Ihr in Rom seid müßt Ihr leben wie die Römer,« sagt ein altes gutes Sprichwort. Madame Delavigne ist ein reizendes junges Frauchen, und wohl im Stande einen Mann zu fesseln.«
»Und auf wie lange?« unterbrach ihn, mit einem fast boshaften Lächeln, Madame Belard.
»Auf wie lange, Madame?« wiederholte mit einem etwas frivolen Achselzucken der Gefragte – »ich bin kein Prophet oder Sterndeuter; aber das sind Familienverhältnisse, und mancher Indianer hätte vielleicht eben so gut ein Recht dieselbe Frage an uns Europäer zu richten – auf wie lange? mon Dieu, wir sollten diesen wichtigen Punkt überhaupt etwas genauer in unserem Trauungs-Ceremoniell berücksichtigen; auf wie lange? – wir müssen uns damit begnügen zu wissen, daß wir sind, und eine Frage was wir einst werden, geschieht wohl immer nur in's Blaue hinein.«
»Es ist aber doch nur eine Indianerin,« bemerkte, mit einem keineswegs zufrieden gestellten Blick, Mrs. Noughton, die aus den Vereinigten Staaten von Nord-Amerika ein nicht leicht zu besiegendes Vorurtheil gegen jede farbige Race, sie mochte einen Namen oder Stamm haben welchen sie wollte, mitgebracht hatte, und sich immer des Gedankens nicht erwehren konnte, daß solche Leute am Ende gar schwarzes Blut in ihren Adern haben könnten, oder mit anderen Worten in zweiter oder dritter Generation von Negern abstammten, mit denen natürlich jeder vertrauliche, selbst freundschaftliche Verkehr außer Frage gewesen wäre – »und hätte ich das früher gewußt, würde ich ihr wenigstens nicht zuerst meine Visite gemacht haben.«
»Sie müssen aber bedenken, Mrs. Noughton,« sagte etwas eifrig Madame Belard dagegen, »daß uns Monsieur Delavigne gar nicht zu sich eingeladen, also auch keine Schuld hat an dem Besuch. Wir sind aus freien Stücken hergekommen, und wenn ich auch gestehen muß daß ein derartiges Verhältniß immer sein Unangenehmes, Störendes hat und uns bei größeren Gesellschaften vielleicht auch dann und wann in Verlegenheit bringen könnte, so – «
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