war ein falscher Name, und – — —«
»War auch nicht so dumm, zu glauben, daß es der richtige sei!«
»Und,« fuhr ich in meinem unterbrochenen Satze fort, »der Mann heißt eigentlich Patrik Morgan!«
»Pa – trik – — Mor – gan!« rief Sam, indem sein Gesicht zum erstenmal seit unserer Bekanntschaft einen Ausdruck der Bestürzung zeigte. »Patrik Morgan! Ist das denn auch möglich? O, Sam Hawerfield, altes ‚CoonRacoon, Waschbär, ein beliebter Ausdruck, mit welchem sich die Trapper gern selbst bezeichnen, was bist du für ein Esel; hast diesen Schurken bereits zwischen den Fingern, machst den Sheriff bei der Jury über ihn und lässest ihn wieder laufen! Charley, weißt du genau, daß er es ist?«
»Sehr genau, und nun weiß ich auch, warum er mir so bekannt vorkam; er sieht seinem Vater ähnlich.«
»All right, jetzt gehen mir tausend Lichter auf! Aus ganz demselben Grund dachte auch ich, daß ich ihn schon gesehen hatte. Wo ist er? Ich hoffe nicht, daß er uns entgehen wird!«
»Er massakriert die Kaufleute und geht dann mit nur einem einzigen Begleiter nach dem Skettel- und Head-Pik, um seinen Vater zu finden.«
»Dann auf, ihr Leute, vorwärts! Wir müssen ihm nach!«
»Stopp, Sam! jetzt bricht der Abend herein, wo wir seine Spur nicht sehen können, und außerdem haben wir uns auf einen sehr ehrenvollen Besuch vorzubereiten.«
»Besuch? Wer wird kommen?«
»Dieser Patrik ist Mitglied einer Bande Stakemen, welche da drüben ihr Lager haben. Ihr Anführer ist ein Mexikaner, den sie Kapitän nennen und der beim alten Florimont eine gar nicht üble Schule durchgemacht hat. Ich habe die Räuber belauscht, als ihnen Williams unser Abenteuer erzählte. Sie wollen Punkt Mitternacht über uns her.«
»Sie nehmen also an, daß wir hier liegen bleiben?«
»Allerdings.«
»Well, so sollen sie ihren Willen haben, denn nun bleiben wir erst recht hier und sagen ihnen good evening! Wie viel Köpfe sind es?«
»Einundzwanzig.«
»Das ist ein wenig viel für unser vier! Was meinst du, Charley? Wir zünden ein Feuer an und legen unsere Röcke so um dasselbe, daß sie dieselben für uns halten; wir selbst aber nehmen weiter draußen Posto, so daß sie zwischen uns und die Flamme kommen. Auf diese Weise erhalten wir ein sicheres Ziel.«
»Der Plan ist gut,« stimmte Bernard Marshal bei, »und wohl auch der einzige, dessen Ausführung in unserer Lage möglich ist.«
»Schön! So laßt uns gleich nach Material für das Feuer suchen, ehe es vollständig dunkel wird,« sagte Sam, indem er sich erhob.
»Bleib‘ sitzen,« entgegnete ich. »Glaubst du wirklich, daß wir es auf diese Weise mit einundzwanzig Männern aufnehmen können?«
»Warum nicht? Sie werden gleich bei den ersten Schüssen davonlaufen, weil sie nicht wissen können, wen sie hinter sich haben.«
»Und wenn nun dieser Capitano klug genug ist, den Sachverhalt zu ahnen? Dann bekommen wir einen harten Stand und werden ausgelöscht trotz unserer Gegenwehr.«
»So etwas muß der Jäger zum Beispiel immer gewärtig sein!«
»Dann wirst du auch die beiden Morgans fahren lassen müssen!«
»Behold, das ist sehr richtig! So meinst du also, daß wir uns leise von dannen machen, ohne diesen Raubmördern das Handwerk zu legen? Das können wir vor Gott und allen braven Männern, welche durch den Estaccado ziehen, nicht verantworten!«
»Was du hier sagst, fällt mir gar nicht ein! Ich habe einen andern und, wie mir scheint, auch bessern Plan.«
»Heraus damit!«
»Während sie uns hier suchen, machen wir uns über ihr Hide-spot und bemächtigen uns all ihrer Pferde und Vorräte.«
»Good-lack, das ist wahr! Aber, du sagst, ihrer Pferde -wollen sie uns denn zu Fuß angreifen?«
»Ja. Und das läßt mich schließen, daß sie ihr Versteck bereits zwei Stunden vor Mitternacht verlassen werden, weil sie so lange gehen müssen, um hierher zu kommen.«
»Hast du es gut gemerkt?«
»Das versteht sich! Wenn wir sie hier erwarten, setzen wir unser Leben auf das Spiel; nehmen wir ihnen aber ihren Proviant, ihre Munition, ihre Pferde, so ist es ihnen, wenigstens für lange Zeit hinaus, unmöglich, ihr Handwerk fortzusetzen, und wir brauchen wohl kaum einen Schuß zu tun.«
»Sie werden aber jedenfalls Wachen zurücklassen!«
»Ich kenne den Ort, an welchem der Posten sich befindet.«
»Sie werden uns verfolgen!«
»Das werden sie auch tun, wenn wir hier auf sie warten und dann doch noch fliehen müssen.«
»Nun gut, so sollst du recht haben. Wann brechen wir auf?«
»Wir können es schon in einer Viertelstunde tun; da ist es bereits vollständig finster.«
»Oh, das werden schön!« meinte der Neger. »Bob reiten mit und nehmen all die Sachen, die liegen bei Räuber. Das besser sein, als bleiben hier und schießen tot Bob!«
Es wurde so dunkel, daß man kaum zehn Schritte weit zu sehen vermochte. Wir brachen auf; ich ritt voran, und die Anderen folgten mir, nach Indianerart einer hinter dem Anderen.
