Österreich

Bundesabgabenordnung (BAO)


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      Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen haben (Ermessensentscheidungen), müssen sich in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen.

      2. Wirtschaftliche Betrachtungsweise.

      § 21

      (1) Für die Beurteilung abgabenrechtlicher Fragen ist in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.

      (2) Vom Abs. 1 abweichende Grundsätze der Abgabenvorschriften bleiben unberührt.

      § 22

      (1) Durch Mißbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes kann die Abgabepflicht nicht umgangen oder gemindert werden.

      (2) Liegt ein Mißbrauch (Abs. 1) vor, so sind die Abgaben so zu erheben, wie sie bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu erheben wären.

      3. Scheingeschäfte, Formmängel, Anfechtbarkeit.

      § 23

      (1) Scheingeschäfte und andere Scheinhandlungen sind für die Erhebung von Abgaben ohne Bedeutung. Wird durch ein Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt, so ist das verdeckte Rechtsgeschäft für die Abgabenerhebung maßgebend.

      (2) Die Erhebung einer Abgabe wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß ein Verhalten (ein Handeln oder ein Unterlassen), das den abgabepflichtigen Tatbestand erfüllt oder einen Teil des abgabepflichtigen Tatbestandes bildet, gegen ein gesetzliches Gebot oder Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt.

      (3) Ist ein Rechtsgeschäft wegen eines Formmangels oder wegen des Mangels der Rechts- oder Handlungsfähigkeit nichtig, so ist dies für die Erhebung der Abgaben insoweit und so lange ohne Bedeutung, als die am Rechtsgeschäft beteiligten Personen dessen wirtschaftliches Ergebnis eintreten und bestehen lassen.

      (4) Die Anfechtbarkeit eines Rechtsgeschäftes ist für die Erhebung von Abgaben insoweit und so lange ohne Bedeutung, als nicht die Anfechtung mit Erfolg durchgeführt ist.

      (5) Von den Anordnungen der Abs. 2 bis 4 abweichende Grundsätze der Abgabenvorschriften bleiben unberührt.

      4. Zurechnung.

      § 24

      (1) Für die Zurechnung der Wirtschaftsgüter gelten bei der Erhebung von Abgaben, soweit in den Abgabenvorschriften nicht anderes bestimmt ist, folgende Vorschriften:

      a) Wirtschaftsgüter, die zum Zweck der Sicherung übereignet worden sind, werden demjenigen zugerechnet, der die Sicherung einräumt.

      b) Wirtschaftsgüter, die zu treuen Handen übereignet worden sind, werden dem Treugeber zugerechnet.

      c) Wirtschaftsgüter, die zu treuen Handen für einen Treugeber erworben worden sind, werden dem Treugeber zugerechnet.

      d) Wirtschaftsgüter, über die jemand die Herrschaft gleich einem Eigentümer ausübt, werden diesem zugerechnet.

      e) Wirtschaftsgüter, die mehreren Personen ungeteilt gehören, sind diesen so zuzurechnen, als wären sie nach Bruchteilen berechtigt. Die Höhe der Bruchteile ist nach den Anteilen zu bestimmen, zu denen die beteiligten Personen an dem Vermögen ungeteilt berechtigt sind, oder, wenn die Anteile nicht feststellbar sind, nach dem Verhältnis dessen, was den beteiligten Personen bei Auflösung der Gemeinschaft zufallen würde.

      (2) Die Bestimmungen des Abs. 1 gelten auch für wirtschaftliche Einheiten im Sinn des Bewertungsgesetzes 1955, BGBl. Nr. 148.

      5. Angehörige.

      § 25

      (1) Angehörige im Sinn der Abgabenvorschriften sind

      1. der Ehegatte;

      2. die Verwandten in gerader Linie und die Verwandten zweiten, dritten und vierten Grades in der Seitenlinie;

      3. die Verschwägerten in gerader Linie und die Verschwägerten zweiten Grades in der Seitenlinie;

      4. die Wahl-(Pflege-)Eltern und die Wahl-(Pflege-)Kinder;

      5. Personen, die miteinander in Lebensgemeinschaft leben, sowie Kinder und Enkel einer dieser Personen im Verhältnis zur anderen Person;

      6. der eingetragene Partner.

      (2) Die durch eine Ehe begründete Eigenschaft einer Person als Angehöriger bleibt aufrecht, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht.

      (3) Abs. 1 Z 3 gilt für eingetragene Partner sinngemäß. Die durch eine eingetragene Partnerschaft begründete Eigenschaft einer Person als Angehöriger bleibt aufrecht, auch wenn die eingetragene Partnerschaft nicht mehr besteht.

      Beachte für folgende Bestimmung

      Bezugsbereich Abs. 3 erster Satz: für Abgabenansprüche ab 1. 1. 1989

      (Art. II, Z 1, BGBl. Nr. 412/1988).

      6. Wohnsitz, Aufenthalt, Sitz.

      § 26

      (1) Einen Wohnsitz im Sinn der Abgabenvorschriften hat jemand dort, wo er eine Wohnung innehat unter Umständen, die darauf schließen lassen, daß er die Wohnung beibehalten und benutzen wird.

      (2) Den gewöhnlichen Aufenthalt im Sinn der Abgabenvorschriften hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, daß er an diesem Ort oder in diesem Land nicht nur vorübergehend verweilt. Wenn Abgabenvorschriften die unbeschränkte Abgabepflicht an den gewöhnlichen Aufenthalt knüpfen, tritt diese jedoch stets dann ein, wenn der Aufenthalt im Inland länger als sechs Monate dauert. In diesem Fall erstreckt sich die Abgabepflicht auch auf die ersten sechs Monate. Das Bundesministerium für Finanzen ist ermächtigt, von der Anwendung dieser Bestimmung bei Personen abzusehen, deren Aufenthalt im Inland nicht mehr als ein Jahr beträgt, wenn diese im Inland weder ein Gewerbe betreiben noch einen anderen Beruf ausüben.

      (3) In einem Dienstverhältnis zu einer Körperschaft des öffentlichen Rechtes stehende österreichische Staatsbürger, die ihren Dienstort im Ausland haben (Auslandsbeamte), werden wie Personen behandelt, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt am Ort der die Dienstbezüge anweisenden Stelle haben. Das gleiche gilt für deren Ehegatten, sofern die Eheleute in dauernder Haushaltsgemeinschaft leben, und für deren minderjährige Kinder, die zu ihrem Haushalt gehören.

      § 27

      (1) Körperschaften, Personenvereinigungen sowie Vermögensmassen haben ihren Sitz im Sinn der Abgabenvorschriften an dem Ort, der durch Gesetz, Vertrag, Satzung, Stiftungsbrief und dergleichen bestimmt ist. Fehlt es an einer solchen Bestimmung, so gilt als Sitz der Ort der Geschäftsleitung.

      (2) Als Ort der Geschäftsleitung ist der Ort anzunehmen, an dem sich der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung befindet.

      7. Gewerbebetrieb, Betriebsstätte, wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb, Vermögensverwaltung.

      § 28

      Eine selbständige, nachhaltige Betätigung, die mit Gewinnabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, ist Gewerbebetrieb im Sinn der Abgabenvorschriften, wenn die Betätigung weder als Ausübung der Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufes noch als eine andere selbständige Arbeit im Sinn des Einkommensteuerrechtes anzusehen ist. Ein Gewerbebetrieb liegt, wenn seine Voraussetzungen im übrigen gegeben sind,