auffallender Weise sozusagen – abgerichtet?“
„Aus Dankbarkeit!“
„Wie? Was? Wie kommt ein Archimandrit dazu, einem Menschen wie Ihm – so sonderbar zu Dank verpflichtet zu sein?“
„Das kann ich Euer Herrlichkeit nur ins – Ohr sagen, denn es muß das ein Geheimnis bleiben!“
Und ehe der Offizier diese widerliche Zudringlichkeit verhindern konnte, hatte ihm der Pope das – Geheimnis ins Ohr geflüstert.
Erst starrte der Hauptmann den sonderbaren „Pfarrer“ an, verblüfft in hohem Maße; dann aber lachte Tonidandel, daß ihm das Wasser aus den Augen schoß.
Zum Schlusse dieser denkwürdigen Pfarrmatrikelkontrolle bestand der Offizier auf der Einhändigung des Ernennungsdekretes.
Dieses Dokument lieferte der Pope ersichtlich ungern, zögernd und wider Willen ab.
Ein Blick auf Dienstsiegel und Unterschrift. Und Tonidandel frohlockte.
Es stimmte genau; der Oberst K., kein anderer, hatte dieses Monstrum von Theologen zum Pfarrer ernannt. Und den Popen Vid mußte er völlig vergessen haben: denn sonst würde er den Hauptmann nicht auf das – Protektionskind gehetzt, Kontrolle und Bestrafung angeordnet haben.
Wegen der weiteren Erledigung dieser Angelegenheit, erklärte der Offizier, daß ein Bescheid dem – „Pfarrer“ schriftlich zugehen werde.
Das Ernennungsdekret nahm er mit.
Wie zu Stein erstarrt blieb der Pope stehen, als der Hauptmann lachend das Pfarrhaus verließ….
Zwei Tage später schrieb Tonidandel in der Kanzlei zu S. den gewünschten Bericht an das Regimentskommando in Karlstadt. Zwar nicht „erschöpfend“, aber sarkastisch, knapp und sehr verständlich. Der Inhalt lautete ungefähr: Eine Pfarrmatrikel gibt es im Dorfe …. nicht; der mit Dekret des Regimentskommandanten, des Herrn Oberst K. zum – Pfarrer ernannte Jaša Vid war früher durch viele Jahre Kutscher beim Archimandriten …., der den Vid aus Dankbarkeit zum Popen abrichtete, weil der Vid niemals einen – Lohn für seine Kutscher- und Hausknechtsarbeit erhalten hat. Deshalb besitzt der Vid auch keinen theologischen Lehrbrief und keine theologischen Kenntnisse. Vid behauptet, daß der Archimandrit ihn dem Herrn Regimentschef empfohlen habe. Die Bestrafung wegen ungenügender Matrikelführung wolle das hohe Regimentskommando vornehmen.
Bezüglich der Errichtung von Räuberkommandos wird gehorsamst bemerkt, daß es im Dienstbereiche des Kompagniekommandos S. Räuber nicht gibt.
Deshalb wird gehorsamst um Angabe der Dörfer gebeten, in die zwecklos Detachements gelegt werden sollen….
Lachend fügte Tonidandel diesem Schriftstück das Dienstsiegel des Kompagniekommandos und seine Unterschrift bei.
Das Städtchen S. und die Lika wurden bald darauf eingeschneit, von allem Verkehr gänzlich abgeschnitten. Wochen vergingen. Und als erstmals wieder auf Schlitten die Militärpost aus Karlstadt nach S. kam, enthielt die Posttasche unter anderm ein Schriftstück, das den Befehl zur Aufstellung von Räuberkommandos widerrief und dem Kompagniekommando mitteilte, daß Oberst K. unter Beförderung zum Generalmajor nach Wien versetzt worden sei. Also war Hauptmann Tonidandel seinen „Befehlsgeber“ und Peiniger los geworden.
