Gustav Weil

Tausend Und Eine Nacht


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zu bemühen; du kannst dich bis zum Abend vorbereiten, dann werde ich kommen, um dich abzuholen.« Als sie weggegangen war, fing ich an, die Perlen zu ordnen, die goldgestickten Kleider und den übrigen Schmuck zurecht zu legen, ohne zu wissen, was das dunkle Schicksal verborgen hielt. Als es Nacht war, kam die Alte freudig mit lachenden Zähnen und sagte: »O Gebieterin! schon sind die meisten Frauen der Stadt versammelt, die dich erwarten.« Ich stand auf, kleidete mich an, verschleierte mich, ging hinter der Alten her, und einige Sklavinnen folgten mir. Wir kamen in eine hübsche, reingekehrte und bespritzte Straße. Ein schwarzer Vorhang bedeckte eine Türe, auf derselben war eine goldene, durchlöcherte Lampe und folgende Verse angeschrieben:

      »Ich bin die Wohnung der Freuden, bei mir ist ewiges Vergnügen; hierinnen ist ein Springbrunnen, wo süße Ruhe fließt; auch findest du hier allerlei Wohlgerüche, Rosen, Kamillen und Myrte.«

      Die Alte klopfte an; es ward sogleich geöffnet. Als wir in die Wohnung traten, sahen wir brennende Wachskerzen in zwei Reihen von der Türe bis oben zum Saal aufgestellt. Auf dem Boden lag ein seidener Teppich; wir gewahrten einen Thron von Elfenbein, mit Edelsteinen besetzt, mit einem atlasnen, mit Perlen bestickten Vorhange. Auf einmal kam ein Mädchen hinter diesem hervor, o Fürst der Gläubigen, schöner als der Vollmond; ihre Stirn leuchtete wie der heranbrechende Morgen, wie ein Dichter sagte:

      »Sie ist zart gebaut, sanft und schmachtend sind ihre Blicke. Alles Schöne und Liebliche ist in ihr vereint, die Locken auf ihrer Stirne gleichen der Nacht der Sorgen, die über den Tag der Freuden sich verbreitet.«

      Das Mädchen sprach, als es hinter dem Vorhange hervortrat: »Sei tausendmal willkommen, teure Schwester!« Auch fügte sie noch folgende Verse hinzu:

      »Kennte das Haus den, der es besucht, es würde sich freuen und die Stelle deiner Füße küssen; es würde dann mit der Zunge des Geistes sagen: seid mir willkommen, ihr edlen, vornehmen Gäste!«

      Sie kam mir dann entgegen und fügte hinzu: »O meine Dame! ich habe einen Bruder, schöner als ich; er hat dich auf einem Feste gesehen, und dein Anblick hat schlimme Folgen für ihn gehabt, weil sowohl dein Rang, als deine Schönheit und Liebenswürdigkeit vollkommen sind. Da er gehört hat, daß du eine der Vornehmsten unter dem Volke bist, und er ebenfalls ein großer Herr unter den Seinigen, so will er mit dir einen Bund schließen und dein Mann werden.« Ich antwortete: »Wohl, ich sehe kein Hindernis, seinen Willen zu erfüllen.« Ich hatte dies kaum gesagt, o Fürst der Gläubigen! da klatschte sie in die Hände; es öffnete sich ein Kabinett, und ein Mann in frischer Jugend, von hübscher Gestalt und schönem Wuchse trat heraus, sauber gekleidet, mit Augenbrauen wie ein Bogen und herzbezaubernden Augen, wie ein gewisser Dichter sagte:

      »Sein Gesicht gleicht dem Monde und trägt Spuren der Glückseligkeit wie einen Perlenschmuck.«

      Sobald ich ihn sah, liebte ich ihn schon; er setzte sich neben mich, wir unterhielten uns miteinander. Dann klatschte das Mädchen wieder: da öffnete sich noch einmal ein Kabinett; es kam der Kadi mit vier Zeugen heraus, sie setzten sich, um den Ehekontrakt zu schreiben; der Jüngling machte zur Bedingung, daß ich niemanden außer ihm anblicken sollte; ich mußte sogar einen hohen Eid deshalb schwören. Ich freute mich sehr und konnte kaum die Nacht erwarten, um allein mit ihm zu sein. Ich brachte auch wirklich bei ihm die schönste Nacht meines Lebens zu. Des Morgens stand er auf und behandelte mich mit Ehrerbietung, wir liebten einander und lebten einen ganzen Monat in höchster Seligkeit. Da ich dann eines Tages meinen Mann um Erlaubnis bat, einen besonders schönen Stoff zu kaufen, und er mir es erlaubt hatte, ging ich auf den Markt mit einer alten Frau und zwei Sklavinnen. Als ich in das Haus, wo Seidenstoffe verkauft werden, kam, sagte mir die Alte: »Hier wohnt ein junger Kaufmann, der ein großes Lager hat, und bei dem du alles findest, was du nur verlangst. Niemand hat schönere Waren, als er; komm, wir wollen uns zu ihm setzen, um bei ihm einzukaufen.« Wir setzten uns zum Kaufmann, der ein junger, hübscher, geschmeidiger Jüngling war, wie ein Dichter von einem solchen sagte:

      »Er ist leicht gebaut, durch seine Haare und sein Gesicht wandelt die Welt zugleich in Finsternis und Licht; verkennt auch nicht das braune Fleckchen auf seinen Wangen, denn ihr findet dasselbe an jeder Anemone.«

