (wir hatten Delegierte mit einer oder zwei Stimmen) in vier Grundgruppen zu teilen: 1) Die Iskristen (Anhänger der Richtung der alten «Iskra») der Majorität – 24 Stimmen, 2) die Iskristen der Minorität – 9 Stimmen, 3) das Zentrum (spottweise auch Sumpf genannt) – 10 Stimmen und endlich 4) Antiiskristen – 8 Stimmen, im Ganzen 51 Stimmen. Ich analysiere die Beteiligung dieser Gruppenn bei allen Abstimmungen, die auf dem Parteitag vorgenommen wurden, und beweise, daß bei allen Fragen (des Programms, der Taktik und der Organisation) der Parteitag eine Arena des Kampfes der Iskristen gegen die Antiiskristen bei den verschiedenen Schwankungen des Sumpfes bildete. Einem jeden, der nur ein wenig mit der Geschichte unserer Partei vertraut ist, muß es klar sein, daß es auch anders nicht sein konnte. Aber alle Anhänger der Minorität (inklusive R. Luxemburg) schließen bescheiden ihre Augen vor diesem Kampf zu. Warum? Denn gerade dieser Kampf veraugenscheinlicht die Grundfalschheit der jetzigen politischen Lage der Minorität. Während des ganzen Kampfs auf dem Parteitag in Dutzenden Fragen, in Dutzenden Abstimmungen kämpften die Iskristen gegen die Antiiskristen und den Sumpf, der nur so entschiedener sich auf die Seite der Antiiskristen stellte, je konkreter die debatierte Frage war, je positiver sie die Grundfassung der sozialdemokratischen Arbeit bestimmte, je realer sie die ständigen Pläne der alten «Iskra» ins Leben zu rufen suchte. Die Antiiskristen (besonders Gen. Akimoff und der immer mit ihm stimmende Delegierte der Petersburger Arbeiterorganisation Gen. Brucker, fast immer Gen. Martinoff und 5 Delegierte des jüdischen «Bundes») verneinten die Anerkennung der Richtung der alten «Iskra». Sie verteidigten die alten Privatorganisationen, stimmten gegen ihre Unterwerfung der Partei, gegen ihren Zusammenschluß mit der Partei (der Inzident mit dem Organisationskomitee, die Auflösung der Gruppe des «Südarbeiters», der wichtigsten Gruppe des Sumpfes u. s. w.). Sie kämpften gegen den zentralistisch formulierten Organisationsstatut (14, Sitzung des Parteitags) und beschuldigten damals alle Iskristen, daß sie ein «organisiertes Mißvertrauen», ein «Ausnahmegesetz» und dergleichen Schreckgespenster einführen wollen. Damals lachten darüber alle Iskristen ohne Ausnahme, jetzt nimmt merkwürdigerweise die Gen. Rosa Luxemburg diese Gespenster für etwas Ernstes an. In der großen Mehrzahl der Fragen siegten die Iskristen; sie überwiegten auf dem Parteitag, wie es auch leicht aus den erwähnten Zahlenangaben zu ersehen ist. Aber während der zweiten Hälfte der Sitzungen, als es weniger prinzipielle Fragen zu lösen war, siegten die Antiiskristen, da mit ihnen einige Iskristen stimmten. So geschah es z.B. in der Frage über die Gleichberechtigkeit aller Sprachen in unserem Programm, bei welcher Frage es den Antiiskristen beinahe gelang, die Programmkommission zu stürzen und uns in der Frage der Programmfassung zu besiegen. So geschah es auch in der Frage über den ersten Paragraphen des Statuts, als die Antiiskristen und der Sumpf die Fassung Martoffs durchgeführt haben. Nach dieser Fassung gelten als Parteimitglieder nicht nur die Mitglieder einer Parteiorganisation (eine solche Fassung verteidigten ich und Plechanoff), sondern auch alle Personen, die unter der Kontrolle einer Parteiorganisation arbeiten[12].