Des Popen Meisterstück
Als Kommandant Tonidandel von der Grenzerkompagnie S. auf Regimentsbefehl (unterzeichnet: „K.“) die Untersuchung gegen den Dorfpopen Vid wegen ungenügender Führung der Pfarrmatrikel durchgeführt und dieses sonderbaren „Pfarrers“ Ernennungsdekret mitgenommen hatte, verlebte der Pope Vid begreiflicherweise schwere Tage bitterster Angst in Erwartung der Strafe und der Absetzung. Denn soviel Verstand besaß Jaša Vid noch von seiner Tätigkeit als Rosselenker her, daß er selbst die Belassung auf seinem Posten für unmöglich hielt, nachdem in seine Führung der Pfarrgeschäfte von militärischer Seite „hineingeleuchtet“ worden war. An der Entlassung von kurzer Hand zweifelte Vid keinen Augenblick; sie konnte nur noch die Frage weniger Wochen sein und hing zeitlich davon ab, wann der Kompagniekommandant den Rapport schreiben, das amtliche Schriftstück beim Regimentskommando in Karlstadt eintreffen und Oberst K. dazu kommen werde, das Aktenstück zu erledigen.
Den ersten Tag nach Tonidandels Abzug verlebte der Pope in völliger Verzweiflung. Der zweite Tag verging in dumpfem Hinbrüten. Am dritten Tage dämmerte im „pfarrlichen“ Kutschergehirn der Gedanke auf, daß das bittere Unheil vielleicht abgewendet werden könnte, wenn „man“ den allmächtigen Regimentskommandanten bei besonders guter Laune antreffen, ihm ein besonders schönes Pferd „vorführen“ und kniefällig um Belassung auf dem Posten trotz mangelhafter Registerführung und früherer Kutschertätigkeit bitten würde.
Mit einer gewissen Findigkeit, die der Logik nicht entbehrte, kam Vid zu der Folgerung, daß der Regimentsgewaltige ihn nicht zu hart bestrafen könne, nachdem doch der Oberst in eigener Person den Kutscher zum – Pfarrer ernannt hatte. Schuld des Popen konnte es nicht sein, falls etwa der Archimandrit dem Regimentskommandanten verschwiegen haben sollte, daß Vid früher des Archimandriten Rosselenker gewesen. Wußte dies aber der Oberst, hatte er trotzdem die Ernennung vollzogen, so durfte er, nun durch die „Stocherei“ des Kontrolloffiziers der Tatbestand „aktenmäßig“ geworden, nicht so grausam sein, den Popen, sein Protektionskind, davonzujagen.
Am vierten Tage beschäftigte sich Vid mit dem Verhalten des Hauptmannes gegenüber dem ins Ohr geflüsterten Geheimnis. Der Pope fragte sich, warum der Offizier sich krümmte und so schrecklich lachte, daß ihm das Wasser aus den Augen schoß? Die „Beförderung“ des Kutschers zum Popen mochte in fremden Augen ungewöhnlich erscheinen; Vid erblickte in ihr nichts anderes als die Tilgung einer Dankesschuld. Verjagt der Oberst den Popen vom Pfarrposten, so wird der Archimandrit entweder für eine andere Stelle sorgen oder den rückständigen Kutschersold bezahlen müssen….
Weshalb aber lachte der Offizier so unbändig? Ist er vielleicht ein Feind des Regimentskommandanten? Will er ihm mit der Aufdeckung des Geheimnisses, daß Vid früher – Kutscher gewesen, einen besonderen Streich spielen? Darüber Näheres und Sicheres zu erfahren, bestand keine Möglichkeit. Doch eines erriet Vid gefühlsgemäß: eine Hauptrolle werde und müsse seine Tätigkeit als – Rosselenker spielen. Dieses „Gefühl“ lenkte auf den Gedanken, die Gunst des Regimentskommandanten neuerdings, und zwar durch – Pferde zu gewinnen. Der arme schlechtbezahlte Dorfpope besaß jedoch keine Pferde, konnte solche nicht kaufen. Ein schönes wertvolles Roß schon gar nicht. Und ein – Pope konnte ein Prachtroß auch nicht – „verschaffen“. Nur darüber – reden könnte er mit einem Besitzer oder mit einem Sachverständigen in der Pferdebeurteilung.
Eigentümer schöner Pferde gab es im Dorfe nicht, wohl aber im nächsten größeren Orte. Sachverständige im Heimatsdorfe genug. Gleich der nächste Nachbar des Pfarrhauses, der Mirko, stand im Rufe eines Pferdekenners, der freilich viel schwätzte; doch erzählte die Fama von ihm, daß er – nachts auf geheimnisvollen Gängen sehr schweigsam, stumm wie das Grab, sei.
Nicht über die beunruhigende Sache betreffend die drohende Absetzung, nur über – Pferde wollte der Pope mit Mirko sprechen. Bei nächster Gelegenheit fragte also Vid, wie doch eigentlich die kavalleristische Episode im „Provinzial“ bei der Landwehr gewesen sei.
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