Natürlich schlug ich nicht die gerade zum Versteck führende Richtung ein, sondern machte einen möglichst großen Bogen, welcher uns an eine Stelle des Buschsaumes führte, die wohl eine englische Meile von dem Hide-spot entfernt lag. Hier hobbelten wir unsere Pferde an und schritten dann zu Fuß auf das Versteck zu. Trotzdem sowohl Marshal als auch der Neger keine große Gewandtheit im Anschleichen besaßen, gelangten wir doch unbemerkt an den Rand der Lichtung, genau dem Pfade gegenüber, in dessen Buscheinfassung vorhin die Wache gelegen hatte.
Ein lichter Schein über dem Verstecke bewies, daß ein Feuer oder wenigstens eine Fackel brannte; um uns her aber war es so dunkel, daß ich ohne Sorge aufrecht über die Lichtung gehen konnte. Ich fand die Stelle wieder, an welcher ich das Gespräch belauscht hatte, und hörte, noch ehe ich mich niedergebückt hatte, von innen die Stimme des Anführers. Ich drängte mich zwischen dem Wurzelwerke hindurch und sah nun, daß alle in der Mitte des Platzes standen, wohl bewaffnet und zum Aufbruche bereit. Der Capitano war noch im Sprechen begriffen:
»Wenn wir nur die geringste Spur gefunden hätten, so dächte ich, es wäre einer von den Jägern hier gewesen und hätte uns belauscht. Wo ist die Pistole hingekommen? Vielleicht ging sie heute am Morgen auf meinem Ritte verloren, und ich habe es nicht bemerkt, als ich den Gürtel ablegte. Also, Hoblyn, du hast sie wirklich alle Vier beisammen sitzen sehen?«
»Alle Viere. Es waren drei Weiße und ein Schwarzer, und ihre Pferde weideten hart daneben. Eines der Tiere hatte keinen Schwanz und sah aus wie ein Ziegenbock ohne Hörner.«
»Das ist die alte Stute von Sans-ear, die ebenso berühmt ist wie er selber. Sie haben dich doch nicht bemerkt?«
»Nein. Ich ritt mit Williams nur so weit hinan, als es keine Gefahr brachte, und kroch dann an der Erde weiter, bis ich alles deutlich sehen konnte.«
Der Schüler des alten Florimont war also doch so klug und vorsichtig gewesen, eine Patrouille gegen uns auszuschicken; ein Glück für uns, daß dies zu der Zeit geschehen war, in welcher ich bereits wieder bei den Freunden gesessen hatte.
»Dann wird alles gut gehen! Du, Williams, bist ermüdet; du bleibst hier zurück, und du, Hoblyn, nimmst den Posten am Wege. Ihr Anderen aber vorwärts!«
Bei dem Scheine des nicht sehr hell brennenden Feuers sah ich, daß der Eingang geöffnet wurde. Neunzehn Männer verließen das Versteck, und nur die beiden Anderen blieben zurück. Noch waren nicht alle in dem Pfade verschwunden, so stand ich bereits wieder neben Sam.
»Wie steht‘s, Charley? Mir scheint, sie brechen jetzt auf!«
»Ja. Zwei bleiben daheim, nämlich einer als Posten dort am Wege