Schweiz

Schweizerisches Strafgesetzbuch – StGB


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      Art. 44

      3. Gemeinsame Bestimmungen.

      Probezeit

      1 Schiebt das Gericht den Vollzug einer Strafe ganz oder teilweise auf, so bestimmt es dem Verurteilten eine Probezeit von zwei bis fünf Jahren.

      2 Für die Dauer der Probezeit kann das Gericht Bewährungshilfe anordnen und Weisungen erteilen.

      3 Das Gericht erklärt dem Verurteilten die Bedeutung und die Folgen der bedingten und der teilbedingten Strafe.

      Art. 45

      Bewährung

      Hat sich der Verurteilte bis zum Ablauf der Probezeit bewährt, so wird die aufgeschobene Strafe nicht mehr vollzogen.

      Art. 46

      Nichtbewährung

      1 Begeht der Verurteilte während der Probezeit ein Verbrechen oder Vergehen und ist deshalb zu erwarten, dass er weitere Straftaten verüben wird, so widerruft das Gericht die bedingte Strafe oder den bedingten Teil der Strafe. Es kann die Art der widerrufenen Strafe ändern, um mit der neuen Strafe in sinngemässer Anwendung von Artikel 49 eine Gesamtstrafe zu bilden. Dabei kann es auf eine unbedingte Freiheitsstrafe nur erkennen, wenn die Gesamtstrafe mindestens sechs Monate erreicht oder die Voraussetzungen nach Artikel 41 erfüllt sind.

      2 Ist nicht zu erwarten, dass der Verurteilte weitere Straftaten begehen wird, so verzichtet das Gericht auf einen Widerruf. Es kann den Verurteilten verwarnen oder die Probezeit um höchstens die Hälfte der im Urteil festgesetzten Dauer verlängern. Für die Dauer der verlängerten Probezeit kann das Gericht Bewährungshilfe anordnen und Weisungen erteilen. Erfolgt die Verlängerung erst nach Ablauf der Probezeit, so beginnt sie am Tag der Anordnung.

      3 Das zur Beurteilung des neuen Verbrechens oder Vergehens zuständige Gericht entscheidet auch über den Widerruf.

      4 Entzieht sich der Verurteilte der Bewährungshilfe oder missachtet er die Weisungen, so ist Artikel 95 Absätze 3–5 anwendbar.

      5 Der Widerruf darf nicht mehr angeordnet werden, wenn seit dem Ablauf der Probezeit drei Jahre vergangen sind.

      Dritter Abschnitt: Strafzumessung

      Art. 47

      1. Grundsatz

      1 Das Gericht misst die Strafe nach dem Verschulden des Täters zu. Es berücksichtigt das Vorleben und die persönlichen Verhältnisse sowie die Wirkung der Strafe auf das Leben des Täters.

      2 Das Verschulden wird nach der Schwere der Verletzung oder Gefährdung des betroffenen Rechtsguts, nach der Verwerflichkeit des Handelns, den Beweggründen und Zielen des Täters sowie danach bestimmt, wie weit der Täter nach den inneren und äusseren Umständen in der Lage war, die Gefährdung oder Verletzung zu vermeiden.

      Art. 48

      2. Strafmilderung.

      Gründe

      Das Gericht mildert die Strafe, wenn:

      a. der Täter gehandelt hat:

      1. aus achtenswerten Beweggründen,

      2. in schwerer Bedrängnis,

      3. unter dem Eindruck einer schweren Drohung,

      4. auf Veranlassung einer Person, der er Gehorsam schuldet oder von der er abhängig ist;

      b. der Täter durch das Verhalten der verletzten Person ernsthaft in Versuchung geführt worden ist;

      c. der Täter in einer nach den Umständen entschuldbaren heftigen Gemütsbewegung oder unter grosser seelischer Belastung gehandelt hat;

      d. der Täter aufrichtige Reue betätigt, namentlich den Schaden, soweit es ihm zuzumuten war, ersetzt hat;

      e. das Strafbedürfnis in Anbetracht der seit der Tat verstrichenen Zeit deutlich vermindert ist und der Täter sich in dieser Zeit wohl verhalten hat.

      Art. 48a

      Wirkung

      1 Mildert das Gericht die Strafe, so ist es nicht an die angedrohte Mindeststrafe gebunden.

      2 Das Gericht kann auf eine andere als die angedrohte Strafart erkennen, ist aber an das gesetzliche Höchst- und Mindestmass der Strafart gebunden.

      Art. 49

      3. Konkurrenz

      1 Hat der Täter durch eine oder mehrere Handlungen die Voraussetzungen für mehrere gleichartige Strafen erfüllt, so verurteilt ihn das Gericht zu der Strafe der schwersten Straftat und erhöht sie angemessen. Es darf jedoch das Höchstmass der angedrohten Strafe nicht um mehr als die Hälfte erhöhen. Dabei ist es an das gesetzliche Höchstmass der Strafart gebunden.

      2 Hat das Gericht eine Tat zu beurteilen, die der Täter begangen hat, bevor er wegen einer andern Tat verurteilt worden ist, so bestimmt es die Zusatzstrafe in der Weise, dass der Täter nicht schwerer bestraft wird, als wenn die strafbaren Handlungen gleichzeitig beurteilt worden wären.

      3 Hat der Täter eine oder mehrere Taten vor Vollendung des 18. Altersjahres begangen, so dürfen diese bei der Bildung der Gesamtstrafe nach den Absätzen 1 und 2 nicht stärker ins Gewicht fallen, als wenn sie für sich allein beurteilt worden wären.

      Art. 50

      4. Begründungspflicht

      Ist ein Urteil zu begründen, so hält das Gericht in der Begründung auch die für die Zumessung der Strafe erheblichen Umstände und deren Gewichtung fest.

      Art. 51

      5. Anrechnung der Untersuchungshaft

      Das Gericht rechnet die Untersuchungshaft, die der Täter während dieses oder eines anderen Verfahrens ausgestanden hat, auf die Strafe an. Ein Tag Haft entspricht einem Tagessatz Geldstrafe oder vier Stunden gemeinnütziger Arbeit.

      Vierter Abschnitt: Strafbefreiung und Einstellung des Verfahrens23

      Art. 52

      1. Gründe für die Strafbefreiung.

      Fehlendes Strafbedürfnis24

      Die zuständige Behörde sieht von einer Strafverfolgung, einer Überweisung an das Gericht oder einer Bestrafung ab, wenn Schuld und Tatfolgen geringfügig sind.

      Art. 53

      Wiedergutmachung

      Hat der Täter den Schaden gedeckt oder alle zumutbaren Anstrengungen unternommen, um das von ihm bewirkte Unrecht auszugleichen, so sieht die zuständige Behörde von einer Strafverfolgung, einer Überweisung an das Gericht oder einer Bestrafung ab, wenn:

      a. die Voraussetzungen für die bedingte Strafe (Art. 42) erfüllt sind; und

      b. das Interesse der Öffentlichkeit und des Geschädigten an der Strafverfolgung gering sind.

      Art. 54

      Betroffenheit des Täters durch seine Tat

      Ist der Täter durch die unmittelbaren Folgen seiner Tat so schwer betroffen, dass eine Strafe unangemessen wäre, so sieht die zuständige Behörde von einer Strafverfolgung, einer Überweisung an das Gericht oder einer Bestrafung ab.

      Art. 55

      2. Gemeinsame Bestimmungen

      1 Das Gericht sieht bei der bedingten Strafe vom Widerruf und bei der bedingten Entlassung