ein Gewitter trieb die alte Fürstinn von Waldeck mit ihren Töchtern der Herzogin von Curland, und der Fürstinn von U. in unser Haus und Saal. Da sie mich erkannten, wurde gleich viel nach dir gefragt, und die alte Fürstinn hat mit solcher Wahrheit und Wärme von dir geredt daß mirs wohl wurde. Sie sagte, wenn ihm heute nicht die Ohren klingeln, so halte ich nicht viel auf seine Ahnungskrafft, an uns liegt die Schuld nicht. Sie läßt dich herzlich grüßen.
Lilli grüst dich auch! —
Und mir wird Gott gnädig seyn. B., ich bin eine Zeit her wieder fromm, habe meine Lust an dem Herrn, und sing ihm Psalmen von denen du ehestens eine Schwingung erhalten sollst.
Ich bin sehr aufgespannt, fast zu sagen doch wollt ich du wärest mit mir, denn da ist wohl seyn in meiner Nachbaarschafft.
Schreibe doch du auf was du wolltest daß ich für dich sähe, wenn ich nach Italien gieng.
im July 1775.
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Freitag den 21. Dez. Nach einem herrlichen Wintertag, den ich meist in freyer Luft Morgens mit dem Herzog, Nachmittag mit Wielanden zugebracht habe, ziemlich müd und ausgelüfftet von der Eisfahrt, siz ich bey W. und will sehen was ich an dich zusammen stopple über die mir geschickten Cap. der Phis: – kurz genug und wills Gott bündig und treffend, das ist alles. Denn Ausspinnens ist jezt nicht Zeit, der ich in verbreiteter Wirthschafft, und Zerstreuung von Morgens zu Nacht umgetrieben werde. Wieland hat mir seine Gefühle gegeben, und so wird alles gut werden. Ich geh auch wohl nach Leipzig, hast du nun da was so schreibe bey Zeiten und laß michs ausrichten.
Weiter braucht der Herzog einen Generalsuperintendenten. Er fragte mich drum, ich nannt ihm Herdern. Der wie du vielleicht weißt noch nicht ganz gewiß nach Göttingen geht. Der Herzog trug mir auf dich zu fragen: wen du vorschlügst? sag mir also ein Wort hierüber, und wen du sonst in Ermangelung Herders vorschlagen könntest.
Ich bin hier wie unter den Meinigen, und der Herzog wird mir täglich werther, und wir einander täglich verbundener.
Grüs mir alles! Von Paßavant hab ich liebe Briefe. Auch von Zimmermann, der mir deinen guten Muth meldet.
Morgen geh ich über Jena nach Waldeck, wilde Gegenden und einfache Menschen aufzusuchen. Addio. Mir geht alles nach Herzenswunsch, auch Dir geh es so.
Bäben kann sich auch wieder einmal erheben mir zu schreiben. Grüs dein Weib. Sey mir nicht gar zu Lakonisch.
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Wie du missest soll dir wieder gemessen werden, sey wegen der Phis. ausser Sorgen. Ich bin noch in Türingen, immer höchstens anderthalb Tagreisen von Leipzig. Will schon machen und leiten. Wieland erkennt dich. Ich bin dein. Thomasele mir nicht. Ich lerne täglich mehr steuern auf der Woge der Menschheit. Bin tief in der See.
Erfurt d. letzten des Jahrs 75.
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Lieber Br. sey nur ruhig um mich, und ermatte dich nicht Müdling ohne Noth, ich hab all deine Phisiognomik. Aber der 2 Theil wird zuviel stärker, wie ich’s iezt überlege, und will drum mit Reichen reden daß das auch gut werde.2 Verlaß dich – Ich bin nun ganz eingeschifft auf der Woge der Welt – voll entschlossen: zu entdecken, gewinnen, streiten, scheitern, oder mich mit aller Ladung in die Luft zu sprengen. Aber laß mich von dir hören! es ist nicht genug daß du mich liebst. Ob das gleich alles ist, auch durch Amanuenses ist schon gut.
d. 6. März 76. Weimar.
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Weil ihr lieb wart und habt mir gleich geschrieben, so auch von mir hier eine Ejakulation die ihr freundlich mögt aufnehmen.
Lieber Bruder daß du nicht willst Ständigkeit kriegen, nicht kannst kriegen, ängstigt mich manchmal wenn ich peccata mundi im Stillen trage. Ich bin nun seit einem Jahr in ganz decidirten moralisch politischen Augenblickes-Verhältnissen und mein Herz das mir so treu und du – Nun es soll so seyn – über C… und L… sey ruhig, wo die Götter nicht ihr Possenspiel mit den Menschen treiben, sollen sie doch noch eins der glücklichsten Paare werden wie sie eines der besten sind, nichts menschliches steht dazwischen, nur des unbegreifflichen Schicksaals verehrliche Gerichte. Wenn ich dir erscheinen und dir erzählen könnte was unschreibbar ist, du würdest auf dein Angesicht fallen und anbeten den der da ist, da war und seyn wird. Aber glaub an mich, der ich an den Ewigen glaube. Grüß alles und Kaysern. Lenz ist unter uns wie ein krankes Kind, und Klinger wie ein Splitter im Fleisch, er schwürt, und wird sich herausschwüren leider.
d. 16. Sept. 76.
Schick mir zeitig etwas zum dritten Theil. Gern sollst du haben was ich geben kann, in der unendlich beweglichen Welt in der ich lebe tausend Beobachtungen! und in einem guten Augenblick schöpf ich dir die Butter ab! – &c. – Valleney auch nicht! – Genug was ich kann! —
Allwills Briefe sind von Frch. Jakobi – nicht von mir. —
Taglang Nachtlang stand mein Schiff befrachtet.
Günstger Winde harrend sas mit treuen Freunden
Mir Geduld und guten Muth erzechend
Ich im Hafen.
Und sie wurden mit mir ungeduldig:
Gerne gönnen wir die schnellste Reise
Gern die hohe Fahrt dir. Güter-Fülle
wartet drüben in den Welten deiner,
Wird rükkehrendem in unsern Armen
Lieb und Preis dir.
Und am frühen Morgen wards Getümmel
und dem Schlaf entiauchzt uns der Matrose;
Alles wimmelt alles lebet webet,
Mit dem ersten Seegenshauch zu schiffen.
Und die Segel blühen in dem Hauche.
Und die Sonne lokt mit Feuerliebe.
Ziehn die Segel, ziehn die hohen Wolken.
Jauchzen an dem Ufer alle Freunde
Hofnungslieder nach im Freudetaumel,
Reisefreude wähnend wie des Einschiffmorgens
Wie der ersten hohen Sternennächte.
Aber Gottgesandte Wechselwinde treiben
Seitwärts ihn der vorgestekten Fahrt ab,
Und er scheint sich ihnen hinzugeben,
Strebet leise sie zu überlisten
Treu dem Zwek auch auf dem schiefen Weege.
Aber aus der dumpfen grauen Ferne
Kündet leisewandelnd sich der Sturm an,
Drükt die Vögel nieder aufs Gewäßer
Drükt der Menschen schwellend Herze nieder.
Und er kommt. Vor seinem starren Wüthen
Streicht der Schiffer weis die Segel nieder.
Mit dem angsterfüllten Balle spielen
Wind und Wellen.
Und an ienem Ufer drüben stehen
Freund und Lieben, beben auf dem Festen:
Ach warum ist er nicht hier geblieben!
Ach der Sturm! Verschlagen weg vom Glüke!
Soll der Gute so zu Grunde gehen!
Ach er sollte! Ach er könnte! Götter!
Doch er stehet mannlich an dem Steuer.
Mit dem Schiffe spielen Wind und Wellen;
Wind und Wellen nicht mit seinem Herzen.
Herrschend blikt er in die