      Ich sagte zur Alten: der Kaufmann möge uns seine Waren zeigen; sie fragte mich, warum ich‘s nicht selbst sagen wollte, und ich antwortete: »Weißt du nicht, daß ich geschworen habe, mit keinem fremden Manne zu sprechen?« Die Alte sagte es dem Kaufmanne, und dieser holte seine Waren herbei, von denen mir manches gefiel. Ich sprach zur Alten wieder: »Frage ihn, wie teuer dies ist?« Als sie ihn fragte, antwortete er: »Dies verkaufe ich nicht für Silber und nicht für Gold, nur für einen Kuß auf ihre Wangen geb ich‘s her.« Ich rief: »Bewahre mich Gott davor!« Da sagte die Alte: »O meine Gebieterin, du brauchst ihn ja ebensowenig zu sprechen, als er dich, du neigst nur dein Gesicht zu ihm hin, und er gibt einen Kuß und weiter nichts; folge mir nur!« Ich dachte: Dabei ist nichts Böses, und neigte ihm meine Wangen hin, da biß er mich mit seinen Zähnen, bis ihre Spuren auf der Wange stehen blieben; ich fiel in Ohnmacht, und als ich erwachte, fand ich den Laden geschlossen; der Kaufmann war fort, das Blut lief mir über das Gesicht hernieder, und die Alte war höchst bestürzt.

      Das andere Mädchen fuhr zu erzählen fort: Die Alte sprach nunmehr: »Gott bewahre uns vor größerem Übel! Steh nur auf, meine Gebieterin! Fasse Mut, mache keinen Lärm, geh nach Hause, stell dich krank, decke dich zu, und ich werde Pulver und Pflaster bringen, dir deine Wange in drei Tagen zu heilen.« Wir machten uns auf und gingen langsam nach Hause. Hier fiel ich um vor heftigen Schmerzen, schlüpfte unter die Decke und trank Wein. Als es Nacht war, kam mein Mann zu mir und fragte: »O meine Treue! was hast du?« Ich sagte: »Kopfschmerzen.« Er zündete eine Wachskerze an, trat näher, sah mir ins Gesicht und bemerkte die Wunde an meiner Wange. Da fragte er: »Wer hat dir dies getan?« Ich antwortete: »Ich ging heute auf den Bazar, um mir verschiedene Stoffe abschneiden zu lassen; da drängte sich ein Kamel mit einer Ladung Holz an einem engen Platze des Bazars an mich hin, ein Stück Holz zerriß meinen Schleier und verwundete mich.« Da sagte er: »Ich werde morgen den Stadtaufseher bitten, alle Kameltreiber aufzuhängen.« Ich erwiderte ihm: »O mein Herr! das geht nicht, die Leute so zu hängen und ihr Blut zu vergießen; ich würde mich an ihnen versündigen, denn ich ritt auf einem Mietesel, der Eseltreiber trieb ihn zu stark, er stolperte mit mir, ich fiel auf dem Gesicht auf die Erde, wo zufällig ein Stück Glas lag, das meine Wange ritzte.« Da sagte er: »Bei Gott! ehe die Sonne aufgeht, laß ich durch Djafar alle Eseltreiber und alle Straßenkehrer hängen.« Ich sagte: »O mein Herr! meinetwegen sollst du niemanden hängen lassen.« Er sagte dann wieder: »Nun, woher kommt denn die Wunde auf deiner Wange?« Ich sagte: »Gottes Urteil und Bestimmung hat sie getroffen.« Ich suchte ihm auszuweichen, aber er drang so lange in mich, bis ich in meinen Reden mich verwirrte, und er zuletzt die Wahrheit erfuhr. Da schrie er mich an: »Du hast deinen Eid gebrochen!« Auf diesen Ruf kamen aus einem Kabinette drei schwarze Sklaven herbei; er befahl ihnen, mich aus dem Bette zu schleppen und auf den Rücken mitten im Zimmer hinzuwerfen; der eine setzte sich über meinen Kopf, der andere zu Füßen, der dritte entblößte sein Schwert, und mein Mann sagte ihm: »Spalte sie in zwei Teile und werfe sie in den Tigris, daß die Fische sie fressen; es ist der Lohn für ihren Meineid,« Er rief dann im heftigsten Zorne noch folgende Verse aus:

      »Nimmt noch jemand teil an dem Gegenstande meiner Liebe, so verschmäht mein Herz eine solche Liebe, und müßte ich auch vor Gram sterben! Ich rufe meiner Seele zu: stirb unerniedrigt! Nichts Gutes ist bei einer Liebe, die man teilen muß.«

      Als er dem Sklaven noch einmal befahl, mich zu töten, setzte dieser sich über mich her und sprach: »Hast du noch was auf dem Herzen vor dem Tode? denn dies ist deine letzte Stunde auf dieser Welt.« Ich sagte: »Steht ein wenig von mir auf, daß ich meinem Manne etwas sage.« Ich hob meinen Kopf auf, und sah, in welchem Zustande der Erniedrigung ich nach einem solchen Glanze mich befand, wie nun der Tod meinem Leben ein Ende machen solle. Ich mußte heftig weinen; mein Mann sah mich zornig an und sprach folgende Verse:

      »Sage dem, der, unserer Vereinigung überdrüssig, uns Unrecht getan und an einem anderen Geliebten Wohlgefallen gefunden: wir sind deiner satt, ehe du unserer ganz überdrüssig wirst; wir haben genug mit dem, was zwischen uns vorgefallen.«

      Als ich dies hörte, sah ich ihn weinend an und sprach folgende Verse: