aber wir mögen dein Geld nicht.
Behalte deine Dukaten, und deine hundert Pistolen kannst du auch unversehrt wiederbekommen, sobald als du willst.—
Werner
So? Hat denn der Major noch Geld?
Just
Nein.
Werner
Hat er sich wo welches geborgt?
Just
Nein.
Werner
Und wovon lebt ihr denn?
Just Wir lassen anschreiben, und wenn man nicht mehr anschreiben will und uns zum Hause hinauswirft, so versetzen wir, was wir noch haben, und ziehen weiter.—Höre nur, Paul; dem Wirte hier müssen wir einen Possen spielen.
Werner
Hat er dem Major was in den Weg gelegt?—Ich bin dabei!—
Just Wie wär's, wenn wir ihm des Abends, wenn er aus der Tabagie kömmt, aufpaßten und ihn brav durchprügelten?—
Werner
Des Abends?—aufpaßten?—ihre zwei, einem?—Das ist nichts.—
Just
Oder wenn wir ihm das Haus über dem Kopf ansteckten?—
Werner Sengen und brennen?—Kerl, man hört's, daß du Packknecht gewesen bist und nicht Soldat—pfui!
Just Oder wenn wir ihm seine Tochter zur Hure machten? Sie ist zwar verdammt häßlich—
Werner Oh, da wird sie's lange schon sein! Und allenfalls brauchst du auch hierzu keinen Gehilfen. Aber was hast du denn? Was gibt's denn?
Just
Komm nur, du sollst dein Wunder hören!
Werner
So ist der Teufel wohl hier gar los?
Just
Jawohl; komm nur!
Werner
Desto besser! Nach Persien also, nach Persien!
2. Akt
1. Szene
(Die Szene ist in dem Zimmer des Fräuleins.) (Minna von Barnhelm. Franziska.)
Fräulein (im Negligé, nach ihrer Uhr sehend). Franziska, wir sind auch sehr früh aufgestanden. Die Zeit wird uns lang werden.
Franziska Wer kann denn in den verzweifelten großen Städten schlafen? Die Karossen, die Nachtwächter, die Trommeln, die Katzen, die Korporals— das hört nicht auf zu rasseln, zu schreien, zu wirbeln, zu mauen, zu fluchen; gerade, als ob die Nacht zu nichts weniger wäre als zur Ruhe. —Eine Tasse Tee, gnädiges Fräulein?—
Fräulein
Der Tee schmeckt mir nicht.—
Franziska
Ich will von unserer Schokolade machen lassen.
Fräulein
Laß machen, für dich!
Franziska Für mich? Ich wollte ebensogern für mich allein plaudern als für mich allein trinken.—Freilich wird uns die Zeit so lang werden.—Wir werden vor langer Weile uns putzen müssen und das Kleid versuchen, in welchem wir den ersten Sturm geben wollen.
Fräulein
Was redest du von Stürmen, da ich bloß herkomme, die Haltung der Kapitulation zu fordern?
Franziska Und der Herr Offizier, den wir vertrieben, und dem wir das Kompliment darüber machen lassen; er muß auch nicht die feinste Lebensart haben; sonst hätte er wohl um die Ehre können bitten lassen, uns seine Aufwartung machen zu dürfen.—
Fräulein Es sind nicht alle Offiziere Tellheims. Die Wahrheit zu sagen, ich ließ ihm das Kompliment auch bloß machen, um Gelegenheit zu haben, mich nach diesem bei ihm zu erkundigen.—Franziska, mein Herz sagt es mir, daß meine Reise glücklich sein wird, daß ich ihn finden werde.—
Franziska Das Herz, gnädiges Fräulein? Man traue doch ja seinem Herzen nicht zu viel. Das Herz redet uns gewaltig gern nach dem Maule. Wenn das Maul ebenso geneigt wäre, nach dem Herzen zu reden, so wäre die Mode längst aufgekommen, die Mäuler unterm Schlosse zu tragen.
Fräulein Ha! ha! Mit deinen Mäulern unterm Schlosse! Die Mode wäre mir eben recht!
Franziska
Lieber die schönsten Zähne nicht gezeigt, als alle Augenblicke das Herz darüber springen lassen!
Fräulein
Was? Bist du so zurückhaltend?—
Franziska Nein, gnädiges Fräulein, sondern ich wollte es gern mehr sein. Man spricht selten von der Tugend, die man hat; aber desto öftrer von der, die uns fehlt.
Fräulein
Siehst du, Franziska? Da hast du eine sehr gute Anmerkung gemacht.—
Franziska
Gemacht? Macht man das, was einem so einfällt?—
Fräulein Und weißt du, warum ich eigentlich diese Anmerkung so gut finde? Sie hat viel Beziehung auf meinen Tellheim.
Franziska
Was hätte bei Ihnen nicht auch Beziehung auf ihn?
Fräulein Freund und Feind sagen, daß er der tapferste Mann von der Welt ist. Aber wer hat ihn von Tapferkeit jemals reden hören? Er hat das rechtschaffenste Hertz, aber Rechtschaffenheit und Edelmut sind Worte, die er nie auf die Zunge bringt.
Franziska
Von was für Tugenden spricht er denn?
Fräulein
Er spricht von keiner; denn ihm fehlt keine.
Franziska
Das wollte ich nur hören.
Fräulein
Warte, Franziska, ich besinne mich. Er spricht sehr oft von Ökonomie.
Im Vertrauen, Franziska, ich glaube, der Mann ist ein Verschwender.
Franziska Noch eins, gnädiges Fräulein. Ich habe ihn auch sehr oft der Treue und Beständigkeit gegen Sie erwähnen hören. Wie, wenn der Herr auch ein Flattergeist wäre?
Fräulein
Du Unglückliche!—Aber meinest du das im Ernste, Franziska?
Franziska
Wie lange hat er Ihnen nun schon nicht geschrieben?
Fräulein
Ach! seit dem Frieden hat er mir nur ein einziges Mal geschrieben.
Franziska Auch ein Seufzer wider den Frieden! Wunderbar! Der Friede sollte nur das Böse wieder gutmachen, das der Krieg gestiftet, und er zerrüttet auch das Gute, was dieser, sein Gegenpart, etwa noch veranlasset hat. Der Friede sollte so eigensinnig nicht sein!—Und wie lange haben wir schon Friede? Die Zeit wird einem gewaltig lang, wenn es so wenig Neuigkeiten gibt.—Umsonst gehen die Posten wieder richtig; niemand schreibt; denn niemand hat was zu schreiben.
Fräulein
"Es ist Friede", schrieb er mir, "und ich nähere mich der Erfüllung meiner Wünsche." Aber daß er mir dieses nur einmal, nur ein einziges
Mal geschrieben—
Franziska Daß er uns zwingt, dieser Erfüllung der Wünsche selbst entgegenzueilen: finden wir ihn nur, das soll er uns entgelten!—Wenn indes der Mann doch Wünsche erfüllt hätte, und wir erführen hier—
Fräulein (ängstlich und hitzig). Daß er tot wäre?
Franziska
Für Sie, gnädiges Fräulein, in den Armen einer andern.—
Fräulein Du Quälgeist! Warte, Franziska, er soll dir es gedenken!—Doch schwatze nur; sonst schlafen wir wieder ein.—Sein Regiment ward nach dem Frieden zerrissen. Wer weiß, in welche Verwirrung von Rechnungen und Nachweisungen