Gustav Weil

Tausend Und Eine Nacht


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grüne und trockene Früchte und Blumen kaufen; ich schickte sie wieder der Dame und folgte am Abend selbst nach, und alles ging wie an dem vorigen Tage.

      So lebte ich fort, gab ihr jeden Abend 50 Dinare und schickte Wein und Speisen, bis ich keinen Dinar mehr im Vermögen hatte; ich ging dann aus, wußte nicht woher Geld nehmen und sagte: »Es gibt keine Macht und keinen Schutz, außer bei Gott, dem Erhabenen: alles, was ich getan, war teuflisch.« Ich ging dann zwischen den Palästen spazieren; als ich aber an das Tor Suweila kam, war ein großes Gedränge, so daß man nicht durch das Tor kommen konnte. Nun wollte das Schicksal, daß ich gegen einen Soldaten gedrückt wurde, so daß meine Hand auf seinen Gürtel kam. Ich fühlte einen Beutel unter meiner Hand, sah hin und bemerkte, daß eine grüne Schnur zum Gürtel heraushing, und dachte, daß sie an dem Beutel befestigt sein müsse; ich sah mich um und fand das Gedränge immer größer; ich bemerkte auch, wie auf der anderen Seite des Soldaten eine Ladung Holz ihn drückte, so daß er für seine Kleider fürchtete; er wandte sich daher auf die andere Seite, um das Holz von seinen Kleidern abzulenken. In diesem Augenblick überschwatzte mich der Teufel: ich zog an der Schnur, die zum Gürtel hinaushing, und siehe da, es kam ein feiner blauseidener Beutel nach mit etwas Klingendem darin. Als ich ihn genommen, wendete sich der Soldat um, griff in den Gürtel und fand nichts mehr darin: er kehrte sich zu mir und schlug mich mit seiner Keule auf den Kopf. Ich fiel zu Boden, alle Leute umringten mich, ergriffen den Zaum des Soldaten und sagten ihm: »Weil hier so ein großes Gedränge ist, schlägst du diesen jungen Mann?« Der Soldat aber schalt über sie und sagte: »Er ist ein Dieb.«

      Ich hatte mich indessen wieder aufgerichtet, die Leute sahen mich an und sagten: »Bei Gott! dies ist ein vornehmer Jüngling, der hat nichts gestohlen.« So ward eben viel hin und her gestritten: Der eine glaubte, der andere widersprach; das Volk wollte mich zuletzt vom Soldaten befreien, als der Befehlshaber der Polizei mit einem Offizier und seinem Gefolge zum Tor hereinkamen, Da sie so viele Leute um mich und den Soldaten versammelt sahen, fragten sie die Umstehenden, was es gebe? und als sie den Gegenstand des Streits erfuhren, fragte der Polizeioberste den Soldaten: »War noch jemand mit dem Jüngling?« und als der Soldat dies verneinte, befahl er dem Offizier, mich ergreifen zu lassen und nackt auszuziehen. Dies geschah; man fand bald den Beutel in meinen Kleidern — und ich fiel in Ohnmacht.

      Als der Aufseher der Polizei den Beutel sah, nahm er das Geld heraus, und als er es zählte, fand er 20 Dinare. Er winkte den Offizieren, sie führten mich zu ihm hin, und er sagte: »Was, junger Mann, hat dich in ein solches Vergehen gestürzt? Sage mir die Wahrheit: du hast doch wohl diesen Beutel gestohlen?« Ich beugte meinen Kopf zur Erde und dachte: Soll ich leugnen? man hat ja den Beutel aus meinen Kleidern hervorgezogen; gestehe ich, so werde ich bestraft; ich nickte zuletzt den Kopf und sagte: »Ja, ich habe ihn gestohlen.« Als der Aufseher der Polizei dies hörte, rief er Leute herbei, die mein Geständnis bezeugten; dies alles geschah am Tore Suweila. Dann befahl er dem Henker, mir die rechte Hand abzuhauen. Alle Leute sagten, mich bemitleidend: »Der arme junge Mann!« Auch das Herz des Soldaten erweichte sich; als mir daher auf Befehl des Richters auch der Fuß abgehauen werden sollte,Man begreift nicht, warum auch der Fuß abgehauen werden sollte, da diese Strafe doch nach dem mohammedanischen Gesetze nicht bei einem ersten Diebstahl angewandt wird. flehte ich den Soldaten an; er bat für mich; der Aufseher der Polizei ließ mich los und ging fort. Das Volk blieb um mich und gab mir einen Becher voll Wein zu trinken, und der Soldat schenkte mir den Beutel, indem er sagte: »Du bist ein vornehmer Jüngling, hast nicht notwendig zu stehlen.« Dann ging auch er fort. Ich wickelte meine Hand in ein Tuch, steckte sie in meinen Busen, ging zur Wohnung der Frau und warf mich sogleich aufs Bett. Als sie mich sehr blaß fand, weil ich viel Blut verloren, fragte sie: »Wo fehlt‘s dir, mein Geliebter?« »Ich habe Kopfschmerzen«, antwortete ich. Sie ward sehr betrübt darüber und sagte: »Setze dich und erzähle mir, was dir heute widerfahren: denn dein Gesicht drückt viele Worte aus.« Als ich weinte, sagte sie: »Bist du etwa meiner schon überdrüssig? Bei Gott! sage mir, was hast du?« Ich schwieg und erwiderte gar nichts auf alles, was sie mir sagte. Als es Nacht war und man das Nachtessen brachte, aß ich nichts, denn ich fürchtete, sie möchte bemerken, daß ich mit der linken Hand esse; ich sagte daher: »Ich habe keinen Appetit.« Sie sprach noch einmal: »Erzähle mir doch, was heute mit dir vorgegangen und warum du so verstimmt bist.« — »Nun«, sagte ich, »es bleibt mir keine andere Wahl, ich will dir alles erzählen.« Sie brachte mir dann Wein und sprach: »Trinke, dein Kummer wird dann verschwinden.« Ich antwortete: »Wenn es durchaus sein muß, so gib mir zu trinken.« Sie reichte mir den Becher, ich nahm ihn mit der linken Hand und weinte dabei heftig.

