mannigfaltigen Gegenstände zu bereichern. Diesen Abend sah ich den Platz der Antoninischen Säule, den Palast Chigi vom Mond erleuchtet, und die Säule, von Alter schwarz, vor dem helleren Nachthimmel, mit einem weißen glänzenden Piedestal. Und wie viel andere unzählige schöne einzelne Gegenstände trifft man auf so einer Promenade an. Aber wie viel dazu gehört, sich nur einen geringen Teil von allem diesem zuzueignen! Es gehört ein Menschenleben dazu, ja das Leben vieler Menschen, die immer stufenweis voneinander lernen.
Eingang zur Villa Chigi in Ariccia. Zeichnung von Goethe
Ich war mit dem Grafen Fries, die Gemmensammlung des Prinzen von Piombino zu sehen.
Freitag, den 27sten.
Übrigens helfen mir alle Künstler, alt und jung, um mein Talentchen zuzustutzen und zu erweitern. In der Perspektiv und Baukunst bin ich vorgerückt, auch in der Komposition der Landschaft. An den lebendigen Kreaturen hängt's noch, da ist ein Abgrund, doch wäre mit Ernst und Applikation hier auch weiterzukommen.
Ich weiß nicht, ob ich ein Wort von dem Konzert sagte, das ich zu Ende voriger Woche gab. Ich lud diejenigen Personen dazu, die mir hier manches Vergnügen verschafft haben, und ließ durch die Sänger der komischen Oper die besten Stücke der letzten Intermezzen aufführen. Jedermann war vergnügt und zufrieden.
Nun ist mein Saal schön aufgeräumt und aufgeputzt; es lebt sich bei der großen Wärme aufs angenehmste darin. Wir haben einen trüben, einen Regentag, ein Donnerwetter, nun einige heitere, nicht sehr heiße Tage gehabt.
war ich mit Angelika in dem Palast Rondanini. Ihr werdet euch aus meinen ersten römischen Briefen einer Meduse erinnern, die mir damals schon so sehr einleuchtete, jetzt nun aber mir die größte Freude gibt. Nur einen Begriff zu haben, daß so etwas in der Welt ist, daß so etwas zu machen möglich war, macht einen zum doppelten Menschen. Wie gern sagt' ich etwas drüber, wenn nicht alles, was man über so ein Werk sagen kann, leerer Windhauch wäre. Die Kunst ist deshalb da, daß man sie sehe, nicht davon spreche, als höchstens in ihrer Gegenwart. Wie schäme ich mich alles Kunstgeschwätzes, in das ich ehmals einstimmte. Wenn es möglich ist, einen guten Gipsabguß von dieser Meduse zu haben, so bring' ich ihn mit, doch sie müßte neu geformt werden. Es sind einige hier zu Kaufe, die ich nicht möchte; denn sie verderben mehr die Idee, als daß sie uns den Begriff gäben und erhielten. Besonders ist der Mund unaussprechlich und unnachahmlich groß.
blieb ich den ganzen Tag zu Hause und war fleißig. "Egmont" rückt zum Ende, der vierte Akt ist so gut wie fertig. Sobald er abgeschrieben ist, schick' ich ihn mit der reitenden Post. Welche Freude wird mir's sein, von euch zu hören, daß ihr dieser Produktion einigen Beifall gebt! Ich fühle mich recht jung wieder, da ich das Stück schreibe; möchte es auch auf den Leser einen frischen Eindruck machen. Abends war ein kleiner Ball in dem Garten hinter dem Hause, wozu wir auch eingeladen wurden. Ungeachtet jetzt keine Jahrszeit des Tanzes ist, so war man doch ganz lustig. Die italienischen Mäuschen haben ihre Eigentümlichkeiten, vor zehn Jahren hätten einige passieren können, nun ist diese Ader vertrocknet, und es gab mir diese kleine Feierlichkeit kaum so viel Interesse, um sie bis ans Ende auszuhalten. Die Mondnächte sind ganz unglaublich schön; der Aufgang, eh' sich der Mond durch die Dünste heraufgearbeitet hat, ganz gelb und warm, come il sole d'Inghilterra, die übrige Nacht klar und freundlich. Ein kühler Wind, und alles fängt an zu leben. Bis gegen Morgen sind immer Partien auf der Straße, die singen und spielen, man hört mancherlei Duette, so schön und schöner als in einer Oper oder Konzert.
wurden einige Mondscheine aufs Papier gebracht, dann sonst allerlei gute Kunst getrieben. Abends ging ich mit einem Landsmann spazieren, und wir stritten über den Vorzug von Michelangelo und Raffael; ich hielt die Partie des ersten, er des andern, und wir schlossen zuletzt mit einem gemeinschaftlichen Lob auf Leonard da Vinci. Wie glücklich bin ich, daß nun alle diese Namen aufhören, Namen zu sein, und lebendige Begriffe des Wertes dieser trefflichen Menschen nach und nach vollständig werden.