      So geschah es auch in der Frage über die Wahl in das Zentralkomitee und die Redaktion des Zentral organs. Die zusammengeschlossene Majorität bildeten 24 Iskristen; sie führten die schon lange vorher geplante Erneuerung der Redaktion durch; von den sechs früheren Redakteuren wurden drei gewählt; die Minorität bildeten 9 Iskristen, 10 Mitglieder des Zentrums und 1 Antiiskrist (die übrigen 7 Antiiskristen, die Vertreter des jüdischen «Bundes» und des «Rabotschee Djelo» verließen schon früher den Parteitag). Diese Minorität war so mit der Wahl unzufrieden, daß sie beschloß, sich von den übrigen Wahlen fernzuhalten. Gen. Kautsky hatte vollkommen recht, als er in der Tatsache der Erneuerung der Redaktion den Hauptgrund des darauffolgenden Kampfes sah. Aber seine Ansicht, daß ich (sie!) drei Genossen aus der Redaktion «ausgeschlossen» habe, ist nur durch seine vollständige Unkenntnis unsers Parteitags zu erklären. Erstens ist doch eine Nicht-Wahl noch lange kein Ausschluß, und ich hatte auf dem Parteitage gewiß kein Recht, jemanden auszuschliessen, zweitens scheint Gen. Kautsky nicht einmal zu ahnen, daß die Tatsache einer Koalition der Antiiskristen, des Zentrums und eines kleinen Teils der Anhänger der «Iskra» auch eine politische Bedeutung hatte und nicht ohne Einfluß auf das Wahlergebnis bleiben konnte. Wer nicht die Augen vor dem, was auf unserem Parteitag geschah, schließen will, der muß einsehen, dass unsere neue Teilung auf die Minorität und Majorität nur als eine Variierung der alten Teilung auf die proletarisch-revolutionäre und intellektuell-opportunistische Flügel unserer Partei erscheine. Das ist eine Tatsache, die sich weder weginterpretieren, noch weglachen läßt.

      Leider wurde nach dem Parteitag die prinzipielle Bedeutung dieser Scheidung durch ein Kooptationsgezänk getrübt. Die Minorität wollte nämlich nicht unter der Kontrolle der Zentralbehörden arbeiten, falls drei alte Redakteure nicht wieder kooptiert werden. Zwei Monate dauerte dieser Kampf. Als Kampfmittel dienten Boykot und Desorganisierimg der Partei. 12 Komitees (aus den 14, die sich darüber geäußert haben) verurteilten scharf diese Kampfmittel. Die Minorität weigerte sich sogar, unsern (von mir und Plechanoff ausgehenden) Vorschlag anzunehmen und ihren Standpunkt auf den Seiten der «Iskra» zu besprechen. Auf dem Kongreß der ausländischen Liga kam es so weit, daß die Mitglieder der Zentralorgane mit persönlichen Beleidigungen, Hetzerei und Geschimpf (Selbstherrscher, Bürokraten, Gendarmen, Lügner etc. etc.) überhäuft wurden. Sie wurden beschuldigt, daß sie die individuelle Initiative unterdrücken, Kadavergehorsam, blinde Unterordnung etc. einführen wollen. Die Versuche Plechanoffs, solch eine Kampfweise der Minorität als eine anarchistische zu kennzeichnen, konnten nicht ihr Ziel erreichen. Nach diesem Kongreß trat Plechanoff mit seinem epochemachenden, gegen mich geschriebenen Artikel «Was man nicht tun darf» (in № 52 der «Iskra»). In diesem Artikel sagte er, daß der Kampf mit dem Revisionismus nicht notwendig einen Kampf gegen die Revisionisten bedeute; es war für jeden klar, daß er dabei an unsere Minorität dachte. Er sagte weiter, daß der individualistische Anarchismus, der so tief in dem russischen Revolutionär steckt, bisweilen nicht bekämpft werden soll; einige Zugeständnisse seien bisweilen ein besseres Mittel zu seiner Unterwerfung und zur Vermeidung einer Spaltung. Ich trat aus der Redaktion aus, da ich diese Ansicht nicht teilen konnte, und die Redakteure aus der Minorität wurden kooptiert. Darauf folgte der Kampf um die Kooptation in das Zentralkomitee. Mein Vorschlag, Frieden zu schliessen mit der Bedingung, daß die Minorität das Zentralorgan, die Majorität das Zentralkomitee behält, wurde abgewiesen. Der Kampf wurde weiter geführt, man kämpfte «prinzipiell» gegen den Bürokratismus, Ultrazentralismus, Formalismus, Jakobinismus, Schweizerjanismus (ich nämlich wurde russischer Schweizer genannt) und andere Schreckgespenster. Ich lachte alle diese Beschuldigungen in meinem Buch aus und bemerkte, daß es entweder bloß ein einfaches Kooptationsgezänk sei, oder (wenn es bedingt als «Prinzipien» anerkannt werden darf) nichts anders als opportunistische, girondistische Phrasen sei. Die heutige Minorität wiederholt nur das, was Gen. Akimoff und andere anerkannte Opportunisten auf unserem Parteitag gegen den Zentralismus aller Anhänger der alten «Iskra» sagten.

      Die