      Da fragte die Dame: »Warum weinst du, mein Geliebter, und warum nimmst du den Becher mit der linken Hand?« Ich erwiderte ihr: »Ich habe an der rechten Hand ein Geschwür.« Sie sagte: »Nimm die Hand heraus, ich will es aufstechen.« Ich antwortete: »Es ist noch nicht reif.« Ich tat mir dann Gewalt an und trank; ich ward berauscht, und als ich einschlief, stand die Dame auf und sah nach meiner Hand, fand aber nur einen Arm ohne Hand; als sie mich untersuchte, fand sie auch den Beutel und meine Hand in ein Tuch gebunden; sie war die ganze Nacht höchst bestürzt. Als ich erwachte, hatte sie mir schon eine Suppe mit fünf Hühnern gekocht, sie reichte mir auch Wein dazu, ich trank, legte den Beutel ab und wollte wieder gehen. Da sagte sie: »Wohin? sitze noch! Ich sehe, daß deine Liebe zu mir so stark geworden, daß du meinetwillen alles, was du besessen, ausgegeben und zuletzt noch deine Hand dazu verloren hast; ich rufe hiermit Gott als Zeugen an, daß ich nicht anders als unter deinen Füßen sterben will und du sollst einst sehen, daß ich wahr geredet!« Sie ließ sogleich Zeugen rufen und den Ehe-Kontrakt schreiben. Dann sagte sie dem Schreiber: »Schreibet auch, daß alles, was ich besitze, diesem Manne gehören soll.« Sie gab dann den Zeugen ihren Lohn, stand auf, faßte mich bei der Hand, stellte mich vor eine Kiste und sagte: »Siehst du hier diese Tücher, in denen du mir dein ganzes Vermögen gebracht? Nimm es hin, du bist ein lieber, teurer Mann, ich kann dich nicht genug belohnen.« Sie schloß hierauf die Kiste, die mein Geld enthielt, zu; ich freute mich und mein Kummer verschwand. Als ich ihr dankte, sprach sie: »Bei Gott! wenn ich dir mein Leben schenkte, wäre es auch noch zu wenig.« Wir blieben dann nicht ganz einen Monat beisammen, da ward sie krank; ihre Krankheit nahm immer zu und sie betrübte sich um meinetwillen sehr; nach nicht ganz fünfzig Tagen starb sie. Ich war ihr Erbe und fand unschätzbare Reichtümer, worunter auch die Sesam-Magazine, die ich dir verkauft, du Christ.

      »Da ich nun mit vielen anderen Dingen zu tun hatte«, fuhr der junge Mann fort, »blieb mir keine Zeit, bei dir mein Geld zu holen; jetzt bin ich fertig mit allem, was meine Frau mir hinterlassen. Nun aber, bei Gott! du Christ, widersetze dich nicht dem, was ich tun will: da ich doch einmal in dein Haus gekommen und deine Speisen gegessen, so nimm das Geld für den Sesam als ein Geschenk von mir an; es gehört zu dem vielen, das mir Gott beschert hat. Nun weißt du, warum ich mit der linken Hand gegessen.« Dann sagte er: »O Christ! willst du wohl eine Reise nach fremden Ländern mit mir machen? Schon habe ich Waren eingepackt.« Ich willigte ein und versprach ihm, in einem Monat mitzureisen. Auch ich kaufte dann Waren ein und reiste in euer Land mit dem jungen Manne, der hier wieder andere Waren einkaufte und damit nach Ägypten ging; bei mir aber wollte das Schicksal, daß ich hier blieb. Dies ist meine wunderbare Geschichte, ist sie, o König, nicht wunderbarer, als die des Buckligen?« — »Nein«, sagte der König, »sie ist nicht wunderbarer, als die des Buckligen.« Nun trat der Küchenaufseher hervor und sagte dem König von China: »O glückseliger König! wenn ich dir eine Geschichte erzähle, die mir gestern Abend begegnete, ehe ich diesen Buckligen gefunden, und sie dir besser gefällt, als die des Buckligen, wirst du uns dann freilassen und uns das Leben schenken?« — »Wohl«, antwortete der König, »wenn ich sie wunderbarer als die Geschichte des Buckligen finde, so schenke ich euch allen vieren das Leben.«

      Der Aufseher erzählte nun.

      Geschichte des Küchen-Aufsehers.

      »O König der Zeit! Ich war gestern Nacht bei Leuten, die ein Buch ausgelesen und daher die Theologen und viele andere Leute aus der Stadt bei sich versammelt hatten. Nachdem man mit dem Lesen geendet hatte, war der Tisch gedeckt und mehrere Speisen aufgetragen, unter anderen auch Sirbadj.Erklärt Meninski durch species cibi jusculenti; es ist gewiß nicht Knoblauch, welcher Tum heißt. Ich ließ deshalb das arabische Wort stehen. Als einer der Gäste diese Speise sah, zog er sich zurück und wollte nichts