Nachts in die komische Oper. Ein neues Intermezz, "L'Impresario in angustie", ist ganz vortrefflich und wird uns manche Nacht unterhalten, so heiß es auch im Schauspiele sein mag. Ein Quintett, da der Poeta sein Stück vorliest, der Impresar und die prima donna auf der einen Seite ihm Beifall geben, der Komponist und die seconda donna auf der andern ihn tadeln, worüber sie zuletzt in einen allgemeinen Streit geraten, ist gar glücklich. Die als Frauenzimmer verkleideten Kastraten machen ihre Rollen immer besser und gefallen immer mehr. Wirklich für eine kleine Sommertruppe, die sich nur so zusammengefunden hat, ist sie recht artig. Sie spielen mit einer großen Natürlichkeit und gutem Humor. Von der Hitze stehen die armen Teufel erbärmlich aus.
Bericht
Um Nachstehendes, welches ich nunmehr einzuführen gedenke, schicklicherweise vorzubereiten, halte für nötig, einige Stellen aus dem vorigen Bande, welche dort, im Lauf der Ereignisse, der Aufmerksamkeit möchten entgangen sein, hier einzuschalten und die mir so wichtige Angelegenheit den Freunden der Naturwissenschaft dadurch abermals zu empfehlen.
Es ist ein wahres Unglück, wenn man von vielerlei Geistern verfolgt und versucht wird! Heute früh ging ich mit dem festen, ruhigen Vorsatz, meine dichterischen Träume fortzusetzen, nach dem öffentlichen Garten, allein eh' ich mich's versah, erhaschte mich ein anderes Gespenst, das mir schon diese Tage nachgeschlichen. Die vielen Pflanzen, die ich sonst nur in Kübeln und Töpfen, ja die größte Zeit des Jahres nur hinter Glasfenstern zu sehen gewohnt war, stehen hier froh und frisch unter freiem Himmel, und indem sie ihre Bestimmung vollkommen erfüllen, werden sie uns deutlicher. Im Angesicht so vielerlei neuen und erneuten Gebildes fiel mir die alte Grille wieder ein, ob ich nicht unter dieser Schar die Urpflanze entdecken könnte. Eine solche muß es denn doch geben! Woran würde ich sonst erkennen, daß dieses oder jenes Gebilde eine Pflanze sei, wenn sie nicht alle nach einem Muster gebildet wären?
Ich bemühte mich, zu untersuchen, worin denn die vielen abweichenden Gestalten voneinander unterschieden seien. Und ich fand sie immer mehr ähnlich als verschieden, und wollte ich meine botanische Terminologie anbringen, so ging das wohl, aber es fruchtete nicht, es machte mich unruhig, ohne daß es mir weiterhalf. Gestört war mein guter poetischer Vorsatz, der Garten des Alcinous war verschwunden, ein Weltgarten hatte sich aufgetan. Warum sind wir Neueren doch so zerstreut, warum gereizt zu Forderungen, die wir nicht erreichen noch erfüllen können!
Ferner muß ich dir vertrauen, daß ich dem Geheimnis der Pflanzenzeugung und — organisation ganz nahe bin, und daß es das Einfachste ist, was nur gedacht werden kann. Unter diesem Himmel kann man die schönsten Beobachtungen machen. Den Hauptpunkt, wo der Keim steckt, habe ich ganz klar und zweifellos gefunden, alles übrige seh' ich auch schon im ganzen, und nur noch einige Punkte müssen bestimmter werden. Die Urpflanze wird das wunderlichste Geschöpf von der Welt, um welches mich die Natur selbst beneiden soll. Mit diesem Modell und dem Schlüssel dazu kann man alsdann noch Pflanzen ins Unendliche erfinden, die konsequent sein müssen, das heißt: die, wenn sie auch nicht existieren, doch existieren könnten und nicht etwa malerische oder dichterische Schatten und Scheine sind, sondern eine innerliche Wahrheit und Notwendigkeit haben. Dasselbe Gesetz wird sich auf alles übrige Lebendige anwenden lassen.
So viel aber sei hier, ferneres Verständnis vorzubereiten, kürzlich ausgesprochen: Es war mir nämlich aufgegangen, daß in demjenigen Organ der Pflanze, welches wir als Blatt gewöhnlich anzusprechen pflegen, der wahre Proteus verborgen liege, der sich in allen Gestaltungen verstecken und offenbaren könne. Vorwärts und rückwärts ist die Pflanze immer nur Blatt, mit dem künftigen Keime so unzertrennlich vereint, daß man eins ohne das andere nicht denken darf. Einen solchen Begriff zu fassen, zu ertragen, ihn in der Natur aufzufinden, ist eine Aufgabe, die uns in einen peinlich süßen Zustand versetzt.
Störende Naturbetrachtungen
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