Georg Brandes

Moderne Geister


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„Madame Bovary“ erschien, anatomirte Taine in seinem Werk „Les philosophes français du 19me siècle“ die herrschende spiritualistische Lehre, vernichtete Cousin als Denker und erklärte, ohne die Romantiker zu bekämpfen, mit kühler Gleichgültigkeit, dass Hugo und Lamartine schon Classiker seien, die von der Jugend eher aus Neugier, als aus Sympathie gelesen würden, und die ihr so ferne standen, wie Shakespeare und Racine. Sie seien „bewunderungswürdige und ehrwürdige Ueberreste eines Zeitalters, das gross war und nicht mehr existire“. Sein Zeitgenosse Sarcey schrieb nicht viel später im „Figaro“ jenen von Banville, dem Zögling der grossen Romantiker, vielbesungenen und vielverspotteten Artikel, der in den Worten gipfelte: „Vorwärts, meine Freunde! Nieder mit der Romantik! Hoch Voltaire und die Normalschule!“25 In der dramatischen Poesie schien die Opposition gegen die Romantik mit der kleinen unfruchtbaren École de bon sens gescheitert; Ponsard und seine Geistesverwandten hatten lange nicht das halten können, was man sich von ihnen versprach. Aber neuere realistische Dramatiker schlossen sich eben zu jenem Zeitpunkt ihnen an. Augier, der seine ersten Poesien Ponsard gewidmet hatte und der anfangs der sentimental-bürgerlichen Richtung desselben gefolgt war, betrat 1855 eine neue Bahn drastischer Schilderung der unmittelbaren Gegenwart. Der kühnere, derbere Dumas hatte ihm eben den Weg gezeigt, und bei diesem fängt trotz aller Pietät für die Generation, der sein Vater angehörte, die directe und treffende Verspottung der romantischen Ideale an; man sehe die Rollen de Nanjac's in „Le Demi-monde“, de Montègre's in „L'ami des femmes“. Das Wort, das Montègre durch die Ueberlegenheit de Ryon's in Verwirrung gebracht, demselben erwidert: „Vous êtes un physiologiste, Monsieur“, war in Wirklichkeit die einzige Antwort, welche die ältere Generation der Kritik der jüngeren entgegenzustellen hatte.

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      1

      Auf Schritt und Tritt sich aufzupassen,

      Was soll es frommen?

      Wer nicht wagen darf, sich geh'n zu lassen,

      Wird nicht weit kommen.

P H.

      2

      Kinder der Welt II, 17. Im Paradiese I, 31.

      3

      Gesammelte Werke IV. 135.

      4

      K. d. W. II. 612.

      5

      K. d. W. III, 210, 242, 256.

      6

      K. d. W. III, 109.

      7

      K. d. W. I, 111; G. W. VI, 206.

      8

      G. W. III, 300.

      9

      K. d. W. II, 47.

      10

      G. W. V, 201. Seite 175 wird das Wort „vornehm“ von ihr gebraucht.

      11

      K. d. W. II, 333 III, 309 und 335. Dass du das beste, tiefste, holdeste, adligste Menschenbild bist. – Das arme tapfre, freigeborne Herz – es hat seinen Adel bewährt.

      12

      Im Paradiese. III, 6 ff.

      13

      G. W. V, 197.

      14

      G. W. IX, 73 ff.

      15

      G. W. VIII, 168.

      16

      G. W. VI, 71: „Ich bin einmal in meinem Leben verkauft worden. Wie wollen die Menschen mich nun schelten, wenn ich mich verschenke, um jene Schmach zu verschmerzen!“

      17

      G. W. VI, 40.

      18

      G. W. VI, 5.

      19

      Heyse und Kurz, Novellenschatz des Auslandes, Bd. VIII.

      20

      Heyse und Kurz, Deutscher Novellenschatz. Bd. I. S. XIX.

      21

      K. d. W. II, 265.

      22

      Hätte ein Kritiker dieses Schlages nicht seiner Zeit eine „Warnung“ vor Goethe's Faust ganz in demselben Stile verfassen können: „Der Inhalt dieses unsittlichen Werkes Ist folgender: Ein schon ziemlich bejahrter Arzt (Dr. med.) ist des Studirens müde und sehnt sich nach fleischlichen Lüsten. Zu dem Ende verschreibt er sich dem Teufel. Dieser führt ihn nach verschiedenen niedrigen Erlustigungen (die z. B. darin bestehen, halbbetrunkene Studenten noch betrunkener zu machen) zu einer jungen Bürgerstochter, die Faust (der Doctor) gleich zu verführen sucht. Ein Paar Rendezvous bei einer alten Kupplerin bahnen ihm den Weg dazu. Da die Verführung aber nicht schnell genug gelingt, gibt der Teufel Faust ein Juwelenkästchen, das er dem Mädchen schenken soll. Ausser Stande, diesem Geschenke zu widerstehen, also nicht einmal verführt, sondern erkauft, ergibt sich Gretchen Faust, und um desto ungestörter mit ihrem Galan zu sein, flösst sie ihrer alten Mutter einen Schlaftrunk ein, der dieselbe tödtet. Nachdem sie dann den Tod ihres Bruders verschuldet hat, bringt sie das Kind, die Frucht ihrer Schande, um. Im Gefängniss singt sie schmutzige Lieder. Dass ihr Verführer sie im Stiche lässt, kann Einen nicht wundern, wenn man seine religiösen Grundsätze vernommen hat. Er ist, wie die Scene, wo seine Donna ihn nach seinem Glauben befragt, deutlich beweist, kein Christ; ja, er scheint nicht einmal an einen Gott zu glauben, obschon er zu allerlei leeren Ausflüchten greift, um seinen vollständigen Unglauben zu verdecken. – Da dies lästerliche Buch trotzdem, wie wir zu unserer Verwunderung hören, Leser, ja sogar Leserinnen findet, und in den Leihbibliotheken unserer Stadt eine eifrige Nachfrage erfährt, so fordern wir alle Familienväter auf, über das Seelenheil der Ihrigen zu wachen, das eine so ruchlose Lectüre um so leichter gefährden kann, als eine glatte, einschmeichelnde Form die unsittlichsten Lehren umhüllt“.

      23

      Anatole Leroy-Beaulieu hat später einen wohlgelungenen Versuch gemacht, ihn auf Grund derselben zu charakterisiren. (Un Empereur. 1879.)

      24

      Die Titel sind: Madame Bovary, Salammbô, L'éducation